SAP-Chef Bill McDermott ist gelernter Vertriebsmann. Da gehören Top-Anzüge, Dauer-Lächeln und unerschütterlicher Optimismus zum guten Ton. Doch was McDermott in diesen Tagen an Zuversicht vor sich herträgt, ist selbst für den obersten SAP-Verkäufer ungewöhnlich. "Wir verfügen über eine starke Pipeline in allen Bereichen (...) und bestätigen zuversichtlich unseren Ausblick für das Gesamtjahr."

Auf der nach oben offenen Richterskala für Prognose-Bekräftigungen kommt "Zuversichtliche Bestätigung des Ausblicks" direkt nach "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit". So viel Zukunftsglaube ist selten - selbst bei SAP.

Wenn so laut getrommelt wird, muss es einen Anlass geben. Und der findet sich in den jüngsten Zahlen. Nach dem am Dienstag veröffentlichten Quartalsbericht ist das bereinigte Netto-Ergebnis mit 763 Millionen Euro hinter den Erwartungen von 827 Millionen Euro zurückgeblieben. Auch bei den vor gut einer Woche veröffentlichten Eckdaten lagen die Walldorfer mit weiteren Kennzahlen hinter den Prognosen.





Vor allem die Software-Verkäufe enttäuschten. Von Januar bis März sanken die Lizenz-Erlöse um rund zehn Prozent auf 610 Millionen Euro. Analysten hatten SAP 675 Millionen Euro zugetraut. Zudem verfehlte der Konzern beim bereinigten operativen Ergebnis von 1,1 (Vj. 1,06) Milliarden Euro die Analystenschätzungen von 1,15 Milliarden. Zur Begründung für die reichlich durchwachsene Zwischenbilanz sagte McDermott, es habe einige Auftragsverschiebungen gegeben.



Grund zur Sorge sei dies jedoch nicht. Die Ziele für 2016 stehen. Danach sollen die Erlöse im laufenden Jahr um sechs bis acht Prozent auf umgerechnet 18,2 bis 18,5 Milliarden Euro steigern. Beim bereinigten operativen Ergebnis peilt Europas größtes Softwarehaus eine Spanne von 6,4 bis 6,7 Milliarden Euro an nach 6,35 Milliarden im Vorjahr.

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Einschätzung der Redaktion



SAP hat einen hakeligen Start ins neue Geschäftsjahr erwischt. Anlass zu Sorge ist das - noch - nicht. Kunden von Software-Unternehmen wissen um den Quartalsdruck börsennotierter Konzerne wie SAP. Viele Auftraggeber reizen das beinhart aus. Da kann es schon mal passieren, dass Verträge ins neue Quartal rutschen - mit den entsprechenden Folgen für den Zwischenbericht.

Anleger sollten sich von den jüngsten Zahlen also nicht Bangemachen lassen. Bei der Umstellung in Richtung Cloud-Geschäft kommt SAP gut voran. Bei Cloud-Lösungen mieten Kunden die Software statt sie zu kaufen. Damit fließen die Erlöse später, dafür aber kontinuierlich. Das macht das Geschäft langfristig besser kalkulierbar und zugleich stabiler. Dazu brummt die Nachfrage nach der Realtime-Plattform SAP S4/HANA. In diesem zukunftsträchtigen Segment sind die Walldorfer dem Wettbewerb deutlich voraus.



Aber nach dem enttäuschenden Jahresauftakt muss SAP jetzt liefern - und zwar schon im zweiten Quartal. Den Hinweis auf verspätete Vertragsunterzeichnungen bei größeren Orders werden Anleger im nächsten Quartal nicht mehr so einfach schlucken. Chef-Verkäufer Bill McDermott steht jetzt im Wort.

Wir bleiben bei unserer Empfehlung: Kaufen. Nächstes Kursziel: 72 Euro. Stopp: 64,80 Euro.