Mallorca beherbergte am Mittwoch einen hohen Gast. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy war auf die "Insel der Deutschen" gekommen und hatte eine Botschaft dabei, die nicht nur deutschen Touristen schmecken sollte: Rajoy wetterte gegen die geplante mallorquinische Kur- und Ökotaxe, die zwar dem Staat Geld in die Kassen spült, die Touristen aber verscheuchen könnte.

In Spanien herrscht Wahlkampf. Und nachdem Rajoy vor wenigen Tagen eine TV-Debatte mit der Begründung geschwänzt hatte, er könne nicht überall sein, muss er die Herzen der Wähler eben anders erobern. Das scheint auch nötig. Schließlich haben bereits die Wahlen in den anderen ehemaligen Krisenländern Portugal und Griechenland die alte Politikergarde hinweg und weit links stehende Bündnisse an die Macht gespült. Die Sorge, dass Ähnliches auch in Spanien passieren könnte, trübt seit Längerem die Laune an der Börse in Madrid. In Spanien fielen sie 2015 um rund fünf Prozent. Für diese Diskrepanz ist zum einen die politische Unsicherheit verantwortlich. In den Regionalwahlen in Katalonien gab es im September einen Linksruck, Separatisten eroberten die Mehrheit.

Zum anderen haben viele spanische Banken und Versorger enge Verbindungen zu Lateinamerika. Dort kriseln Wirtschaft und Währung, was auf deren Bilanzen durchschlägt. Was die tiefen Kurse in Madrid aber nicht widerspiegeln: Spanien hat sich vom Krisenstaat zur dynamischsten Wirtschaft auf dem Kontinent entwickelt. Das Wirtschaftswachstum soll in diesem und im kommenden Jahr bei rund drei Prozent liegen - weit höher als in Deutschland. Der Immobilienmarkt stabilisiert sich, die Arbeitslosigkeit sinkt. Das schiebt den Konsum an. Im November 2015 wurden in Spanien 80 000 Autos verkauft, rund ein Viertel mehr als im November 2014. "Spanien hat in der tiefen Wirtschaftskrise viele Reformen durchgeführt", sagt Klaus Schrüfer, Chefstratege von Santander Asset Management Deutschland.

"Jetzt erntet es die Früchte seiner Anstrengungen." Doch wie das mit harten Reformen so ist: Man kann sich damit auch bei Wählern unbeliebt machen. So droht dem Land ein knapper Wahlausgang. Laut Umfragen wird Rajoys konservative PP die absolute Mehrheit verlieren. Zuletzt lag sie mit rund 25 Prozent der Stimmen etwa gleichauf mit der Mitte-Links-Partei PSOE und knapp vor den Liberalen und der Protestpartei Podemos. Letztere - und das ist die gute Nachricht für Anleger - hat wieder etwas an Beliebtheit eingebüßt. Ein politisches Chaos wie in Griechenland scheint also unwahrscheinlicher. Dennoch erwarten viele Beobachter eine schwierige Regierungsbildung. Sollten sich aber stabile politische Verhältnisse einstellen, hat der iberische Aktienmarkt Potenzial. Die Großbank Santander sieht den spanischen Leitindex IBEX 35 beispielsweise Ende 2016 bei 12 000 Punkten - rund 20 Prozent über dem aktuellen Stand. Bewahrheitet sich die Prognose, profitieren davon auch Fonds für spanische Aktien.

2015 gab es an der Madrider Börse nicht viel zu holen. Aber nach den Wahlen sollte sich der Aufholprozess fortsetzen.