Egal ob Bundesregierung, der Staatfonds in Norwegen oder zuletzt die G7-Gruppe bei ihrem Spitzentreffen auf den grünen Alpenwiesen im oberbayerischen Elmau - sie alle haben sich den Kampf gegen den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids auf die Fahnen geschrieben. Dies setzt insbesondere den kohlelastigen Versorger RWE unter Druck - einem der größten Kohlendioxid-Produzenten in Europa. "Da entsteht eine neue Front für RWE", sagt der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, zu Reuters.

Die Umweltschützer applaudierten dem Beschluss der sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten bei ihrem Gipfel, im Laufe dieses Jahrhunderts aus den fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas auszusteigen. Wegen des langen Zeitraums gibt sich RWE gelassen: "Die Energieversorger haben immer das Ziel unterstützt, bis 2050 die Emissionen an Treibhausgasen um 80 Prozent zu senken", betont RWE-Chef Peter Terium. Außerdem werde die Kohle zur Absicherung des schwankenden Ökostroms weiter eine große Rolle spielen.

Unmittelbarer sind da die Auswirkungen der Entscheidung Norwegens, dass der weltweit größte Fonds aus Umweltschutzgründen Beteiligungen an großen Kohle-Geschäften abstoßen soll. Dies könnte neben RWE auch E.ON treffen. "Die G7 ist weit weg. Norwegen ist schon näher dran. Ich denke, dass andere dem Beispiel folgen werden", schätzt Aktionärsvertreter Tüngler.

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OHNE KOHLE BLIEBE VON RWE NICHT MEHR VIEL ÜBRIG



In Deutschland kämpft Terium seit Wochen gegen die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der älteren Kraftwerken eine Sonderabgabe aufbrummen will. Inzwischen mehren sich die Zeichen, dass die geplante Klimaabgabe der Bundesregierung auf alte Kraftwerke nur in abgeschwächter Form oder womöglich gar nicht kommt. Die Versorger haben zur Verteidigung Schreckenszenarien gemalt: "Die Abgabe würde nämlich das sofortige Aus für einen Großteil der Braunkohletagebaue und Braunkohlekraftwerke bedeuten", trommelte Terium. Tausende Jobs gingen verloren. Dies halten zwar Kritiker des Konzerns für Schwarzmalerei. Einen kompletten Ausstieg aus der Kohle - wie von Umweltschützern gefordert - würde der Versorger aber wohl nicht überleben. "Steinkohle, Braunkohle und Kernenergie stellen rund 70 Prozent der Erzeugungskapazität dar", erklärt der Anlagestratege der Fondsgesellschaft Union Investment, Thomas Deser. Ohne diese Anlagen könnte RWE nach dem Atomausstieg nur noch 30 Prozent seines Stroms erzeugen.

Nach Zahlen des Stromlobbyverbandes BDEW stammte 2014 der in Deutschland erzeugte Strom zu 26 Prozent aus Ökostrom. Rund 43 Prozent stellten aber noch Stein- und Braunkohlekraftwerke. Dass Investitionen in Kohleunternehmen bald riskant werden, glaubt Union Investment-Experte Deser nicht. Die Weltbevölkerung werde weiter deutlich steigen und damit auch der Energiebedarf. "Um diesen zu decken, werden Kohlekraftwerke benötigt. China baut derzeit eine ganze Reihe davon." Die Fondsgesellschaft Union ist sowohl an RWE als auch E.ON beteiligt.

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RWE & CO SEIT JAHREN VON DER POLITIK GETRIEBEN



Für die Versorger können jedoch politische Entscheidungen wie etwa der Atomausstieg gravierende Folgen haben. Die Unsicherheit über die Klimaabgabe erschwert für den schwedischen Vattenfall -Konzern nach eigener Aussage den Verkauf des deutschen Braunkohlegeschäfts. Und auch RWE bleibt ein Getriebener. "Die Politik muss den Rahmen setzen", betont DSW-Experte Tüngler. "Das hat sie in den vergangenen fünf bis zehn Jahren auch getan, allerdings in höchst unzuverlässiger und damit investitionsfeindlicher Manier." Wenn das Thema Klimaschutzabgabe geklärt sei, habe Terium mehr Spielraum. "Dann muss er allerdings auch liefern."

Reuters