Die Generalüberholung zeigt Erfolge: Nach der schwersten Krise in der Konzerngeschichte wartet ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger mit einem kräftigen Gewinnanstieg auf. Mehr als ein Drittel legte der operative Gewinn im abgelaufenen Quartal zu, wie der Essener Traditionskonzern am Donnerstag mitteilte. Die Stahltochter, die drastische Einsparungen verkraften musste, fuhr das beste Ergebnis seit fast vier Jahren ein. Auch die Geschäfte mit Aufzügen oder Autoteilen liefen gut, so dass ThyssenKrupp selbstbewusster auf das Gesamtjahr blickte: Der operative Gewinn soll 2015 am oberen Ende der Prognose von 1,6 bis 1,7 Milliarden Euro liegen. "Wir haben große Fortschritte gemacht", sagte Hiesinger. Die Anleger sahen es ähnlich: Zeitweise sprang die Aktie um fast sechs Prozent.

Der 55-jährige frühere Siemens-Manager hat den Stahlriesen seit seinem Antritt als Chef im Jahr 2011 gehörig umgekrempelt - er senkte die Ausgaben, strich Tausende Stellen und stieß Beteiligungen wie zuletzt die Tochter VDM ab. Seit Jahren machen der Schwerindustrie um Marktführer ArcelorMittal Überkapazitäten und ein starker Preisdruck durch neue Konkurrenten aus China und Russland zu schaffen. Nun erwartet die Branche zumindest in Europa eine Trendumkehr.

Im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2014/15 (per Ende September) steigerte ThyssenKrupp das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 37 Prozent auf 539 Millionen Euro. Die Analysten hatten weniger erwartet. "ThyssenKrupp liefert weiter zuverlässig", lobte Jefferies-Stahlexperte Seth Rosenfeld. Der Aktienkurs werde wohl weiter nach oben gehen, da die Sorgen der Investoren verblassten. Unter dem Strich will der Konzern im Geschäftsjahr 2014/15 den Vorjahrsgewinn von 195 Millionen Euro deutlich übertreffen. Nach neun Monaten hat er schon knapp 300 Millionen Euro in der Kasse.

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FINANZCHEF KERKHOFF: WIR BRAUCHEN HÖHERE GEWINNE



Nach Krisenjahren wegen Fehlinvestitionen im amerikanischen Stahlgeschäft hatte ThyssenKrupp für das vorige Geschäftsjahr erstmals wieder eine Dividende gezahlt. Finanzvorstand Guido Kerkhoff wollte sich zu den Dividendenaussichten für das laufende Jahr nicht äußern. Die Mitarbeiter schwor er darauf ein, beim operativen Ergebnis noch einen Zahn zuzulegen. Es sei zwar eine gute Basis geschaffen worden. "Wir müssen aber weiter mit Nachdruck daran arbeiten, in den kommenden Jahren ein Ebit von mindestens zwei Milliarden Euro zu erwirtschaften", schrieb er den Beschäftigten. "Das benötigen wir, um Pensionen, Zinsen, Steuern sowie eine höhere Dividende zu zahlen und in Wachstum investieren zu können."

STAHLSPARTE LEGT ZU - WENIGER VERLUSTE BEI STEEL AMERICAS



Die europäische Stahlsparte verbesserte ihr operatives Ergebnis im dritten Quartal um 63 Millionen auf 166 Millionen Euro. Dies war der höchste Wert seit 15 Quartalen. Das amerikanische Stahlgeschäft, das lange Zeit horrende Verluste verbucht hatte, schrieb zwar keine schwarzen Zahlen. Die Verluste gingen jedoch auf 90 Millionen Euro von 137 Millionen Euro im Vorjahr zurück. Über die Auswirkungen des schwächeren Wirtschaftwachstums in China äußerte sich Finanzchef Kerkhoff gelassen. "Man darf China nicht komplett nach unten schreiben." ThyssenKrupp selbst fahre rund sechs Prozent seines Umsatzes direkt in der Volksrepublik ein. Im Aufzugsgeschäft erwarte der Konzern in China im Geschäftsjahr eine "Seitwärtsbewegung", Aufträge würden letztlich auf Höhe des Vorjahres erwartet. Im Geschäft mit Autoteilen rechnet der Konzern mit einem reduziertes Wachstum - aber mit einem Plus.

In der europäischen Stahlbranche wächst die Sorge vor chinesischen Billigimporten. Insider hatten Reuters berichtet, dass chinesische Exporteure wegen der Abwertung der Landeswährung Yuan ihre Stahlpreise senken. Kerkhoff verwies darauf, dass ThyssenKrupp wegen seiner Ausrichtung auf höherwertige Produkte im Wettbewerb gut gewappnet sei. Zudem spielten bei den Exporten auch Transportpreise eine große Rolle.

Reuters