Brexit und die Folgen der Corona-Krise: Großbritannien steht vor großen Herausforderungen. Nun könnte eine weitere hinzukommen: die Versorgung mit Energie. Einige Branchenanalysten halten Stromausfälle für möglich. Das Vereinigte Königreich hängt stark am Wind, und der bläst im Moment nicht so stark. Was der Insel nach Abschaltung der Kohlekraftwerke fehlt, sind grundlastfähige Kapazitäten mit niedrigen Emissionen. Eine Lösung, die auch anderswo wieder stärker in den Vordergrund rückt, ist Kernenergie. Ein Unternehmen, das davon profitieren könnte, ist Rolls-Royce Holdings. Der Spezialist für Antriebs- und Motorentechnik hat einen Atomreaktor entwickelt, der die Lücke füllen könnte.

Rolls-Royce hat schon lange nichts mehr mit Luxusautos zu tun. Das Unternehmen zählt inzwischen zu den führenden Anbietern von Triebwerken für die zivile und militärische Luftfahrt. Zum Geschäft gehören außerdem Generatoren und Antriebe für Marinefahrzeuge. Die Briten gerieten vor Jahren unter Druck, weil es bei einem neuen Triebwerk immer wieder zu Problemen gekommen war. Die Corona-Krise setzte dem noch eins drauf, die Neubestellungen gingen zurück, der Sanierungskurs wurde noch einmal verschärft, eine massive Kapitalerhöhung verbesserte die Bilanzrelationen.

Turnaround läuft auf Hochtouren

Im Prozess zur Steigerung der Produktivität ist der Konzern gut vorangekommen und dürfte 2022 die ersten Früchte ernten. Allerdings ist der Markt für zivile Flugzeuge problematisch. Es dürften Jahre vergehen, bis an frühere Glanzzeiten angeknüpft werden kann. Unterdessen profitieren die Briten aber von höheren Militärausgaben. Das Geschäft mit kleinen Kernkraftwerken brächte Börsianern einen neuen Fokus. Und es könnte schneller starten als erwartet. Rolls-Royce liefert schon heute Nuklearreaktoren etwa für U-Boote, aber auch zur Stromversorgung von Einrichtungen.

Dieses Know-how ist in die Entwicklung des Reaktors mit einer Leistung von rund 450 Megawatt geflossen, der ein Ballungsgebiet mit 500 000 Menschen versorgen könnte. Weil die Kosten und die Betriebsrisiken gegenüber großen Kraftwerken niedriger sind, dürfte es eine große Nachfrage rund um den Globus geben. Allein auf der Insel könnten bis 2035 zehn Kraftwerke an den Standorten der alten Reaktoren errichtet werden. Die Pläne durchlaufen aktuell die zulassungsrelevanten Tests bei den britischen Behörden. Noch in diesem Jahr könnte der Konzern eine technische Zulassung erhalten und mit dem Bau der ersten Anlagen beginnen. Ist das der Fall, dürfte die Aktie ihre Aufholjagd beschleunigen. Vor dem Corona-Einbruch kostete sie nahezu doppelt so viel wie aktuell.

Die Aktie konnte sich nach der Kapitalerhöhung gut erholen und bei Kursen über 1,30 Euro etablieren. Der nächste Widerstand kommt bei 1,50 Euro. Wird dieser überwunden, gibt es keinen Widerstand mehr bis 2,50 Euro. Empfehlung: Kaufen