Südeuropa steht 2015 unter Hochspannung. In den Euro-Krisenländern Spanien und Portugal finden Neuwahlen statt. Korruption, hohe Arbeitslosigkeit sowie ein von Brüssel diktierter Sparzwang geben der Opposition derzeit Aufwind. So könnte die konservative Regierung Spaniens den Preis für die Sanierung der Staatsfinanzen durch harsche Kürzungen und Steuererhöhungen zahlen müssen. Umfragen zeigen, dass die Sozialisten in der Wählergunst zulegen.

Auf Wachstumskurs

Jedoch ist bis zu den eigentlichen Abstimmungen im Herbst 2015 noch viel Zeit. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy nutzt diese und preschte jüngst mit einem neuen Wachstumsziel vor. "Die Regierungsprognose liegt bei zwei Prozent. Wenn günstige Faktoren für die Wechselkurs- und die Preisentwicklung bei Rohstoffen anhalten, kann Spanien auch um mehr als zwei Prozent wachsen", meint der Politiker optimistisch. Sollte es so kommen, würde Spanien den stärksten Anstieg eines Eurolandes aufweisen.

Diese Prognose, auch wenn sie zum Teil politisch motiviert sein dürfte, ist keineswegs völlig utopisch. Bereits seit einigen Quartalen geht es aufwärts. Im dritten Quartal 2014 wuchs die Wirtschaft um 0,5 Prozent. Angesichts besserer Wachstumsaussichten und geringerer Zinslasten bei der Staatsfinanzierung rechnet die Regierung in Madrid zudem damit, ihre Sparziele 2015 ohne Kürzungen im Gesundheits- und Bildungswesen zu erreichen.

Börsianer verharren derweil noch an der Seitenlinie. 2014 kam der spanische Leitindex IBEX 35 kaum vom Fleck, der portugiesische PSI 20 gab sogar deutlich nach. Allmählich wächst jedoch die Hoffnung, zumal auch die EZB alles für die Krisenländer tut. "Eine expansivere Geld- und Fiskalpolitik könnte das Wirtschaftswachstum auf der Iberischen Halbinsel 2015 unterstützen", sagt etwa Fidelity-Fondsmanager Fabio Riccelli. Das Tempo der Erholung hängt nach Ansicht des Experten allerdings von den laufenden Strukturreformen ab. "In Spanien lassen sich hier bereits erste Anzeichen für Fortschritte erkennen", so Riccelli. Er sieht im iberischen Markt große Chancen, um in Qualitätstitel zu investieren.

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Portugiesischer Tempomacher

In Portugal könnte sich ein Blick auf den 2014 entstanden Multimediakonzern NOS SGPS lohnen. Die Gesellschaft ist aus ZON Optimus hervorgegangen und bietet Mobilfunk, Satelliten-, Kabelfernsehen und Internet aus einer Hand. Mit durchschlagendem Erfolg: NOS ist Marktführer bei Kombi- Angeboten. Die Zahl der gebündelten Telefon-, Internet- und Pay-TV-Dienste sprang im dritten Quartal um 10,5 Prozent in die Höhe, der Umsatz sogar um 11,4 Prozent. Der Konzern bringt es inzwischen auf einen Marktanteil von 43 Prozent. Die starke Entwicklung spiegelt sich mit einem Kursplus von 13 Prozent im vergangenen Jahr auch in der Aktie wider.

Spanische Qualitätsware

Im Nachbarland Spanien präsentiert sich Gamesa ebenfalls in Top-Form. Nach einer Restrukturierung startet der Windkonzern nun voll durch. Bis Ende September legten die Umsätze um 17 Prozent zu, der Nettogewinn verdoppelte sich sogar. Während der spanische Heimatmarkt zusammen mit Europa derzeit nur für 13 Prozent der Umsätze verantwortlich ist, entpuppen sich insbesondere die Schwellenländer als wichtigste Wachstumsmärkte für den Konzern. 2015 möchte Gamesa 40 Prozent der Erlöse in Südamerika erzielen. Sollte der Alte Kontinent ebenfalls wieder Fahrt aufnehmen, könnte dies die Gamesa- Zahlen zusätzlich anschieben.

In Sachen Gewinnentwicklung zeigt Inditex nachhaltige Stärke. Um mehr als 80 Prozent legte der Profit zwischen 2009 und 2013 zu. Auch wenn der größte Modekonzern der Welt 2014 mit viel Gegenwind aufgrund der verschärften Konkurrenz zu kämpfen hatte, wird erneut ein kleiner Anstieg erwartet. 2015 dürfte der Margendruck abnehmen und im Gegenzug der Profit wieder steigen. Ab dem vierten Geschäftsquartal 2014/15 erwarten die Analysten der Citibank wieder ein Gewinnwachstum je Aktie im zweistelligen Prozentbereich. Gute Umsatzzahlen zum Start ins Winterquartal untermauern eine positive Prognose: Gegen den Branchentrend kletterten die Erlöse vom 1. November bis 8. Dezember um 14 Prozent nach oben.

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Während Gamesa und Inditex regional sehr breit aufgestellt sind, ist Distribuidora eine Wette auf eine Erholung der spanischen Konjunktur. Der Lebensmittelriese generiert das Gros der Erlöse auf der iberischen Halbinsel. Allerdings ist der Konzern auch in den Emerging Markets vertreten und verzeichnet dort kräftiges Wachstum. In den ersten drei Quartalen 2014 legten die Erlöse dort um mehr als ein Zehntel zu. Auch auf dem Heimatmarkt erzielte die Firma jüngst Erfolge. Von Juli bis September baute der Discounter seinen Marktanteil um 36 Basispunkte aus. Zeigt die Wirtschaft 2015 tatsächlich so stark nach oben wie von der Regierung erwartet, dürften die Kassen bei Distribuidora klingeln.

Wer Einzelwerte scheut und lieber diversifiziert auf Spanien setzen möchte, kann dies mit einem Indexzertifikat tun. So oder so müssen Anleger aber auf der Hut sein. In der ersten Jahreshälfte wird die Regierung alles für das Wachstum tun, um eine möglichst gute Figur bei den Wahlen abzugeben. Dies dürfte Aktien zugutekommen. Sollte sich aber die Stimmung wirtschaftlich oder politisch verschlechtern, drohen Rücksetzer. Unbedingt Stoppkurse setzen.

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