Bei SAP hat das Abstimmungsdesaster vom Vorjahr offenbar gewirkt. Diesmal will der Softwarekonzern auf Nummer sicher gehen und schlägt der Hauptversammlung (HV) am 17. Mai ein neues Vergütungsmodell mit Deckelungen und Rückforderungsregeln vor. Grund: Der zweifellos sehr erfolgreiche Vorstandschef Bill McDermott realisiert für 2017 mit 22 Millionen Euro erneut ein Gehalt, das nicht nur den Rahmen für DAX-Manager sprengt, sondern dessen Zustandekommen selbst institutionelle Investoren nicht mehr verstehen.

Auf der HV 2017 wurden die SAP-Kontrolleure vor allem wegen Intransparenz bei der Managervergütung mit nur hauchdünner Mehrheit von 50,49 Prozent entlastet. Das ist nicht nur eine Imagedesaster und ein historisch niedriger Wert im DAX. Eine Nichtentlastung hätte auch gravierende Haftungsrisiken zur Folge gehabt. Aufsichstratschef Hasso Plattner wäre Finanzkreisen zufolge in diesem Fall wohl zurückgetreten.

Hitzige Debatten



"Der Wind wird rauer auf deutschen Hauptversammlungen", glaubt Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment, der im Januar und Februar 2018 bereits die Aktionärstreffen von Thyssenkrupp, Siemens und Infineon besucht hat. "Die hitzigen Debatten dort geben einen Vorgeschmack auf die weiteren Aktionärstreffen." Speich will in den kommenden Wochen ein strammes Programm absolvieren: Den Auftakt bildet Daimler am 5. April, es folgen Auftritte bei Linde (3.5.), Deutsche Börse (16.5.), SAP oder Telekom (beide am 17.5.), Deutsche Bank (24.5.) und Bayer (25.5.).

Der Konzernumbau bei Daimler und Volkswagen, die Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair bei Linde, die Gehälter bei SAP und Deutscher Bank, aber auch die Kapriolen um den inzwischen zurückgetretenen Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter werden in dieser HV-Saison die Gemüter der Aktionäre in Wallung bringen.

Dabei ist insbesondere der Druck von sogenannten Stimmrechtsberatern wie ISS gestiegen, die institutionellen Investoren Abstimmungsempfehlungen geben. Anders als früher hat dabei auch das Thema Gehalt zusätzliches Gewicht bekommen: "Gerade institutionelle Investoren legen immer mehr Wert auf verständliche, transparente Vergütungsmodelle", erläutert Jürgen Kurz von der Aktionärsvereinigung DSW. "Wer darauf nicht reagiert, setzt die Entlastung des Aufsichtsrats aufs Spiel, wie sich bei SAP gezeigt hat."

Für reichlich Diskussionsstoff ist auch bei der Deutschen Börse gesorgt. Die gescheiterte Fusion mit der Londoner Börse und die skurrile Insiderhandel-Affäre um Ex-Chef Kengeter haben Aufsichtsratschef Joachim Faber schwer beschädigt. Der will sich auf dem Aktionärstreffen am 16. Mai dennoch eine weitere Amtszeit sichern. Faber hat inzwischen den früheren HVB-Chef Theodor Weimer als Vorstandschef eingesetzt - und damit wohl auch seine eigene Position noch einmal gefestigt.

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Deutsche Bank im Fokus



Ein ganzes Bündel von Angriffspunkten bietet derzeit die Deutsche Bank: ungeklärte Strategie, schleppende Sanierung, dürftige Zahlen und schwacher Aktienkurs bei gleichzeitig hohen Investmentbanker-Boni. Vorstand und Aufsichtsrat geraten zunehmend unter Beschuss. Und dann bringt das Geldhaus auch noch die stabile Ertragsperle DWS an die Börse. "Für die Aktionäre ist das schlecht, denn die Bank verliert einen wichtigen Teil der Erträge", sagt Speich.

Als weiterer Zankapfel könnte sich schließlich die Dividendenpolitik mancher DAX-Konzerne erweisen. Sie schütten zwar voraussichtlich ein Rekordvolumen von 35 Milliarden Euro aus, aber die Ausschüttungsquoten sinken in Richtung 40 Prozent. Sie entfernen sich damit von den 50 Prozent, die beispielsweise die DSW für richtig hält. "Aufgrund der sehr guten Ertragslage hätten die Ausschüttungsquoten eigentlich höher sein müssen", beklagt DSW-Sprecher Kurz.