Fast täglich wird daran gearbeitet. Ein Durchbruch ist noch nicht erreicht, was auch am Streit über Einsparungen liegt. Mit dem Zukunftspakt sollen bei der Sanierung von VW Schritte zu Kostensenkung mit Zusagen für Investitionen verknüpft werden. Der beschleunigte Umschwung auf die Elektromobilität führt dazu, dass Werke, die bisher fast völlig auf die arbeitsintensiveren Verbrennungsmotoren ausgerichtet sind, Beschäftigung verlieren. Deshalb geht mit dem Umbau voraussichtlich ein Personalabbau einher.

"Für die Glaubwürdigkeit des Unternehmens ist es absolut entscheidend, dass man sich jetzt einigt", sagt Arndt Ellinghorst von Evercore ISI. "Investoren stellen sich die Frage, wer das Unternehmen führt und welches Mandat der Vorstand überhaupt hat. Das Management ist ja nicht handlungsfähig, weil im Aufsichtsrat Niedersachsen und die Arbeitnehmervertreter blockieren." Niedersachsen ist mit 20 Prozent zweitgrößter VW-Eigner, in dem Bundesland arbeiten mehr als 100.000 Menschen für den Wolfsburger Autobauer.

Ellinghorst hofft, dass VW-Markenchef Herbert Diess keine großen Abstriche an seinem Sparkurs macht mit dem er der Rendite auf die Sprünge helfen will. "VW kann dankbar sein, dass sie jemanden haben, der sich nicht verbiegen lässt und der auch unbequeme Dinge umsetzt. Wenn man Diess verliert, wäre das ein kolossaler Verlust. Volkswagen würde damit zeigen, dass Leute, die Veränderungen vorantreiben wollen, scheitern." Das Verhältnis zwischen dem ehemaligen BMW-Manager und dem mächtigen Betriebsratschef Bernd Osterloh gilt seit längerem als angespannt. Deshalb wurde schon über Diess' Zukunft bei Volkswagen spekuliert. Er selbst hat erklärt, er fühle sich in Wolfsburg wohl.

VERSCHIEBUNG VOM TISCH



Eigentlich hatten beide Seiten eine Einigung über den Zukunftspakt bis Ende Oktober angestrebt. Doch die Gespräche ziehen sich hin. Zeitweise wurde deshalb eine Verschiebung des Aufsichtsratsratstermins diskutiert. Das scheint vom Tisch zu sein. Wahrscheinlich ist, dass die Kontrolleure am Freitag auch dann zusammenkommen, wenn es noch keine Einigung gibt. Der Autoexperte Marc-Rene Tonn rechnet damit, dass das Gremium dann nur eine generelle Marschroute für die nächsten Jahre festlegt und bestimmte Budgetentscheidungen ausklammert. "Man könnte einige Entscheidungen treffen und bei anderen warten, bis die Einigung beim Zukunftspakt steht", sagte der Analyst der Bank M.M. Warburg. Allerdings gilt in den Verhandlungen auch ein Durchbruch vor dem Aufsichtsratstermin noch als möglich.

Den abschließenden Blick in die Zukunft dürfte Volkswagen wegen der laufenden Aufarbeitung des Abgasskandals erst Anfang Dezember wagen. Denn die VW-Tochter Audi verhandelt noch mit den US-Behörden über die Reparatur oder den Rückkauf von Dieselautos mit einer als illegal geltenden Software bei Sechszylinder-Motoren. Zudem laufen in den USA noch Verhandlungen über ein Bußgeld für die Abgasmanipulation von Volkswagen. Erst danach dürfte besser absehbar sein, was der Dieselskandal in den USA kostet.

Auf der anderen Seite könne sich Volkswagen mit der Verabschiedung des Budgets nicht beliebig Zeit lassen, betont Analyst Tonn. Wichtige Projekte müssten angestoßen werden. Eines davon ist der Elektrowagen ID, der 2020 den Wechsel von VW in die Elektromobilität anführen soll.

Markenchef Diess drängt zu Eile. "Mit dem Zukunftspakt müssen wir spätestens bis 2020 die Wettbewerbsfähigkeit wieder erreichen, unser benötigtes Cash selbst verdienen", sagte Diess in einem Zeitungsinterview. Denn schon in wenigen Jahren werde der Durchbruch der Elektromobilität die Branche grundlegend verändern. Auch vor dem Dieselskandal sei die Ertragslage der Marke Volkswagen nicht ausreichend gewesen, um deren Zukunft zu sichern. Es habe sich viel Restrukturierungsbedarf aufgestaut.

Die Arbeitnehmervertreter pochen auf konkrete Zusagen für die Auslastung der Werke, Produkte und Investitionen. Konzernchef Matthias Müller hatte jüngst den Bau einer Batteriefabrik in Deutschland angekündigt. Er kam damit Forderungen der Arbeitnehmer entgegen. Wie viele Jobs dadurch entstehen, ist allerdings unklar.

Einigkeit herrscht darüber, dass es beim Umbau keine Entlassungen geben soll. Stattdessen sollen Altersteilzeit und der Renteneintritt der Baby-Boomer-Generation der Jahrgänge zwischen Ende der 1950er bis Mitte der 1960er Jahre für einen sanften Personalabbau genutzt werden. Dadurch und durch die Nichtbesetzung freier Stellen könnten konzernweit in den nächsten Jahren bis zu 20.000 Stellen wegfallen, schätzt Autoanalyst Frank Schwope von der NordLB. Das meiste davon werde wohl auf die Kernmarke entfallen mit ihren 200.000 Beschäftigten weltweit.

rtr