"Wir werden uns mal genauer unsere Einkaufsverträge anschauen, mit allen Lieferanten, und dann versuchen, das Ganze zu optimieren", kündigte Vorstandschef Matthias Müller am Montagabend im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten an. Dabei werde VW auch überprüfen, in welchen Fällen es sinnvoll sei, Bauteile nur von einem Zulieferer zu beziehen. "Wir werden uns mit den Fragestellungen Multi-Sourcing und Single-Sourcing nochmal auseinandersetzen", sagte Müller. Die Abhängigkeit von einem Lieferanten von Sitzbezügen und Getriebegehäusen hatte VW erpressbar gemacht.

Zwei Töchter der Prevent-Gruppe hatten ihre Lieferungen an VW eingestellt und damit die Produktion in mehreren Werken lahmgelegt. Zehntausende Beschäftigte waren von Kurzarbeit bedroht. Grund für die Eskalation des Konflikts war ein von VW gekündigter Entwicklungsauftrag, für den Prevent einen Ersatz durchsetzen wollte. Vergangene Woche legten Volkswagen und die Prevent-Gruppe aus Bosnien ihren Streit nach einem Verhandlungsmarathon bei und vereinbarten eine langjährige Partnerschaft.

Nach dem Streit war in der Branche spekuliert worden, andere Lieferanten könnten das Vorgehen von Prevent zum Vorbild nehmen. Müller geht davon aus, dass bei den Zulieferern, die dem VDA angehören, keine solchen Probleme zu erwarten sind. Diese hielten sich an die im Verband der Automobilindustrie vereinbarten Regeln. Prevent gehöre dem VDA nicht an. Aus Anlass des Streits werde das Verhältnis zwischen Zulieferern und Herstellern Thema der nächsten Sitzung im Branchenverbandes sein. Ein VDA-Sprecher sagte am Dienstag, man äußere sich nicht zum Inhalt von Sitzungen.

UMBAU OHNE MASSENENTLASSUNGEN



Müller bekräftigte, dass VW den Umbau zu einem Mobilitätsdienstleister ohne Entlassungen stemmen wolle. "Wir werden sicherlich niemanden rausschmeißen oder betriebsbedingt kündigen. Aber wir werden uns die demografische Entwicklungen zunutze machen." VW-Markenchef Herbert Diess appellierte unterdessen an die Bereitschaft der Belegschaft zu Veränderungen. "Es wird viel Wandel geben", erklärte er in einem gemeinsamen Schreiben mit Betriebsratschef Bernd Osterloh. Osterloh sagte: "Es geht bei dem Zukunftspakt nicht um Tarifverträge, sondern um die Zukunft unserer Arbeit." Betriebsrat und Management verhandeln über die Neuausrichtung der Marke VW und ihrer Werke. Eine Vereinbarung wird bis Herbst erwartet.

Mit Blick auf die in den USA laufenden Verhandlungen im Abgasskandal über die Umrüstung von Dieselautos mit 3,0-Liter Motor sagte Müller, er rechne in einigen Wochen mit einem Ergebnis. "Das sind sehr konstruktive Gespräche zu einem sehr komplizierten technischen Sachverhalt." Das US-Bezirkgericht in San Francisco hatte Verhandlungen mit dem Justizministerium über einen Vergleich bei diesen Wagen angeordnet. Dies könnte die Reparatur oder den Rückkauf der von überhöhten Abgaswerten betroffenen 85.000 Fahrzeuge erfordern. Bis Ende Oktober muss Volkswagen nun seine Lösungsvorschläge einreichen. Für den 3. November setzte das Gericht eine weitere Anhörung an.

Ob die wegen des Dieselskandals unlängst auf knapp 18 Milliarden Euro aufgestockten Rückstellungen ausreichen, mochte Müller nicht beantworten. "Wir haben die ganze Welt am Hals." Da wolle er nicht spekulieren.

"SO EINEN BLÖDSINN MACHEN WIR NICHT"



Der Konzernchef machte zudem klar, dass Volkswagen nicht den Bau einer Batteriefabrik plant. "So einen Blödsinn machen wir sicherlich nicht." Die Produktion von Batteriezellen sei hochautomatisiert, biete zudem nur wenige Arbeitsplätze und sei "schweineteuer". Der Konzern schaue sich die gesamte Prozesskette der Batterietechnologie an. Das beginne mit der Förderung von Rohstoffen über deren Verwendung bis hin zur Zellfertigung und dem Bau von Batterien sowie deren Einbau in ein Auto. VW werde noch in diesem Jahr seine Pläne bekanntgeben. "Dann werden wir sehen, inwieweit wir uns in diesem Thema engagieren und letztendlich auch investieren." Vor einigen Monaten war spekuliert worden, VW könnte für mehrere Milliarden Euro eine Batteriezellenproduktion in Niedersachsen errichten. Dies hatte auch die Debatte über eine Zusammenarbeit der Autobauer neu entfacht. Die Hersteller wollen vorbereitet sein, wenn die Nachfrage nach Elektroautos steigt und von Lieferanten aus Südkorea und Japan unabhängiger werden.

rtr