Aktien aus dem Industrie-Sektor taten sich lange Zeit schwer. Das ist auch wenig überraschend, schließlich waren eine schleppende Weltkonjunktur und in vielen Ländern zu beobachtender Abschwung im verarbeitenden Gewerbe nicht gerade dazu angetan, interessierte Anleger in das Segment zu locken. Zumal es vielfach auch bei der Investitionsbereitschaft hapert.

In den vergangenen Wochen hat dann aber plötzlich so etwas wie eine Renaissance dieser Branche eingesetzt. Viel davon hat nach einer zuvor schwachen Wertentwicklung vermutlich schlicht und einfach mit einer Gegenreaktion nach oben auf den vorherigen Ausverkauf zu tun. Außerdem waren dadurch auch einige Unternehmen vergleichsweise günstig geworden. Wie lange der jüngste Aufschwung anhält, bleibt abzuwarten. Auch die Société Générale bleibt, was die Investitionsgüter-Konzerne angeht, zunächst zurückhaltend gestimmt. Die Branche an sich wird mit untergewichten eingestuft.

Doch gleichzeitig wird auch darauf hingewiesen, dass das Thema Digitalisierung für die Industrie ein immer wichtigeres Thema wird. Wer hier überzeugende Lösungen anbieten kann, dürfte über einen echten Wettbewerbsvorteil verfügen. Besonders interessant sind dabei Funktionalität im Bereich Internet der Dinge, Cloud-basierte Lösungen und Software-Angebote. So wird das Internet der Dinge mit Sicherheit etliche Sektoren beeinflussen und Mitglieder aus der Investitionsgüter-Industrie können davon profitieren. Um eine Idee davon zu geben, um was für Dimensionen es dabei geht, sei eine Prognose aus einer Studie von PwC zitiert. Die Unternehmensberatung taxiert darin die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen durch das Internet der Dinge auf eine Bandbreite von 3,9-11,1 Billionen Dollar im Jahr 2025.

Die Investitionsgüter-Industrie steckt mitten drin in diesem Trend und nicht zuletzt unter Berücksichtigung der damit verbundenen Aspekte hat sich die Société Générale die Vertreter aus dem Investitionsgüter-Sektor etwas näher angesehen. Börse Online stellt auf den nachfolgenden Seiten aus dem Ergebnis einer 123-seitigen Studie vier Aktien mit einem Kauf- und einen Titel mit einem Verkaufs-Votum vor. Drei Werte stammen dabei aus Deutschland.



Société Générale Industrie-Aktien-Empfehlung Nummer eins: ABB Ltd. (WKN: 919730, 18,34 Schweizer Franken, 16,73 Euro, alle Kurs- und Bewertungsangaben beziehen sich auf den Stand vom 06.04.)



Bei der Aktie von ABB hat die Société Générale Ende März zwar das Kursziel um einen Franken angehoben. Mit nunmehr 17 Franken liegt die Vorgabe aber noch immer unter dem aktuellen Kurs. Folglich wird der Titel auch als Verkauf eingestuft. Die Kursziel-Anhebung erklärte der zuständige Analyst Alok Katre mit einer Berücksichtigung der Ergebnisschätzungen für das Jahr 2017 als Ersatz für die bisher verwendeten Zahlen für 2016. Das ändere allerdings nichts an einer im Branchenvergleich relativ hohen Bewertung. Beziffert wird dieser Bewertungsaufschlag auf 13 Prozent. Außerdem seien die von dem Unternehmen beackerten Endmärkte nach wie vor schwierig. Dazu muss man wissen, dass mehr als 60 Prozent der Umsätze in den Bereichen Versorger, Öl- und Gas sowie Bergbau erwirtschaftet werden. Konkret beträgt die Ergebnisprognose 0,98 Euro für 2016 und 1,11 Franken für 2017.

Losgelöst davon haben die Schweizer im Bereich Digitalisierung aber durchaus einiges zu bieten. Laut Katre fokussiert sich ABB bei seiner Digitalisierungsstrategie auf den Menschen. Das hat mit der Annahme zu tun, dass es bei der Umsetzung, also der Entwicklung, der Kontrolle und de Abliefern der Dienstleistungen, stark auf den Menschen ankommen wird. Gegenüber den Ansätzen der Konkurrenz ist das ein klarer Unterschied. Eine Rolle als Inkubator spielt der Konzern in dem Bereich über ABB Venture Technologies, eine Einheit, die 150 Millionen Dollar in Bereiche wie künstliche Intelligenz und 3D-Druck investiert hat.

Schlüsselangebote gebe es bei dezentralen Steuerungssystemen, Cloud-basierte Lösungen gebe es für die Marine, den Öl- und Gas-Sektor oder für das Aufladen von Elektrofahrzeugen. Sehr gut ist die Stellung auch bei Robotertechnik sowie Smart-Grid-Lösungen für Versorger. Gewisse Defizite gebe es aber bei der Industrie-Automation, insbesondere bei Anwenderprogrammen. Aus Sicht von Katre könnte ABB Übernahmen in einer Größenordnung von 5-9 Milliarden Dollar stemmen, ohne dadurch die starke Bilanz zu gefährden. Aktiv könnte man dabei etwa bei den erwähnten Anwenderprogrammen werden.

In den Prognosen seien etwaige Zukäufe derzeit aber natürlich noch nicht enthalten. Komme es dazu und werde das geschickt eingefädelt, könnte es bei den Schätzungen Korrekturbedarf nach oben geben. Als Vorteil wird eine globale Forschung- und Entwicklungs-Struktur gewertet. Fortschritte seien in den vergangenen Jahren auch in den hybriden Industrien wie Nahrungsmittel-Herstellung, Brauereien und Getränke erzielt worden.



Société Générale Industrie-Aktien-Empfehlung Nummer zwei: Philips N.V. (WKN: 940602, 23,825 Euro)



Nur volatil seitwärts geht es seit fast drei Jahren mit dem Aktienkurs von Philips. Das hat neben einigen hausgemachten Problemen auch mit dem fehlenden Schwung bei den von Investitionsgüter-Unternehmen getätigten Unternehmen zu tun, worunter der ganze Sektor leidet. Die Société Générale traut dem Titel demnächst aber einen Ausbruch nach oben zu. Zumindest ist die Kaufempfehlung für den Wert mit einem Kursziel von 31 Euro versehen. Das liegt 30 Prozent über den aktuellen Notierungen.

Beim Thema Digitalisierung werden die Stärken in den Bereichen Pflege und Gesundheit gesehen. Dadurch verfügten die Niederländer über eine einzigartige Positionierung, denn es werde die gesamte Wertschöpfungskette im Gesundheitsbereich abgedeckt. Zuletzt sei die Stellung hier durch den Erwerb der US-Medizintechnikfirma Volcano in den Bereichen bildgestützte Therapie und minimal-invasive Chirurgie weiter ausgebaut worden.

Die von Philips genutzte Health Suite Digital Platform greift auf die Amazon Web Service Platform zurück. Die Architektur ist offen und unterstützt auch Anwendungen von dritter Seite. Allgemein wurden in diesem Bereich schon sehr viele Lösungen realisiert, die auch den Einsatz in Krankenhäusern umfasst. Insgesamt sei das Angebot so konstruiert, dass die Chancen auf Marktanteilsgewinne als gut einzustufen seien. Die Transformation in einen Gesundheits-Technologie-Konzern eröffne Margensteigerungspotenzial, sobald erst einmal im laufenden Jahr die Trennung von der Lichtsparte vollzogen sei. Im Vergleich mit anderen Vertretern aus dem Medizintechnik-Bereich sei die Aktie auf Basis von Unternehmenswert zum Gewinn vor Steuern und Zinsen deutlich unterbewertet.

Beim Gewinn je Aktie kalkuliert die Société Générale für Philips derzeit für 2016 mit 1,63 Euro nach 1,23 Euro im Vorjahr. 2017 sollen es dann 1,96 Euro werden und 2017 sogar 2,11 Euro. Auf Basis dieser Schätzungen bewegt sich das KGV für 2017 bei 12,2. Die Analysten gehen somit davon aus, dass der Umbau des Konzerns Früchte tragen wird. Bei der Ausschüttung wird für das Jahr 2016 mit 1,00 Euro kalkuliert nach 0,80 Euro für das Geschäftsjahr 2015 und für 2017 mit 1,10 Euro. Damit wirft das Papier eine relativ attraktive Rendite ab.



Société Générale Industrie-Aktien-Empfehlung Nummer drei: Dürr AG (WKN: 556520, 64,74 Euro)



Nicht zuletzt wegen Ängste in Bezug auf die Aussichten in China müsste die Aktie von Dürr in den vergangenen zwölf Monaten kräftig Federn lassen. Doch wie die Société Générale glaubt, sind diese Sorgen übertrieben. Die mit einem Kursziel von 93 Euro versehene Kaufempfehlung wurde jedenfalls kürzlich im Anschluss an eine Investorenveranstaltung bestätigt. Das passt auch zu den von dem Lackieranlagenbauer vorgelegten Ergebnissen für das Geschäftsjahr 2015, denn diese beinhalteten vielfach neue Rekordwerte. Dazu beigetragen hat auch der von Dürr übernommene Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen Homag, dessen Geschäfte ebenfalls gut laufen.

Die Digitalisierung sowie das Sammeln von Daten und deren Kontrolle während dem Produktionsprozess sind für Dürr alles andere als ein neues Thema. Vielmehr kommt es beim Lackieren gerade auf besonders gute Fähigkeiten in diesen Bereichen an. Durch den im Dezember 2015 erfolgten Erwerb der iTAC Software AG wurden die Kompetenten in dem Bereich noch weiter ausgebaut. Denn hinter dem Zukauf steckt ein Anbieter internetfähiger Informations- und Kommunikationstechnologie für die produzierende Industrie. Das passt zu der Ankündigung im Geschäftsbericht, dass die Industrie 4.0. ein Schlüsselbereich sein wird, auf den man sich konzentriert. Ziel werde es letztlich sein, das bereits gute Angebot durch eine Kombination von Automatisierung mit Digitalisierung weiter zu verbessern.

Als nächster Katalysator wird auf den Kapitalmarkttag des Unternehmens am 24. Juni verwiesen. Bei dieser am Firmensitz in Bietigheim-Bissingen stattfindenden Veranstaltung wird mit der Präsentation der neuen Digitalstrategie gerechnet sowie mit der Vorstellung der Produkte im Zusammenhang mit dem Schlagwort Industrie 4.0.

Die Schätzungen für den Gewinn je Aktie betragen 5,36 Euro für 2016, 5,73 Euro für 2017 und 6,25 Euro für 2018. Das KGV für 2017 bewegt sich somit bei 11,3. Das Kursziel von 93 Euro birgt ein Potenzial von 43,7 Prozent. Gefährdet sieht man diese Vorgabe für den Fall, dass die Weltkonjunktur und insbesondere die in China stärker als derzeit angenommen schwächeln sollte. Nicht zu unterschätzen sei auch der Wettbewerbsdruck sowie die Risiken bei Umsetzung der Auftragsprojekte.



Société Générale Industrie-Aktien-Empfehlung Nummer vier: Kuka AG (WKN: 620440, 91,50 Euro)



Beim zweiten Wert aus Deutschland, dem MDax-Mitglied Kuka, handelt es sich um eines jener Unternehmen, das an vorderster Front prädestiniert dafür ist, von der Digitalisierung zu profitieren. Der seit 2010 von rund zehn Euro auf nunmehr 91,50 Euro gestiegene Aktienkurs wurde jedenfalls ganz entscheidend von den mit diesem Thema verbundenen Impulsen nach oben getrieben. Allerdings ist dadurch inzwischen auch nicht mehr allzu viel Luft bis zu dem von der Société Générale auf 99 Euro festgezurrten Kursziel. Beim Gewinn je Aktie wird allerdings für 2016 mit erwarteten 2,93 Euro mit einer kleinen Delle kalkuliert. 2017 und 2018 sollen es dann aber 3,53 Euro und 4,37 Euro werden.

Das Unternehmen hat selbst wiederholt betont, wie sehr man als Anbieter von Industrierobotern und automatisierten Produktionslösungen an der vierten industriellen Revolution und damit Industrie 4.0. beteiligt ist. Intern hält man Roboter jedenfalls für die entscheidende Komponente bei der Erschaffung der Fabrik der Zukunft. Der hauseigenen Produkte sollen dabei nicht nur helfen, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, sondern auch die Kompatibilität mit der digitalen Welt. Bei der Ergebnispräsentation sprach der Augsburger Roboterbauer davon, dass man die Digitalisierung der Fertigungsprozesse vorangetrieben habe und die intelligente Produktion auch 2016 ein Kernthema sein werde.

Wie Société Générale-Analyst Joseph Peter erläutert, hält Kuka die Software für das wichtigste Element in der modernen Robotik. Denn darüber werde das Produkt definiert und die künftigen Einsatzmöglichkeiten eines Roboters. Bei einer Telefonkonferenz zum Vorjahresergebnis habe der Vorstand davon gesprochen, sich zunehmend auf die Forschung und Entwicklung im Software- und IT-Bereich zu fokussieren. Der IT-bezogene Mitarbeiterbestand solle dazu von bis zu 50 auf 400 bis zum Jahr ausgebaut werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Kuka Automatisierungs-Lösungen anbieten kann und nicht nur reine Roboter.

Zusammen mit Software-Spezialisten dürfte Kuka dabei im Bereich Forschung und Entwicklung rund 900 Mitarbeiter beschäftigen. Aus Sicht von Peter würde sich Kuka damit zu einem echten Automatisierungs-"Power House" mausern. Von der zunehmenden Digitalisierung in der Industrie profitiere das Unternehmen durch die Wandlung vom reinen Roboterhersteller zu einem software-orientierten Automationsspezialisten. Auf dem Weg dorthin würden auch die bereits eingefädelten Joint-Ventures mit externen IT- und Software-Firmen helfen. Kürzlich wurde auch mit dem chinesischen Technologiekonzern Huawei eine Zusammenarbeit vereinbart mit dem Ziel, intelligente Produktionslösungen für die industriellen Märkte in Europa und China zu entwickeln.



Société Générale Industrie-Aktien-Empfehlung Nummer fünf: Siemens AG (WKN: 723610, 89,83 Euro)



Längst nicht mit einem so aufregenden Chart kann das Dax-Mitglied Siemens aufwarten. Genau genommen dümpelt die Notiz auf einem bereits 2011 erreichten Niveau herum und von dem bereits im Jahr 2000 bei 123,76 Euro aufgestellten Rekordhoch können die Münchener nach wie vor nur träumen. Aber im Grunde genommen ist die vorherrschende Kurslethargie auch wenig überraschend. Hat es der Konzern doch einfach zumeist nicht geschafft, die Erwartungen der Börsianer zu erfüllen.

Ein Faktor, der dazu beitragen könnte, dass sich daran auch künftig nichts ändert, wenn auf die jüngsten größeren Akquisitionen Dresser-Rand (Ausrüster der Öl- und Gasindustrie) und der Gasturbinensparte von Rolls-Royce tatsächlich Abschreibungen erforderlich werden sollten. Einige Analysten hoffen aber auf Besserung. So hat die US-Investmentbank jüngst sogar sieben Argumente angeführt, warum die Siemens-Aktie steigen soll. Zu den Pluspunkten werden dabei die Sparte Digital Factory gezählt, die als Weltmarktführer bei Industrieautomation gilt, sowie die Aktivitäten im Bereich des Internets der Dinge, weil Siemens bei Software deutlich besser als die Elektronik-Konkurrenten aufgestellt sei.

Als Kursziel peilt Jefferies 110 Euro an. Das ist übrigens auch das Niveau, das die Société Générale in ihrer Kaufempfehlung als gerechtfertigt ansieht (Kurspotenzial von 22,,5 Prozent). Wenn die Gewinnausschätzungen stimmen, könnte diese Prognose sogar aufgehen. Denn beim Ergebnis je Aktie wird nach 5,66 Euro im Vorjahr mit deutlichen Verbesserungen gerechnet. So stehen 6,64 Euro für 2016 angeschrieben, 8,23 Euro für 2017 und 9,21 Euro für 2018. Auf Basis des letztgenannten Wertes würde sich das KGV sogar lediglich im einstelligen Bereich bewegen.

Als Hoffnungsträger in Sachen Digitalisierung im Siemens-Portfolio streicht die französische Großbank die Plattform MindSphere heraus. Das ist die Siemens Cloud for Industry, die dabei hilft, die beim Produktionsprozess anfallenden großen Datenmengen in Echtzeit zu erfassen, zu speichern und zu analysieren. Oder wie Siemens es selbst formuliert, aus Big Data wird Smart Data gemacht. Mindspere dürfte Siemens dabei helfen, bei der immer größeren Rolle, welche die Digitalisierung in der Fertigungsindustrie spielt, zu profitieren. Die Tatsache, dass Siemens hier mit dieser Plattform der Konkurrenz voraus sei, könne sich noch als wichtiger strategischer Vorteil erweisen.