Ein Kampf der Giganten zeichnet sich gerade auf dem Ölmarkt ab: Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), Russland, die USA und neuerdings auch der Iran drehen ihre Hähne auf und überfluten die Märkte mit Öl. Da das Überangebot auf eine schwächelnde Weltkonjunktur trifft, schmiert der Preis für ein Fass Öl kräftig ab. Allein seit Mai vergangenen Jahres hat dieser sich mehr als halbiert.

Der Kursverfall zieht auch die Ölkonzerne mit in die Tiefe, da deren Gewinne stark vom Preis des Rohstoffs abhängen. Sinkende Ergebnisse bedeuten im Umkehrschluss in der Regel fallende Börsenkurse. So rauschten beispielsweise die Aktien des französischen Konzerns Total auf Jahressicht um rund ein Viertel nach unten, der Kurs des britischen Wettbewerbers Royal Dutch Shell büßte gar mehr als ein Drittel ein.



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Silberstreif am Horizont



Aktuell keimt Hoffnung auf. Vom Jahrestiefstkurs bei 26,41 Dollar konnte sich der Ölpreis wieder bis auf die 30er-Marke erholen. Unterstützung kommt von Spekulationen, dass die OPEC bereit scheint, über eine abgestimmte Kürzung der Förderung zu reden. Aus Russland waren bereits ähnliche Töne zu vernehmen, und auch der Irak würde sich einer Einigung anschließen. Ob dies allerdings mehr ist als nur der berüchtigte "Sturm im Wasserglas", ist fraglich. "Saudi-Arabien wird unter allen Umständen vermeiden wollen, dass bei höheren Ölpreisen die US-Schieferölproduktion wieder rentabel wird", sind sich die Analysten der Commerzbank sicher. Für sie steht fest, dass koordinierte Produktionskürzungen wenig wahrscheinlich sind. Zu unterschiedlich seien die Interessen und Motive der maßgeblichen Länder. Es scheint also, als müsse der Abbau des Überangebots durch eine fallende US-Ölproduktion kommen. "Damit rechnen wir in der zweiten Jahreshälfte", so die Commerzbank-Prognose.

Während die Kurswende beim schwarzen Gold also noch etwas dauern könnte, scheint der Boden bei einigen Ölkonzernen bereits gefunden. Denn diese haben sich auf die neue Situation am Markt eingestellt und mit verschiedenen Maßnahmen wie Restrukturierungen und Kostensenkungen darauf reagiert. So vollzieht beispielsweise BP einen massiven Stellenabbau. Allerdings haben die Briten sich nicht nur das Sparen auf die Fahnen geschrieben. Für den Fall, dass sich die Rohstoffpreise wieder erholen, steckte BP vorsorglich bereits im vergangenen Jahr zwölf Milliarden Dollar in ein Gasprojekt vor Ägypten. Auch Landsmann Royal Dutch Shell traut sich in diesen Zeiten milliardenschwere Investitionen zu und übernahm 2015 die BG Group. Damit steigt der Konzern zum weltgrößten Anbieter von Flüssiggas auf. Der Deal, soeben von den Aktionären abgesegnet, rechnet sich nach Angaben von Shell ab einem Ölpreis von 65 Dollar. Langfristig gesehen könnte sich die Megafusion also für die Briten lohnen. UBS-Analyst Jon Rigby ist zuversichtlich: "Shell hat nun die Gelegenheit, die Strategie und das operative Modell neu auszurichten." Er empfiehlt die Aktie mit einem Kurspotenzial von rund 20 Prozent zum Kauf.

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Das Orakel schlägt zu



Eine Art Ritterschlag bekam der Sektor zuletzt von Starinvestor Warren Buffett. Dieser hatte im Januar mitten im Preisverfall Aktien von Phillips 66 gekauft und seine Position damit auf über zehn Prozent erhöht. Möglicherweise ein gutes Omen, denn Buffett bewies schon oft genialen Spürsinn.

Dass die Branche das Gröbste hinter sich haben könnte, zeigen die Aktienkurse, die sich seit Jahresbeginn meist besser entwickelt haben als der Gesamtmarkt. Zum Beispiel Galp Energia. Die Portugiesen überraschten im vierten Quartal 2015 mit einem Gewinnanstieg um neun Prozent. Auch im Gesamtjahr legte der Öl- und Gaskonzern beim Ergebnis zu. "Aufgrund der qualitativ hochwertigen Ölvorkommen in Brasilien ist Galp auch in einer längeren Periode von niedrigen Preisen gut aufgestellt", erklärt Fred Lucas von JP Morgan. Laut Konsens ist 2016 zwar mit sinkenden Gewinnen zu rechnen, 2017 soll das Ergebnis je Aktie aber wieder um ein Viertel steigen. Für eine Erholung der Aktie spricht auch, dass der Angebotsüberhang nach dem letzten Verkauf von vier Prozent der Galp-Anteile durch den ehemaligen Großaktionär Eni ein Ende hat. Die Anteile wurden zu 9,81 Euro bei institutionellen Investoren platziert.

Während die Chartbilder der europäischen Ölmultis Total und BP noch keine Entwarnung geben, zeigt die Aktie der österreichischen Raffinerie OMV bereits eine Bodenbildung. Investitionskürzungen und ein Sparprogramm sollen den Konzern wieder in die Spur bringen. Zudem steht ein Geldregen bevor: Voraussichtlich im März soll mit dem Verkauf der Gasnetztochter Gas Connect Austria begonnen werden. Laut Insidern hat ein Konsortium aus dem Versicherer Allianz und Borealis Infrastructure bereits Interesse angemeldet. Aber: Auch wenn der Sturm am Ölmarkt sich allmählich legt - weitere Turbulenzen sind nicht ausgeschlossen. Daher sollten Anleger bei Investments in dem Sektor vorsichtig bleiben und nur in kleinen Stücken zukaufen.



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