Einmaleins

Vor mehr als 20 Jahren machten findige britische Banker aus der Not eine Tugend. Nachdem in Großbritannien die Börsenumsatzsteuer, die sogenannte Stempelsteuer, für alle Aktiengeschäfte eingeführt worden war, entwickelten die Banker Contracts for Difference, kurz CFDs, oder auf Deutsch: Differenzkontrakte. Der Handel mit CFDs erfolgte nicht über die Londoner Börse, sondern außerbörslich - auf diese Weise konnten die Finanzprodukte nämlich die lästige Besteuerung umgehen.

Mit CFDs können Anleger an den Kursbewegungen von Basiswerten wie Indizes, Aktien, Rohstoffen oder Währungen überproportional partizipieren. Wie der Name Differenzkontrakt andeutet, geht es um die Kursdifferenz des Basiswerts zwischen Ein- und Ausstiegszeitpunkt, von der Anleger profitieren können. Investoren setzen mit Long-CFDs auf steigende oder mit Short-CFDs auf fallende Notierungen. Institutionelle Anleger nutzen die Differenzgeschäfte schon seit den 80er-Jahren zur Absicherung von größeren Positionen. Privatanlegern wurden CFDs erstmals 1998 in Großbritannien angeboten. Nach Deutschland kamen sie, als der britische CFD-Anbieter CMC Markets 2005 eine Niederlassung in Frankfurt eröffnete.

Differenzkontrakte werden auch heute noch außerbörslich, also direkt über einen Anbieter (Broker), gehandelt. Sie sind rechtlich gesehen eine Vereinbarung zwischen dem Anleger und seinem Broker. Letzterer stellt die Kurse, legt die Bedingungen fest und bietet entsprechende Handelsmöglichkeiten.

Der Handel mit Differenzkontrakten richtet sich in erster Linie an risikobereite Anleger. Mit den Produkten sind hohe Gewinne, aber auch große Verluste möglich. Erfüllt sich die Markterwartung des Anlegers nicht, kann dies schnell zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen. Bevor man CFDs handelt, sollte einem die Funktionsweise der Produkte daher klar sein.

Der Clou ist die Hebelwirkung (siehe Investor-Info auf Seite 5). Ein Hebel von zehn bedeutet zum Beispiel, dass der Wert eines Long-CFDs um zehn Prozent steigt, wenn sich der Basiswert um ein Prozent nach oben bewegt. Der Hebel wirkt jedoch in beide Richtungen. Sollte der Basiswert in die "falsche" Richtung laufen, entstehen überproportionale Verluste. Der Hebel kommt dadurch zustande, dass Anleger nur einen Bruchteil des gehandelten Basiswerts zahlen. Sie hinterlegen bei ihrem Broker lediglich einen geringen Teil des Basiswerts als Sicherheitsleistung (Margin). Je kleiner die Margin, desto größer der Hebel.

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Wie der Hebel entsteht

Ein Beispiel: Angenommen, ein Anleger spekuliert mit einem Long- CFD auf einen steigenden DAX, und der Index notiert bei 10 000 Punkten. Hinterlegt der Anleger eine Margin von einem Prozent des gehandelten Werts, also 100 Euro, so beträgt der Hebel 100. Hintergrund: Steigt der DAX um ein Prozent auf 10 100 Punkte, so nimmt der Anleger vollständig am Kursanstieg teil, und der Gewinn beträgt 100 Euro. Während der Basiswert nur um ein Prozent steigt, gewinnt der Kontrakt um 100 Prozent an Wert.

Gefährlich wird es hingegen, wenn der Markt in die entgegengesetzte Richtung läuft. Sollte sich im obigen Beispiel der DAX um ein Prozent nach unten bewegen, kommt es zum Totalverlust des Einsatzkapitals. Denn der Hebel von 100 wirkt auch bei Kursverlusten. Der Anleger hätte in dem Fall 100 Euro verloren. Bricht der Index weiter ein, und das Handelskonto ist nicht gedeckt, müssen Anleger beim Broker sogar Geld nachschießen.

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Nachschusspflicht beachten

Zwar bauen die CFD-Anbieter Sicherheitsmechanismen ein, um diesen Fall zu verhindern. Etwa indem alle Positionen automatisch geschlossen werden, bevor das Handelskonto ins Minus rutscht. Bei extremen Marktbewegungen kann es jedoch trotzdem zur Nachschusspflicht kommen. "Aufgrund des großen Risikos, das Anleger mit den gehebelten Investments eingehen, empfiehlt es sich, beim CFD-Handel die Aufträge mit einer Stop-Loss-Order zu versehen", sagt Torsten Gellert vom Broker FXCM. Damit legen Investoren eine Kursmarke fest, bei deren Erreichen die CFDs zum nächsten handelbaren Kurs verkauft werden. Gegen Gebühr ist es möglich, eine garantierte Stop-Order zu platzieren und damit eine Kursgrenze zu sichern. Die Order wird bei exakt der angegebenen Kursmarke ausgeführt, egal wie stark die Märkte schwanken.

Auf Seite 4: Hebel berechnen



Hebel berechnen

Wichtig ist es, vorab zu wissen, mit welchem Hebel man agiert, um die Chancen und Risiken besser einschätzen zu können. Übrigens: Den größten Teil des gehandelten Werts streckt der CFD-Anbieter dem Anleger quasi als Kredit vor. Finanzierungsgebühren entstehen dem Anleger aber nur, wenn er die Position über Nacht hält.

Bevor Anleger in den Handel mit Differenzkontrakten richtig einsteigen, empfiehlt es sich, die Funktionsweise dieser Investments mit einem Demo-Konto auszuprobieren. Um CFDs handeln zu können, muss man ein Konto bei einem Broker eröffnen. Dieser sollte auch ein Demo-Konto zur Verfügung stellen. Bei der Brokerwahl lohnt sich ein genauer Blick in die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Aspekte wie Firmensitz, Regulierung, Einlagensicherung und Nachschussverpflichtung spielen eine wichtige Rolle.

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Skandal eines CFD-Brokers

Dass unter den CFD-Anbietern auch schwarze Schafe sein können, zeigt der Skandal der Oberhausener FXdirekt Bank. Der Ende 2012 pleitegegangene CFD-Broker soll über Jahre hinweg alles getan haben, um seinen eigenen Umsatz auf Kosten seiner Kunden in die Höhe zu treiben. Dabei sollen etwa neue Kunden mit Demo-Konten geködert worden sein, die mit Zeitverzögerung und besseren Kursen handeln konnten. So bekamen die potenziellen Kunden den - falschen - Eindruck, dass es spielend leicht sei, beim CFD-Handel Gewinne zu erzielen.

FXdirekt schuldete seinen Kunden zum Zeitpunkt der Insolvenz 17 Millionen Euro. Davon hat die gesetzliche Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) bislang rund sechs Millionen ausgezahlt. Die EdW erstattet 90 Prozent der Einlage zurück, jedoch maximal 20 000 Euro. Kunden, die 100 000 Euro auf ihrem Konto hatten, haben Anspruch auf 20 000 Euro. Kunden mit einer Einlage von 20 000 Euro bekommen 18 000 Euro zurück.

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Kriterien für die Brokerwahl

Wichtig ist auch der Firmensitz des Anbieters. So dürfte zum Beispiel ein Broker aus Zypern oder Litauen wenig vertrauenserweckend sein. Wer im Pleitefall entschädigt werden will, ist mit einem Sitz in Großbritannien, Luxemburg oder Deutschland im Zweifel besser aufgehoben. Dort besteht eine Chance, sein Geld zurückzuerhalten. Ein Blick ins Impressum hilft. Dort muss das Unternehmen nachweisen, wo es sitzt und welche Regulierungsbehörde zuständig ist.

Aber nicht nur die Sicherheit, auch die Stabilität und die Qualität der Ausführungsplattform sind ein wichtiges Kriterium für die Brokerauswahl. Hier bietet es sich an, sich in Internetforen über die Güte der Broker zu informieren. Fällt die Plattform aus, ist es wichtig, dass Kunden auch per Telefon handeln können - am besten ohne Zusatzkosten. Fast alle Anbieter sind Market Maker, das heißt, sie stellen selbst An- und Verkaufskurse.

Anleger sollten sich gerade deshalb vor der Wahl eines Brokers über dessen Kostenstruktur informieren. Bei den Preisen für Orderzusätze, für Overnight-Trading oder für den Telefonhandel gibt es Unterschiede genauso wie beim Spread. Bei manchen Anbietern wird das Konto automatisch bei Erreichen bestimmter Verluste geschlossen, während bei anderen hohe Nachschüsse drohen.

Der beliebteste Basiswert ist hierzulande der DAX. "Anleger handeln in der Regel Basiswerte, zu denen sie den stärksten Bezug haben und mit denen sie sich am besten auskennen", sagt Gregor Kuhn vom Broker IG Markets und ergänzt: "Basiswerte wie DAX und EUR/USD sind sehr liquide, haben enge Spreads und unterliegen keiner Kommission."

Ein populärer Basiswert ist auch der Bund Future. Er bezieht sich auf eine fiktive zehnjährige Bundesanleihe mit einer jährlichen Zinszahlung von sechs Prozent. Der Bund- Future-Kurs drückt somit aus, wie teuer eine sechsprozentige Bundesanleihe aktuell wäre. Anleger, die davon ausgehen, dass die Renditen von zehnjährigen Bundesanleihen steigen werden, setzen mit Short-CFDs auf einen fallenden Bund Future. Auf einen steigenden Bund Future spekulieren sie hingegen mit Long-CDFs, wenn sie fallende Renditen der Bundesanleihen erwarten.

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Verbreitung in Deutschland

Hierzulande gibt es insgesamt rund 100 000 CFD-Konten. Die Agentur Investment Trends schätzt die aktiven Konten auf 40 000 bis 45 000. Der CFD-Verband beziffert das 2013 in Deutschland über die Margin bewegte Volumen auf 1,13 Milliarden Euro. Die hochspekulativen Finanzinstrumente haben sich - zumindest bei Tradern - in Deutschland etabliert. Dies sieht man auch daran, dass S-Broker (Sparkassengruppe) und Comdirect (Commerzbank) als CFD-Anbieter an den Start gingen, um den deutschen Markt zu erobern.



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Einlagensicherung
Vor dem Einstieg prüfen

CFD sind rechtlich gesehen eine Vereinbarung zwischen dem Anleger und seinem Broker. Bevor Anleger ein Handelskonto bei einem CFD-Anbieter eröffnen, sollten sie zunächst prüfen, wie ihr Geld im Insolvenzfall des Brokers geschützt ist. Die größte Sicherheit bieten Broker, die ihren Sitz in Deutschland haben und von der Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) überwacht werden. Die Anbieter mit Sitz in Großbritannien unterliegen der staatlichen britischen Aufsicht.

Die meisten in Deutschland tätigen Broker sind der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) angeschlossen. Diese betreiben anders als Banken kein Einlagengeschäft. Die EdW haftet bei Verbindlichkeiten von CFD-Brokern gegenüber ihren Kunden im Pleitefall mit 90 Prozent der Einlage - maximal 20 000 Euro. Bei CFD-Brokern, die zu einer Bank gehören, wie Comdirect, haftet der Einlagensicherungsfonds deutscher Banken (EdB) in gleicher Höhe. Die Sicherheit, dass er im Notfall für den Schaden eintritt, ist aber höher, da dahinter finanzkräftige Banken stehen. S-Broker gehört zu den Sparkassen, die ihre eigene institutsübergreifende Sicherung haben. Wer wissen will, wie das Kapital gesichert ist, sollte die Anbieter-AGB prüfen. Nach EU-Richtlinie gilt die Entschädigungsregelung in allen EU-Mitgliedsländern, bei ausländischen Anbietern ist es wegen der Sprachbarriere aber oft aufwendig, Ansprüche durchzusetzen.

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