von Franz-Georg Wenner

"Zynischerweise brachten uns die Probleme in Syrien ein Rekordjahr für Spanien, und wir erwarten das auch für dieses Jahr", sagte Vorstandschef Erich Sixt vor wenigen Tagen bei der Veröffentlichung der 2015er-Zahlen. Aus Deutschland werden spürbar weniger Touristen nach Griechenland strömen. Ähnlich die Lage für die Türkei, nach der Serie von Bombenanschlägen brachen die Buchungen ein. In beiden Ländern ist Sixt mit Lizenznehmern vertreten. Ganz anders die Lage in Spanien. Die iberische Halbinsel dürfte kräftig steigende Buchungszahlen verzeichnen. Sixt spielt die Entwicklung voll in die Karten, denn in Spanien sind die Bayern mit eigenem Geld und eigenen Leuten vertreten. Entsprechend liegt auch die Rendite höher als die in der Autovermietung erzielten 10,6 Prozent.

Die meisten Anleger denken bei der Marke Sixt vor allem an das klassische Autovermietungsgeschäft. Als größter Anbieter in Deutschland und Nummer 3 in Europa ist der Konzern stark aufgestellt. Über Franchisenehmer werden mehr als 85 weitere Märkte abgedeckt, die Expansion ist noch lange nicht abgeschlossen. Nachdem das Geschäftsmodell auf dem Heimatmarkt sehr erfreulich verläuft, hat die Internationalisierung für die Bayern eine maßgebliche strategische Bedeutung. Im Geschäftsjahr 2014 erzielte Sixt noch 65 Prozent vom Umsatz in Deutschland, mittelfristig soll der Auslandsanteil wesentlich höher ausfallen. Damit sinkt die Abhängigkeit von einzelnen Märkten, was das Risiko unliebsamer Überraschungen mindert.

Deutlich besser als Europcar



Mit der gezielten Positionierung als Anbieter von Premiumprodukten- und services, die auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind, grenzt sich Sixt klar von der harten Konkurrenz ab. Vor allem Geschäfts- und Firmenkunden haben hohe Ansprüche und sind auch bereit, tiefer in die Tasche zu greifen. Mehr als die Hälfte des Fahrzeugbestandes stammt wertmäßig von Premiummarken wie BMW, Mercedes-Benz und Audi. Flexibilität und Zuverlässigkeit sind entscheidende Faktoren, Sixt bietet Mobilität von einer Minute bis zu fünf Jahren. Neue Technologien erleichtern es den Kunden zugleich, auch kurzfristig und mit möglichst wenig Aufwand Fahrzeuge zu buchen. "Schlange stehen war gestern", mit Sixt Express können Kunden Online einchecken und sparen so wertvolle Zeit bei der Fahrzeugabholung. Abgerundet wird das Angebot durch Full-Service-Lösungen, bei denen Unternehmen eine Finanzierung der Fahrzeugflotte in Anspruch nehmen können oder auch die komplette Fuhrparksteuerung an Sixt abgeben. Wie erfolgreich die Geschäfte laufen, zeigten die kürzlich gemeldeten Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr. Angetrieben von einem dynamischen Auslandswachstum und weiteren Zuwächsen im Inland kletterte der operative Konzernumsatz um rund 18 Prozent. Besonders die Entwicklung im vierten Quartal verdient genauer beleuchtet zu werden: So legten die Vermietungserlöse außerhalb Deutschlands um knapp 47 Prozent zu, während die Inlandsumsätze um neun Prozent stiegen. In den vergangenen Monaten steuerte das Ausland bereits nahezu die Hälfte zu den gesamten Vermietungserlösen bei. Beifall verdient besonders der Rekordwert beim Konzernergebnis vor Steuern (EBT) von 185 Mio. Euro. Während der Anlaufphase neuer Standorte belastet der kräftige Umsatzanstieg meist die Profitabilität. Auch beim Umsatz pro Fahrzeug und Tag (RPD) sieht die Konkurrenz nur die Rücklichter: Sixt meldete einen Anstieg im vierten Quartal von 6,8 Prozent, Europcar kam nur auf 0,6 Prozent. Auslastung, Mix und wohl auch das Pricing ziehen an, besser könnte der kombinierte Fokus auf Wachstum und Profitabilität nicht laufen.

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Mit Vollgas ins neue Jahr



Auch 2016 bleibt der Konzern auf dem eingeschlagenen Wachstumspfad. "Durch den Börsengang der Sixt Leasing AG im Mai 2015 haben wir zudem die Weichen gestellt, um das erwartete weitere Wachstum in beiden Geschäftsbereichen Autovermietung und Leasing finanziell auf ein solides Fundament zu stellen, sagte Vorstandschef Erich Sixt. Wie bereits im vergangenen Jahr hält man sich mit konkreten Vorgaben zurück und antizipiert einen leichten Anstieg beim operativen Umsatz sowie ein stabiles bis leicht höheres Konzern-EBT.

Die vergleichsweise hohe Visibilität der Geschäftsentwicklung spricht ebenso für die Aktie wie die freundliche Dividendenpolitik. Anleger werden an der guten Entwicklung beteiligt und erhalten eine um 0,10 auf 0,90 Euro je Stammaktie erhöhte Dividende, für die Vorzüge werden 0,92 Euro überwiesen. Zusätzlich der Sonderdividende von jeweils 0,60 Euro errechnet sich eine Dividendenrendite von 3,2 Prozent für die Stämme und vier Prozent für die Vorzüge. Sixt bietet eine beachtliche Ausschüttungsquote von 63 Prozent, die Verzinsung liegt über dem DAX-Durchschnitt. Anlegern, denen die höhere Dividendenrendite der Vorzüge nicht so wichtig ist, sollten die Stämme bevorzugen. Mit rund 1,6 Mio. Euro pro Tag fallen die Handelsumsätze fast doppelt so hoch aus, was mit Blick auf die Liquidität klar von Vorteil ist.

Als stützend für den Kurs wird sich auch das beschlossene Aktienrückkaufprogramm erweisen. "Mit dem geplanten Aktienrückkauf wollen wir die Attraktivität der Sixt-Aktie für Investoren weiter erhöhen. Die Verminderung der Anzahl der ausgegebenen Aktien wird dazu führen, dass sich hieran anknüpfende Finanzkennzahlen wie das Ergebnis pro Aktie verbessern", sagte Finanzvorstand Julian zu Putlitz bei der Präsentation des vorläufigen Ergebnisses für 2015. Zwischen dem 16. März bis Ende des Jahres werden Stämme und Vorzüge im Gegenwert von bis zu 50 Mio. Euro eingezogen, was 2,5 Prozent des Aktienkapitals entspricht.



Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de