€uro fondsxpress: Herr Siegel, trotz zahlreicher geopolitischer Risiken, Grexit-Sorgen und der quantitativen Lockerungspolitik der Notenbanken profitiert die vermeintliche Krisenanlage Gold bislang nicht. Was sind die Gründe?
Martin Siegel: Der Anstieg des Goldpreises auf 1900 Dollar war sicherlich überzogen, die daran anschließende Korrektur aber auch. Um fundierte Aussagen und Prognosen zu treffen, sollte man sich jedoch zunächst bewusst machen, dass Gold eine Währung ist und längere Zeiträume heranziehen. Auf Sicht von 15 Jahren hat sich der Goldpreis immerhin verfünffacht. Ursache dafür ist jedoch nicht eine Zunahme an politischen Spannungen, sondern in erster Linie der wachsende Vertrauensverlust in die Gesundheit des globalen Finanzsystems.

Weil die Staatschulden zu stark gestiegen sind?
Ja, insbesondere in den Industriestaaten. Die Staatsschuldenquote der USA beträgt 105 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, Griechenland bringt es bringt es mittlerweile auf über 171 Prozent, Japan auf über 200 Prozent. Wir beobachten zudem einen enormen Zuwachs bei Schattenhaushalten, also von Schulden, die in den normalen Haushalten gar nicht erfasst werden.

Die Notenbanken finanzieren die Staatsschulden?
Der Anteil von Staatsanleihen nimmt in ihren Bilanzen deutlich zu. Die Bank of Japan erwirbt fast alle neue aufgelegten Staatsanleihen der Regierung. Die Europäische Zentralbank kauft monatlich Zinspapiere in Höhe von 60 Milliarden Euro. Doch die quantitativen Lockerungsmaßnahmen schaffen keine echte, sondern nur eine scheinbare Stabilität. Das globale Finanzsystem ist weiterhin fragil, die Anfälligkeit für Krisen ist heute sogar höher als vor dem Zusammenbruch der Lehman-Bank im Jahr 2008.

Die Notenbanken haben ein Interesse an einem niedrigen Goldpreis?
Ja, das signalisiert den Marktteilnehmern, das sie die Entwicklungen unter Kontrolle haben und steuern können. Bewusste Manipulation des Goldpreises kann man ihnen sicherlich nicht unterstellen. Aber Notenbanken und Investmenthäuser ziehen nicht selten an einem Strang. Die Verkaufsempfehlung einer großen Bank beispielsweise kann den Goldpreis - wie von der Notenbank gewünscht - nach unten ziehen.

Warum ist die Inflation in der Eurozone, in den USA und in Japan trotz der Geldflut weiterhin niedrig?
Die Maßnahmen der Notenbanken wirken zunächst deflationär. Dank der niedrigen Zinsen können Unternehmen viel günstiger investieren. Das gibt ihnen die Möglichkeit, Waren und Dienstleistungen billiger anzubieten. Hinzu kommen derzeit der niedrige Ölpreis und günstige Importe aus den Schwellenländern. Doch das wird nicht die nächsten 50 Jahre so bleiben. Die Preisniveaus werden wieder steigen. Aufgrund der hohen Staatsverschuldung werden die Notenbanken jedoch die Zinsen nicht so stark erhöhen können, wie es eigentlich notwendig wäre, um inflationäre Tendenzen einzudämmen.

Auf Seite 2: Gibt es einen fairen Wert für Gold?





Gibt es einen fairen Wert für Gold?
Gemessen an Angebot und Nachfrage sehe ich den Gleichgewichtspreis aktuell bei rund 1600 Dollar pro Unze. Langfristig sind jedoch höhere Preise vorstellbar. Sollte ein "schwarzer Schwan" auftauchen, dann können die Notierungen auch sehr schnell nach oben gehen. Die Minen wären dann nicht in der Lage, die Produktion der Nachfrage sofort anzupassen.

Derzeit sinkt aber der Preis, selbst die Nachfrage nach Goldmünzen geht zurück. Der Münzproduzent US Mint jedenfalls verzeichnete im Mai den schwächsten Absatz des American Eagle seit acht Jahren.
Der jüngste Preisrutsch hängt sicherlich mit der Aussicht auf eine Einigung der Geberländer mit Griechenland zusammen. Die schwächere Nachfrage nach Goldmünzen bei US Mint hat damit aber nichts zu tun. Das sind marktübliche Schwankungen. Degussa beispielsweise meldet dagegen wieder steigende Absatzzahlen an Goldmünzen. Chinas Goldkonsum ist im ersten Quartal 2015 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um sieben Prozent zurückgegangen. Ein Grund sei der Bullenmarkt an der Börse, sagt der World Gold Council.

Würden Anleger bei einem möglichen Platzen einer Blase dann wieder verstärkt Gold kaufen?
Das glaube ich nicht. Das Geld wird an den Aktienmarkt in Shanghai und Shenzen verdient und dort auch wieder verbrannt.

Wie stark korrelieren Goldpreis und die Kurse von Goldminenaktien?
Grundsätzlich steigen die Kurse, wenn Gold anzieht. Doch auch die Energiepreise spielen eine wichtige Rolle. Steigen diese schneller als der Goldpreis, reagieren die Kurse nicht. Man muss sich auch die einzelnen Unternehmen genau ansehen. Manche Minen sind mit einem Goldpreis bei 1200 Dollar nicht überlebensfähig. In den USA ging vor Kurzem Allied Nevada Gold pleite. Andere können dagegen auch bei geringeren Notierungen noch gewinnbringend arbeiten.

Auf Seite 3: Warum schneidet der Stabilitas Pacific Gold + Metals deutlich besser als Konkurrenzprodukte?





Der von Ihnen gemanagte Stabilitas Pacific Gold + Metals bringt es seit Jahresanfang auf ein Plus von fast 47 Prozent ab. Warum schneidet der Fonds deutlich besser als Konkurrenzprodukte ab?
Der geografische Schwerpunkt des Fonds ist Australien. In Austral- Dollar ist der Goldpreis gestiegen. Davon haben die Minenwerte generell profitiert. Vor allem aber hatte ich Glück mit der Titelauswahl. Ich bin grundsätzlich in fundamental unterbewerteten Titeln engagiert. Gleich drei davon, die 2014 noch weitgehend ignoriert wurden, konnten sich seit Jahresbeginn mehr als verdoppeln. Evolution und Northern Star ist es dabei gelungen, durch günstige Minenzukäufe zur zweit- bzw. drittgrößten australischen Goldminengesellschaft aufzusteigen. Beide haben jetzt eine Größe, die auch für internationale Fonds attraktiv ist. Auch ein Listing in Kanada und die Aufnahme in entsprechend wichtige Indizes sorgen für Kursfantasie.

Wird der Fonds sich weiter so stark entwickeln?
So eine Outperformance lässt sich sicherlich nicht so schnell wiederholen. Dennoch versuche ich, den Abstand zur Konkurrenz mit der bewährten Strategie, auf fundamental unterbewertete Titel zu setzen, weiter auszubauen.