Bilanzskandale, undurchsichtige Firmen, Schattenbanken und eine drohende Immobilienblase - aus Investorensicht gab es lange genügend Gründe, auf chinesische Aktien zu verzichten. Noch im Frühjahr herrschte an den Börsen zudem die Angst vor einem Konjunkturabsturz in Fernost. Die Sorge: Schwächelt die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, bleibt das nicht ohne Folgen für das globale Wachstum. Nicht ob, sondern wie deutlich China das eigene Wachstumsziel von 7,5 Prozent verfehlt, schien die einzige Frage. Nur wenige Monate später ist der Pessimismus gewichen. Plötzlich ruhen auf dem Land wieder Hoffnungen für die Weltkonjunktur: Neben der robusten US-Wirtschaft sei es vor allem die bessere Konjunktur in China, die der schwachen Eurozone helfe, sagt Christian Heger, Deutschland-Investmentchef im Asset Management von HSBC.

Es ist vor allem Chinas Regierung, die Anleger wieder hoffen lässt. Sie stemmt sich mit aller Macht gegen eine Konjunkturschwäche. Mit- tels einer lockeren Geldpolitik, Anreizen für ausländische Investoren und staatlichen Investitionen in das Eisenbahnnetz und den sozialen Wohnungsbau will sie sich Wachstum förmlich erkaufen. Bislang scheint die Rechnung aufzugehen. Einige Frühindikatoren deuten auf einen Stimmungswandel: So verdienten chinesische Industrieunternehmen im Juli fast acht Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe stieg zudem drei Monate in Folge, bevor er zuletzt wieder etwas fiel. Und im zweiten Quartal wuchs die Wirtschaft überraschend um 7,5 Prozent. Für Holger Schmieding ist die befürchtete harte Landung der chinesischen Wirtschaft daher ausgeblieben. "Es gibt keinen Grund, sich Sorgen um China zu machen", meint der Chefvolkswirt der Berenberg Bank: "China hat die Möglichkeiten, mit jedem Schluckauf umzugehen." Selbst das schon unerreichbar geglaubte Wachstumsziel im Gesamtjahr rückt für manche in greifbare Nähe. "Der Regierung scheint es zu gelingen, das Wachstum auf die Marke von 7,5 Prozent zu beschleunigen", sagt HSBC-Experte Christian Heger. Auch am chinesischen Aktienmarkt regiert Optimismus. Seit Ende Juni hat der breite CSI-300-Index in Shanghai um rund zehn Prozent zugelegt. Das kommt China-Fonds zugute. Angezogen von der Rally flossen im Juli laut Deutscher Bank allein in Europa 377 Millionen Euro in ETFs auf chinesische Indizes. Jetzt haben viele Großanleger, die bisher China untergewichtet hatten, Angst, die Rally zu verpassen." Gerade der CSI 300 hat viel Potenzial. Bis 2009 lief er in etwa im Gleichklang mit dem Hongkonger Aktienindex. Seitdem hat er massiv underperformt.

Um wieder aufzuschließen, müsste er sich verdoppeln. Aufgrund der derzeit voranschreitenden Deregulierung (Shanghai-Hong Kong Stock Connect etc.) sollte die Lücke zumindest kleiner werden. Das die Aufholjagd des CSI 300 nicht über Nacht geschieht, ist klar. Es ist eine mittelfristige Wette. China sollte man nicht abschreiben. as/jk