Die Jahresprognose steht noch, das ist die gute Nachricht. Der Bewegungsspielraum für Siemens aber ist deutlich kleiner geworden: "Geopolitik und deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft schaden einer ansonsten ­positiven Investitionsneigung", warnt Konzernchef Joe Kaeser. Das hat Konsequenzen: Die bereinigte operative Marge für das Industriegeschäft werde in der unteren Hälfte der angepeilten Bandbreite von elf bis zwölf Prozent liegen, meldete Siemens.

Analysten hatten laut Reuters-Daten bei dieser für Siemens wichtigen Kennziffer im Schnitt mit einem Wert von 11,7 Prozent ­gerechnet. Die Börse reagierte ­gnadenlos mit einem kräftigen Kursverlust der Aktie: Sie büßte nach Bekanntgabe des Quartals­berichts in der Spitze fast sechs Prozent an Wert ein. Das ist der stärkste Kursrutsch bei Siemens seit mehr als drei Jahren.

Kaeser setzt auf das Schlussquartal des bis Ende September laufenden Geschäftsjahres: "Ein robuster Mobilitätssektor und eine konsequente Abarbeitung von Projekten werden uns helfen, unsere Ziele für das Geschäftsjahr zu erreichen." Hoffnung macht insbesondere der Auftragsbestand, der mit 144 Milliarden Euro Rekord­niveau erreicht hat. Das vergangene Quartal war dennoch enttäuschend: Das bereinigte operative Ergebnis im Industriegeschäft ging um zwölf Prozent auf 1,94 Milliarden Euro zurück. Analysten hatten mit 2,19 Milliarden gerechnet.

Gewinnbringer gebremst


Besonders bitter ist der Gewinn­einbruch in der Automatisierungssparte. Sie liefert den größten Gewinnbeitrag, verzeichnete im Quartal aber einen Rückgang von 27 Prozent. Digital Industries leidet darunter, dass Auto- und Maschinenbauer unter anderem weniger Steuerungen für Produktionsroboter bestellten. Innerhalb der Sparte konnte zumindest das Software­geschäft den Umsatz leicht steigern.

Ebenfalls deutlich nach unten ging der Gewinn in der Energiesparte Gas and Power, die allerdings schon länger mit Problemen zu kämpfen hat. Doch es gibt auch Lichtblicke: Die Zugsparte und die Medizintechnik-Tochter Siemens Healthineers konnten den Gewinn im Quartal steigern. Das aber reicht nicht aus, um den negativen Gesamttrend aufzuhalten.

Unter dem Strich rechnet Siemens für das Geschäftsjahr weiter mit einem Gewinn zwischen 6,30 bis 7,00 Euro je Aktie. Das wäre ein Anstieg von mindestens fünf Prozent. Analysten planen laut Bloomberg-Daten gegenwärtig 6,25 Euro je Aktie ein. Das zeigt, dass sich die Börsianer bereits auf ein schwieriges Schlussquartal einstellen.

Die Geschäftsabkühlung könnte es Kaeser sogar leichter machen, die Umstrukturierung des Konzerns voranzutreiben. So soll die Energiesparte bis September kommenden Jahres über die Ausgabe von Gratis-Papieren an Siemens-Aktionäre an die Börse gebracht werden. Zunächst aber geht es für Kaeser darum, die Jahresprognose zu erfüllen.

Durchhänger: Die Umstrukturierung dürfte den Aktienkurs in einem schwierigen Umfeld stützen. Langfristig ein solider Dividendenwert.

Empfehlung: Beobachten.
Kursziel: 100,00 Euro
Stoppkurs: 78,00 Euro