Wie Trump gilt der 64-Jährige als Wachstumsapostel. Die Förderung der Wirtschaftsleistung liege im "höchsten nationalen Interesse", sagte er jüngst bei einer Reuters-Veranstaltung in seiner Heimatstadt Washington. Trump strebt mittelfristig ein Plus beim US-Bruttoinlandsprodukt von drei Prozent an. Auch Powell kann sich offenbar für dieses ambitionierte Ziel begeistern: "Schon ein Prozentpunkt mehr Wachstum kann im Leben der Menschen einen riesigen Unterschied machen."

Im Fed-Direktorium ist Powell nach der jetzigen Chefin Janet Yellen der Dienstälteste: Er sitzt bereits seit 2012 im Führungsgremium der mächtigen Zentralbank. Powell hat dort als Direktor mit die Weichen dafür gestellt, dass die US-Wirtschaft nach der weltweiten Finanzkrise 2008/09 mittlerweile wieder rund läuft. Niemals hat er dabei gegen eine Entscheidung des Gremiums votiert: "Als Chef dürfte er daher wohl die Politik der schrittweisen Normalisierung der Geldpolitik fortsetzen, die Yellen eingeleitet hat", so die Volkswirte von Großbank UniCredit.

Wie Trump hat Powell ein republikanisches Parteibuch. Das dürfte der US-Präsidenten mit Blick auf die anstehende Bestätigung durch den Senat mit ins Kalkül genommen haben. Auch Politik-Erfahrung hat Powell reichlich. Er arbeitete bereits unter dem früheren US-Präsidenten George Bush als Spitzenbeamter im Finanzministerium. Bei seinem Karrieresprung dürfte dem Vater dreier Kinder auch die Fürsprache des ehemaligen Goldman-Sachs-Managers und jetzigen Finanzministers Steven Mnuchin geholfen haben, wie in Washingtoner Medien kolportiert wird.

SPITZNAME "JAY"



Der Mann mit dem grau-melierten Haar, den Freunde und Weggefährten nur "Jay" nennen, wirkt meist ernst und bisweilen ein wenig kühl. Er wägt seine Worte stets sorgsam ab und entspricht so dem Bild, das sich wohl viele Amerikaner von einem Notenbanker machen. In seiner Freizeit schwingt er sich gerne aufs Fahrrad oder greift zur Gitarre. Powell kann als gelernter Jurist zwar keine höheren ökonomischen Weihen wie sein umstrittener Mitbewerber John Taylor vorweisen. Doch das spricht aus Sicht eines früheren Weggefährten nicht gegen den langjährigen Fed-Direktor, der mit Wissen sowie Erfahrung punkten könne und überdies "nicht zu Extremen" neige.

Powell befürwortet angesichts hoher Wachstumsraten und einer deutlich gesunkenen Arbeitslosenquote wie Yellen eine Politik stufenweiser Zinserhöhungen. So ist er ein Kandidat gewesen, der eine Fortsetzung des Fed-Kurses verspricht, zu dem auch der baldige Abbau der aufgeblähten Bilanz zählt.

Zugleich ist er offen für eine Lockerung der Dodd-Frank-Gesetze: Dieses Regelwerk war die zentrale Lehre aus der Finanzkrise, in der Banken mit Steuermilliarden vor dem Aus bewahrt wurden. Trump hält die Regeln jedoch für überzogen, da sie die Wirtschaft aus seiner Sicht zu stark bremsen. Nachdem Fed-Direktor Daniel Tarullo im April abgetreten war, übernahm Powell bereits übergangsweise dessen Aufgaben bei der Bankenaufsicht. Für diesen Job ist mittlerweile der neue Direktor Randal Quarles (60) zuständig - die erste von Trump in der Fed platzierte Führungsperson.

Mit Powell folgt nun eine weitere, noch wichtigere Schlüsselfigur. Der Fed-Veteran und Quarles kennen sich bereits seit ihrer gemeinsamen Zeit bei Carlyle. Die Zeit in der Privatwirtschaft hat Powell zu einem reichen Mann gemacht, auch wenn er in dieser Beziehung dem Milliardär Trump nicht das Wasser reichen kann: Powell taxiert sein persönliches Vermögen auf 20 bis 60 Millionen Dollar.

rtr