Starker Dollar, schwacher Euro: Die Gemeinschaftswährung ist wieder ins Visier von Spekulanten geraten. Mit 15 Milliarden Euro wetten Hedgefonds und andere Größen der Wall Street auf eine weitere Abwertung des Euro zum Greenback. Das ist der höchste Wert seit Mitte 2012, als die Eurostaatsschuldenkrise zu eskalieren drohte und der Zerfall der Eurozone möglich schien.

Die Investoren konnten schon ordentlich Kasse machen: Anfang Mai war ein Dollar weit weniger als 72 Eurocent wert, in den vergangenen Tagen mussten beinahe 76 Eurocent für einen Dollar gezahlt werden. Das klingt nicht nach viel, ist aber am Devisenmarkt eine bemerkenswerte Bewegung in kurzer Zeit.

Es könnte so weitergehen: Die Experten der US-Investmentbank Morgan Stanley nannten das Setzen auf einen schwächeren Euro jüngst gar die derzeit sicherste Wette in den Industrieländern. Vor allem auch deshalb, weil der Europäischen Zentralbank (EZB) ein billiger Euro, von dem die Exporteure profitieren, bei der schwächelnden Konjunktur ganz gelegen kommt. Sie wird nicht einschreiten, im Gegenteil: Mit einer erwarteten weiteren Lockerung der Geldpolitik bringt sie den Euro sogar noch weiter unter Druck.

Privatanleger können mit Derivaten kurzfristig auf Wechselkursbewegungen spekulieren Sie können aber vor allem auch Anleihen kaufen, die in Dollar ausgegeben wurden. Mit den Dollarbonds profitieren Anleger doppelt: Sie bekommen höhere Zinsen, als bei Euroanleihen der gleichen Schuldner drin wären, zudem wirkt sich ein Wertzuwachs des Dollar positiv aus.

Auf Seite 2: Warum der Euro schwach und der Dollar stark ist

Worin aber liegt die aktuelle Schwäche des Euro und die Stärke des Dollar begründet? Schlicht in der unterschiedlichen Verfassung der Wirtschaft und - daraus resultierend - in der gegensätzlichen Geldpolitik der US-Notenbank Fed und der EZB.

Die Konjunktur in der Eurozone lahmt. In dieser Woche häuften sich weitere alarmierende Signale. So sank der deutsche Ifo-Index zum vierten Mal in Folge; das GfK-Konsumklima hat sich eingetrübt, der Rückgang war so stark wie zuletzt Mitte 2011. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnt bereits vor der Gefahr einer Rezession hierzulande: Von April bis Juni war das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent geschrumpft, und Ökonomen sprechen von Rezession, wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge nicht wächst.

In anderen großen Volkswirtschaften des Euroraums läuft es genauso wenig: Frankreich droht ebenfalls die Rezession, Italien steckt schon mittendrin. Das von der EU-Kommission ermittelte Geschäftsklima sackte in diesen Ländern ab, auch andernorts trübte sich die Stimmung bei den Firmen ein. "Spanien ist das einzige Land im Euroraum, in dem die Wirtschaft noch kräftig nach oben geht", sagt Martin Hüfner, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Assénagon.

Zugleich bleibt die Inflation niedrig. In Deutschland lag die Preissteigerung im August bei lediglich 0,8 Prozent, im gesamten Euroraum war sie zuletzt noch niedriger. Beunruhigend ist vor allem, dass auch die Inflationserwartungen gering sind - und weit vom EZB-Ziel von zwei Prozent entfernt.

Darauf hat EZB-Präsident Mario Draghi vor wenigen Tagen beim alljährlichen Treffen der Notenbanker im US-amerikanischen Jackson Hole deutlich hingewiesen. Einige Beobachter hat das aufgeschreckt, sie rechnen damit, dass die EZB den Worten Draghis Taten folgen lässt - und bei ihrer Sitzung am Donnerstag die Geldpolitik weiter lockert.

So erwartet JP Morgan eine nochmalige Senkung des Leitzinses um 0,1 Prozentpunkte auf nur noch 0,05 Prozent. Andere Analysten meinen, die EZB werde ihr bereits in Aussicht gestelltes Anleihekaufprogramm beschließen; die Notenbank könnte dabei nach Ansicht der Citigroup die Märkte mit einer Billion Euro fluten.

Auf Seite 3: Was von der Geldpolitik zu erwarten ist

In Erwartung der neuerlichen Liquiditätsspritze sind die Aktienkurse in der vergangenen Woche gestiegen - der Euro ist dagegen auf Tauchkurs gegangen. Denn auf der anderen Seite des Atlantiks werden die Konjukturdaten nicht schlechter, sondern besser. Die Fed drosselt ihre äußerst expansive Geldpolitik deshalb bereits seit einiger Zeit. Monat für Monat erwirbt die US-Notenbank seit Jahresanfang für weniger Geld neue Anleihen, im Oktober soll das Kaufprogramm auslaufen.

Für Mitte 2015 wird dann mit einer ersten vorsichtigen Zinserhöhung gerechnet, einige Analysten erwarten diesen Schritt sogar schon im März. Fed-Chefin Janet Yellen hielt sich beim Treffen in Jackson Hole zu diesem Thema bedeckt. Sie könnte jedoch von einer weiteren Erholung am Arbeitsmarkt und einer schneller als erwartet anziehenden Inflation gezwungen werden zu handeln.

Klar scheint jedenfalls: Die Zinsen in den USA werden in absehbarer Zeit steigen, jene im Euroraum dagegen eher sinken. Damit wächst die Zinsdifferenz zwischen den Währungsräumen. Und diese ist letztlich ein Haupttreiber für den Wechselkurs zwischen Dollar und Euro.

Auf Seite 4: Welche Folgen die Wechselkursentwicklung hat

Die Schätzungen zur Wechselkursentwicklung unterscheiden sich zwar in der Höhe etwas, in der Richtung sind sich die allermeisten Analysten jedoch einig. "Der Wechselkurs des Euro müsste sich weiter abschwächen", sagt auch Hüfner. "Damit werden ausländische Bonds attraktiver."

Unabhängig vom erwarteten positiven Wechselkurseffekt sind für Anleiheanleger aber schon allein die möglichen Erträge mit Schuldtiteln, die in US-Währung emittiert wurden, interessant. Von "einer der letzten Renditebastionen" im Bonduniversum spricht Vermögensverwalter Flossbach von Storch mit Blick auf Unternehmensanleihen in Dollar.

Wenn das Zinsniveau in den Vereinigten Staaten steigen sollte, geraten zwar auch die Kurse von bereits emittierten Anleihen unter Druck, ein Währungsgewinn wirkt dabei aber für hiesige Anleger als Puffer. Hinzu kommt: Anleger, die eine Dollaranleihe kaufen, um sie bis Fälligkeit zu halten und mit der einmal angepeilten Rendite zufrieden sind, müssen sich um derlei Kursveränderungen nicht kümmern.

Die BÖRSE ONLINE-Schwesterpublikation €uro am Sonntag hat einige Dollaranleihen verschiedener Laufzeit ausgewählt, die als Buy-and-Hold-Investment interessant sind. Die Unternehmen haben zwar keine Topbonität, sind aber momentan akzeptabel aufgestellt. Der Bond des Gesundheitskonzerns Fresenius Medical Care etwa verspricht bis 2022 eine jährliche Rendite von 4,60 Prozent, ein vergleichbarer Eurotitel brächte 2,50 Prozent.

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