Ein neuer Mann an der Spitze, der frühere Bertelsmann-Manager Rolf Buch, hat für frischen Wind gesorgt: Mit Zukäufen katapultierte er den Börsenwert des Bochumer Konzerns von vier auf 14 Milliarden Euro. Bundesweit verwaltet Vonovia jetzt 350.000 Wohnungen und ist damit von der Konkurrenz kaum mehr einzuholen. In die Karten spielt Buch zudem, dass große Investoren angesichts niedriger Zinsen stärken denn je auf Immobilien setzen. "Es ist ein gutes Signal für die gesamte Branche, dass mit Vonovia nun auch Immobilien im Leitindex DAX vertreten sind und ein wichtiger Wirtschaftszweig noch mehr Sichtbarkeit bekommt", findet der Konzernchef.

Analysten finden es positiv, dass Vonovia seine Zukäufe nicht auf Pump finanzierte, sondern regelmäßig die Aktionäre zur Kasse bat. So bieb der Verschuldungsgrad auch in Zeiten des billigen Geldes auf einem Niveau von unter 60 Prozent, Tendenz sinkend. Branchenkenner haben die Konsolidierung auf dem deutschen Wohnungsmarkt lange herbeigesehnt. Künftig wird es Vonovia allerdings schwerer haben, glaubt Berenberg-Analyst Kai Klose. "Die Anzahl großer Portfolios, die noch auf dem Markt sind, ist überschaubar geworden." Sein Kollege Michael Seufert von der NordLB warnt vor der Gefahr, dass die Immobilienfirmen im Kampf um die wenigen verbliebenen Übernahmeziele zu viel bezahlen. "Das könnte sich später rächen."

Bislang lief die Einkaufstour von Vonovia reibungslos. Erst verleibte sich das Unternehmen Wohnungen von Vitus und Dewag ein, dann die angeschlagene Konkurrentin Gagfah. Mit dem Kauf der ehemaligen LBBW -Tochter Süddeutschen Wohnen expandierte der Konzern gen Süden. Die Aktionäre zogen angesichts des Anlagenotstands klaglos mit. Das muss allerdings nicht zwingend so bleiben, wenn die Zinsen wieder steigen.

Auf Seite 2: DIE "HEUSCHRECKE" IST WEG





DIE "HEUSCHRECKE" IST WEG



Für Wachstum bleiben Vonovia nur zwei Möglichkeiten, sagen Experten: Entweder das Unternehmen schluckt in Ermangelung großer Wohnungsbestände noch den einen oder anderen kleinen Rivalen. Oder Vonovia hält die Investitionen in den Bestand hoch, um die Mieten anzuheben, und bietet noch mehr Extra-Dienste wie Fernsehanschlüsse und altersgerechtes Wohnen an. Buch setzt darauf, dass weitere kommunale Wohnungsbestände privatisiert werdden. "Das wird kommen, aber das dauert sicherlich noch. Im Moment ist das Thema nicht populär."

Populär ist dagegen die Annington-Aktie. Der Ausgabepreis lag beim Börsengang vor zwei Jahren bei 16,50 Euro. Inzwischen notiert das Papier trotz diverser Kapitalerhöhungen bei fast 30 Euro. Annington-Aktien sind zu einer starken Akquisitionswährung geworden. "Durch die Aufnahme in den DAX wird das Unternehmen auch eine erhöhte Aufmerksamkeit der Medien und der Marktteilnehmer auf sich ziehen und steht damit auch einem erweiterten Kreis von Investoren als Anlage-Option zur Verfügung", betont NordLB-Analyst Seufert.

Alteigner Terra Firma ist komplett ausgestiegen. Der Finanzinvestor - wegen seiner knauserigen Investitionen in den Wohnungsbestand als "Heuschrecke" geächtet - hatte Annington aus Portfolios der Bahn und der großen Energiekonzerne gebaut und danach Kasse gemacht. Buch schraubte die Ausgaben für die Instandhaltung hoch und gewann namhafte internationale Fondsgesellschaften wie Blackrock und Vanguard als Aktionäre. Das Unternehmen sei dabei, "die Heuschrecken-geprägte Vergangenheit" hinter sich zu lassen, lobt Seufert.

In der Immobilienbranche sei Größe entscheidend, erklärt Analyst Klose "Für die Bewirtschaftung eines größeren Bestandes braucht man nicht unbedingt mehr Leute. Das Geschäft ist skalierbar." Auch die Nummer zwei der Branche, Deutsche Wohnen, ist deshalb auf der Suche nach Übernahmezielen. In der Branche wird außerdem schon länger gemunkelt, Vonovia und Deutsche Wohnen könnten irgendwann einen Giganten schmieden, der dann auf bundesweit 500.000 Wohnungen käme. Im Umfeld der Unternehmen wird das nicht vom Tisch gewischt: Buch und Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn kennen und respektieren sich, wie ein Insider berichtet. Bislang habe aber niemand den ersten Schritt gewagt. "Sie umschleichen und beäugen sich."

Reuters