Bei der Software AG ist die Lage offenbar ernst. Das zeigt ein Blick auf die Eckzahlen zum dritten Quartal. Natürlich gibt es dort durchaus Positives: Immerhin ist der Umsatz zwischen Juli und September um fünf Prozent auf 216 Millionen gestiegen, was ziemlich genau im Rahmen der Analysten-Prognosen liegt.

Fragwürdiges Aktienprogramm



Aber ansonsten werfen die Zahlen viele Fragen auf. Das beginnt schon beim operativen Ergebnis. Zwar stieg das Ebit zuletzt um ansehnliche 34 bis 36 Prozent auf 66 bis 67 Millionen Euro. Aber ein Großteil des Anstiegs geht auf die Auflösung von Rückstellungen zurück. Immerhin 15,4 Millionen Euro hat die Software AG als Sondervergütung für das Erreichen bestimmter Umsatzziele aus organischem Wachstum sowie Zukäufen im Rahmen eines von 2011 und 2015 laufenden Anreiz-Programms vorgesehen. Wegen der Neuausrichtung sowie dem "bewussten Verzicht auf Akquisitionen aufgrund des derzeit hohen Preisniveaus" für Übernahmekandidaten seien die Ziele allerdings nicht zu erreichen, teilte das Unternehmen mit. Daher habe man die Rückstellung aufgelöst.

Aber ist eine "aktienbasierte Vergütungskomponente" von 15,4 Millionen Euro nicht ein bisschen arg üppig für ein Unternehmen in der Größenordnung der Software AG? Und wieso erhält der Vorstand für Umsatzwachstum überhaupt einen so dicken Extra-Bonus? Schließlich darf man erwarten, dass die Bosse den Umsatz ohnehin steigern wollen.

Teure Vorstände



Eine Rechtfertigung für einen hohen Anreiz könnte etwa sein, dass das Management eine geringe Grundvergütung und einen hohen variablen Anteile hat, um die Motivation hoch zu halten. Doch im Falle der Software AG gibt es da eher keinen Mangel. Im Gegenteil: Denn Vorstandschef Karl-Heinz Streibich und sein Finanzvorstand Arndt Zinnhardt gehören traditionell zu den Topverdienern im TecDax. Alleine 2014 lag Streibichs Gesamt-Vergütung inklusive einer üppig dotierten Altersvorsorge bei 4,4 Millionen Euro. Sein Finanzvorstand Arndt Zinnhardt brachte es auf insgesamt 2,6 Millionen Euro. Und das, obwohl Umsatz und Gewinn im Vorjahr deutlich gesunken waren.

Davon abgesehen, ist nicht ganz klar, weshalb die Darmstädter die Rückstellungen gerade jetzt auflösen. Denn die Preise für Unternehmen sind wegen der weltweit zuletzt robusten Konjunktur und der Niedrigzinspolitik der Notenbanken ziehen seit mindestens zwei Jahren an.

Begrenzter finanzieller Spielraum



Ohnehin ist der finanzielle Spielraum der Software AG seit längerem begrenzt. Im Vorjahr sanken die freien Mittelzuflüsse (Free Cash Flow) des Unternehmens um rund 16 Prozent auf 132,7 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2015 legte der Free Cash Flow zwar um gut 60 Prozent auf 106 Millionen Euro wieder deutlich an. Aber klar ist: Die Darmstädter müssen kleinere Brötchen backen.

Zu allem Überfluss gibt es auch operativ Grund zur Sorge. Denn ausgerechnet im einst als Wachstumssegment gepriesenen Geschäft mit Integrationslösungen (Digital Business Platform, DBP) sind die Lizenzeinnahmen zuletzt um zwei Prozent auf 41,4 Millionen Euro gesunken - dabei lag die Messlatte angesichts eines Minus' von 32 Prozent im Vergleichszeitraum des Vorjahres eh schon ziemlich niedrig. Nun könnte man einwenden, dass ein Teil des jüngsten Rückgangs durch den Anstieg in der Cloud wieder aufgefangen wird. Aber Wachstumsfantasie geht anders.

Lahmende Wachstumshoffnung



Da hilft es auf Dauer auch nicht, dass es zuletzt im Kerngeschäft (Adabas & Natural, A&N) mit Software für mächtige Zentralrechner (Mainframes) mit einem satten Lizenz-Zuwachs von 25 Prozent auf 27,5 Millionen Euro durchaus Lichtblicke gibt. Schließlich schrumpft der einst als ETS bekannte Bereich seit Jahren. Für 2015 dürften die entsprechenden Erlöse nur vier bis 6 Prozent nachgeben, jubilierte die Software AG am Dienstag mit. Bislang waren die Südhessen von einem Minus von acht bis 14 Prozent ausgegangen.

Wie ernst die Lage ist, zeigt sich noch an einem anderen Halbsatz in der Pressemeldung. Satte acht Millionen Euro will sich das Unternehmen die Neuausrichtung des Vertriebs kosten lassen. Damit ist fast die Hälfte der Mittel, die aus der Auflösung der Rückstellungen kommen, gleich wieder futsch.



Auf Seite 2: Unsere Einschätzung zur Aktie





Einschätzung der Redaktion



Die Software AG hat Investoren in den vergangenen Jahren immer wieder enttäuscht. Das nagt auch am Kredit, den Vorstandschef Karl-Heinz Streibich und Finanzchef Arndt Zinnhardt lange Zeit an den Kapitalmärkten genossen haben.

Das Kerngeschäft um Mainframe-Software ist zwar ausgesprochen margenstark, schrumpft aber ungebremst vor sich hin. Und ausgerechnet im heiß umkämpften Markt für Integrationslösungen tut sich das Unternehmen schwer. Dabei soll dort eigentlich das künftige Wachstum herkommen.

Doch um üer Akquisitionen die kritische Masse zu erreichen, fehlt der Software AG das Geld. Mit anderen Worten: Auf Dauer wird das zweitgrößte deutsche Software-Unternehmen kaum auf die nötige Größe kommen, um in der Branche eine tragende Rolle zu spielen. Für Anleger ist das keine gute Nachricht.

Charttechnisch ist die Aktie ohnehin angeschlagen. Kurzfristig ist auch ein Rückschlag bis in die Zone bei 20 Euro drin. Wer in Software-Aktien investieren will, sollte zu SAP greifen - und um die Software AG einen Bogen machen. Verkaufen.