DAS IST LOS BEI ABOUT YOU:

Das Ende der Corona-Beschränkungen wurde bei About You sehnsüchtig erwartet. Was für einen Online-Modehändler wie ein Paradoxon klingt, begründet About-You-Chef Tarek Müller im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX: Den Kunden fehlten die Anlässe, um neue Kleidung zu kaufen. Das Unternehmen hätte beobachtet, dass der Gesamtbedarf an Kleidung zurückgegangen sei. "Wir sehen uns insofern nicht als Covid-Gewinner, sondern profitieren eher davon, dass sich wieder mehr Gelegenheiten ergeben, Mode zu kaufen und zu tragen", sagte Müller.

Und die jüngsten Quartalsergebnisse geben ihm recht: About You konnte sowohl im ersten Geschäftsquartal (bis Ende Mai) als auch im zweiten (bis Ende August) kräftig wachsen. In der Folge hob das Management auch die Umsatzprognose für das Gesamtjahr an. Bis zu knapp 1,78 Milliarden Euro sollen nun drin sein, was im Jahresvergleich ein Plus von mehr als 50 Prozent wäre.

Rückendwind verleiht dabei auch die Expansion des Konzerns ins neue Märkte. Der Modehändler wurde 2014 als Tochtergesellschaft des Hamburger Versandhandelsriesen Otto Group gegründet, welche bis heute nach eigenen Angaben größter Teilhaber ist. Mittlerweile ist About You in 24 europäischen Ländern aktiv. Weitere Expansionsziele werden nicht explizit genannt, aber generell sieht das Unternehmen Südeuropa als interessante Region. Allerdings kostet die Expansion auch Geld und das nicht zu knapp.

Das Geschäft von About You bleibt deshalb weiterhin defizitär. Zwar verbessert sich laut Müller in den einzelnen Märkten die Marge Jahr für Jahr, Gewinne fährt das Unternehmen aber nicht ein. Für das laufende Geschäftsjahr wird ein bereinigter Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in Höhe von 70 Millionen Euro angestrebt. Diese Prognose blieb trotz des höheren Umsatzzieles bestehen.

Langfristig soll sich das aber ändern. "Unser Ziel ist es, innerhalb von drei bis fünf Jahren nach Einführung die einzelnen Märkte profitabel zu machen", erklärt Müller. Neben dem Segment Tech, Media and Enabling (TME), in dem About You anderen Marken und Einzelhändlern eine digitale Plattform als Software-as-a-Service anbietet, trifft das vor allem auf die Region Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH) zu. Diese ist nach Angaben des Unternehmens konsistent seit Anfang 2020 profitabel - sechs Jahre nach dem Launch.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Analysten sind allgemein zuversichtlich. Alle sieben von dpa-AFX seit Ende September erfassten Experten empfehlen die About-You-Papiere zum Kauf. Am optimistischsten sind die Experten von Goldman Sachs mit einem Kursziel von 37 Euro. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei über 32 Euro und damit rund 50 Prozent über dem aktuellen Kurs etwa 20,60 Euro.

Die Experten der Baader Bank und von Alster Research sind mit ihren Kurszielen von 27 und 26,50 Euro am zurückhaltendsten, liegen aber trotzdem über dem aktuellen Kurs. Auch sie finden lobende Worte: Baader-Bank-Analyst Volker Boose bewertet About You als eine junge, aber bewährte, Gelegenheit, am Wachstum des E-Commerce-Modemarktes teilzunehmen. Er sieht "reichlich" potenziell nach oben und rechnet damit, dass das Unternehmen bis 2023/24 profitabel wird. Außerdem dürfte sich About You bis 2024 auch beim freien Barmittelfluss dem positiven Bereich nähern. Und auch Alexander Zienkowicz von Alster Research prognostiziert About You "gesundes" Wachstum.

Die anderen fünf erfassten Analysten geben alle Kursziele von über 30 Euro an und damit ein Kursniveau, das die Papiere seit ihrem Börsendebut Mitte Juni noch nie gesehen haben. Mit einem Kursziel von 32 Euro trifft UBS-Analystin Olivia Townsend den Durchschnitt ziemlich genau. Sie gibt in ihrer Studie allerdings zu bedenken, dass der Internet-Sektor und die zyklischen Konsumgüter in der Vergangenheit anfällig für Schwankungen waren - sowohl in Bezug auf ihre Wirtschaftlichkeit als auch bei der Bewertung.

Deshalb identifiziert sie in ihrer Studie auch Risiken für About You: Eine Konjunkturschwäche in Europa, unvorhersehbare Wetterbedingungen oder ein langsameres Wachstum des Online-Marktes als erwartet. Aber auch verstärkter Wettbewerb sowohl durch bestehende reine Online-Anbieter wie Zalando, ASOS oder Amazon, als auch durch aufstrebende neue Anbieter und auch kanalübergreifende Geschäftsmodelle gehören dazu.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Investoren an der Börse sprechen bislang eine andere Sprache als die Analysten, wenngleich die Aktien jüngst in den Nebenwerteindex SDAX aufstiegen. Seit dem Börsengang vor rund vier Monaten ging es mehr oder weniger beständig bergab.

Ihr bisheriges Hoch von 26,98 Euro erreichten die About-You-Papiere direkt am ersten Handelstag am 16. Juni. Lediglich Mitte Juli und Ende September gab es nochmal Versuche, den Abwärtstrend zu brechen.

Während der Stabilisierungsversuch im Sommer dank guter Zahlen zum ersten Quartal und einer angehobenen Jahresprognose wenigstens rund zwei Wochen anhielt, war er im Herbst nur von kurzer Dauer. Mitte Oktober kosteten die Papiere dann nur noch 20,60 Euro. Damit notierten sie gut 10 Prozent unter dem Ausgabepreis. Ein Grund: "Corona-Aktien" gerieten zuletzt tendenziell aus der Mode. Gerade große Investoren schichten aktuell vermehrt in klassische Value-Werte um.

Das bekommt auch der deutlich größere Konkurrent Zalando zu spüren. Dessen Aktien seit Mitte September gut ein Fünftel an Wert verloren haben. Allerdings ist Zalando mit einer Marktkapitalisierung von fast 20 Milliarden Euro an der Börse gut fünf Mal so viel wert wie About You.

dpa-AFX