Krise, welche Krise? Mit seinem weit überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum hebt sich Schweden nicht nur von seinen skandinavischen Nachbarn ab (siehe Grafik Seite 3), sondern auch von den meisten EU-Mitgliedstaaten. Arvid Böhm, Chef-Anlagestratege der SEB Bank, macht dafür die Kombination aus einem robusten Arbeitsmarkt, einem für Investitionen günstigen Zinsumfeld sowie hohen verfügbaren Einkommen der Privathaushalte verantwortlich. Ein drohender EU-Austritt Großbritanniens, so Böhm, würde zwar Schwedens Exportindustrie treffen und zu einer Abwertung der Schwedischen Krone führen. Umgekehrt biete das stabile Wachstum der einzelnen Industrie- und Konsumnischen weiterhin gute Renditechancen für Anleger.

Die nordischen Märkte sind im Hinblick auf Sektoren breit diversifiziert und ergänzen sich gut. In Dänemark überwiegen stabile, nichtzyklische Unternehmen, während in Schweden Industrie und Finanzen die größten Bereiche sind. Norwegen hat einen großen Energiesektor, Finnland wiederum zahlreiche Unternehmen für Nischenproduktionsgüter sowie starke Verflechtungen mit Russland.

Ausgewählte aktiv gemanagte Investmentfonds sind daher die beste Option, um von diesem Wachstumspotenzial zu profitieren. Im DNB Scandinavia stellen schwedische Firmen fast die Hälfte des Fondsportfolios, das sich aus 40 bis 50 Aktien zusammensetzt. Das Geldinstitut Nordea Bank, der Telekomausrüster Ericsson und der Modehändler H&M stellen nach dem dänischen Pharmagiganten Novo Nordisk die größten Positionen. Wer es spekulativer mag, setzt mit dem Nordea Nordic Equity Small Cap auf Nebenwerte. Konsumgüter (34,8 Prozent), Industrie (27 Prozent) und Finanzdienstleister (12,1 Prozent) sind die mit Abstand am höchsten gewichteten Branchen des Fonds, der zuletzt ein neues Allzeithoch erreicht hat.

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Schwedische Nischenplayer



Wer auf Einzelwerte setzt, nimmt eine anspruchsvolle Bewertung in Kauf. Mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 14 auf Basis der für 2017 erwarteten Gewinne sind schwedische Standardwerte teurer als der europäische Durchschnitt. Unter Chance-Rendite-Gesichtspunkten lohnt zurzeit ein Blick auf Nischenplayer. Der auf Airbags und Sicherheitsgurte spezialisierte Autozulieferer Autoliv ist die unangefochtene Nummer 1 bei Sicherheitssystemen in Fahrzeugen. Die im Branchenvergleich hohe Rentabilität geht einher mit einer Bewertung, die angesichts des erwarteten Wachstums noch moderat ist. Wer auf die schwedische Industrie setzen will, fährt gut mit Investor AB. Die von der Industriellenfamilie Wallenberg gegründete Holding ist an einigen führenden Konzernen des Landes beteiligt. Im Portfolio enthalten sind unter anderem der Baumaschinenhersteller Atlas Copco, Ericsson und der Haushaltsgerätehersteller Electrolux.

Etwas spekulativer ist Swedish Orphan Biovitrum, kurz Sobi. Das in Stockholm ansässige Spezialpharmaunternehmen hat sich auf die Entwicklung von Arzneien gegen seltene, erblich bedingte Krankheiten spezialisiert. Grundlage der Produkte sind rekombinante Proteine. Für die beiden Blutgerinnungsfaktoren VIII und IX zur Behandlung der Bluterkrankheit (Hämophilie) besteht eine Partnerschaft mit der US-Firma Biogen. Sobi übernimmt dabei die Vermarktung in Europa für das Ende 2015 in der EU zugelassene Produkt Elocta und für Alprolix, dessen Zulassung 2016 erwartet wird. Die entsprechenden Umsätze sollten für die nächsten Jahre einen neuen Gewinnschub auslösen und dementsprechend Bewegung in die Aktie bringen.

Höhere Gewinne durch steigende Profitabilität erwarten Experten auch für Schwedens Banken. Erste Wahl für Anleger ist die Nordea Bank. Das Geldhaus verfügt mit 23 Prozent über eine solide Kernkapitalquote und ist in allen skandinavischen Ländern, im Baltikum und in Russland tätig. Durch diesen starken regionalen Fokus mit rund zehn Millionen Kunden wäre Nordea von den Auswirkungen eines möglichen Brexit kaum betroffen. Vor allem in der Vermögensverwaltung ist die Bank sehr gut aufgestellt. Das aktuelle Kursniveau bietet eine gute Einstiegschance.





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