Dem Siemens-Konzern macht die Flaute in der Öl- und Gasindustrie zu schaffen. Die Investitionen der Konzerne schrumpften und Projekte würden verschoben, sagte Siemens-Chef Joe Kaeser am Donnerstag auf einer Investorenkonferenz in London. Besorgniserregender seien allerdings die Sekundäreffekte des schwachen Ölpreises: dass nämlich die ölexportierenden Länder weniger Mittel für Infrastrukturinvestitionen hätten. "Das beobachten wir bereits", sagte Kaeser. Andererseits hätten ölimportierende Länder mehr Geld für solche Investitionen übrig.

Wegen der Schwäche der Sparten Energieerzeugung und Energieverteilung erwarte Siemens einen moderaten Rückgang des organischen Umsatzes im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2014/15, sagte Kaeser. Die Aktien des Münchener Industrie- und Technologieriesens brachen daraufhin um bis zu 3,7Prozent ein und waren damit der größte Verlierer im Dax. "Die Kommentare zum zweiten Quartal enttäuschen", begründete ein Händler die Kursreaktion. Analysten hatten Reuters-Daten zufolge eher mit einem leichten Umsatzplus im zweiten Quartal gerechnet. "Die Anleger sind auf Gewinnmitnahmen eingestellt und reagieren derzeit schnell mit Verkäufen auf die geringsten Schwächeanzeichen der Unternehmen."

Etwa acht Prozent der konzernweiten Aufträge kämen derzeit direkt aus der Öl- und Gas-Industrie, erläuterte der Siemens-Chef. Dieser Anteil werde nach der umstrittenen Übernahme des US-Ölausrüsters Dresser-Rand auf elf Prozent wachsen. "Die Abhängigkeit von der Öl- und Gasindustrie ist immer noch begrenzt", betonte Kaeser. "Die acht Prozent bereiten mir weniger Sorgen als die sogenannten Sekundäreffekte." Vor allem Russland, OPEC-Staaten und zentralasiatische Länder investierten weniger in Infrastruktur, weil ihre Ölexporte wegen des Preisverfalls nicht mehr soviel Geld brächten.

Siemens hatte sich nach einem langen Preiskrieg auf die Übernahme von Dresser-Rand für 7,6 Milliarden Dollar geeinigt. Doch der Konzern hatte doppeltes Pech: Wegen des starken Dollars muss Siemens in Euro mehr für das Unternehmen bezahlen. Dazu trifft die Branchen-Flaute Dresser-Rand mit voller Wucht. Wegen der schwachen Auftragslage will das Unternehmen acht Prozent der Stellen abbauen. Die Kartellbehörden müssen dem Deal allerdings noch zustimmen. Die EU-Kommission will die Übernahme erst einmal genau prüfen.

Reuters