Ob in Lagos derzeit zehn oder schon 15 Millionen Menschen leben, weiß keiner so genau. Klar ist nur: Täglich werden es mehr, und Nigerias Metropole platzt schon jetzt aus allen Nähten. Die chaotischen Zustände drohen sich zu verschärfen, sollten die Behörden die Infrastruktur nicht massiv verbessern.

Dabei ist Lagos nur ein Beispiel unter vielen. Einen starken Anstieg der Bevölkerungszahl erwarten Experten auch in vielen anderen Städten und Staaten der Schwellenländer. Bis zum Jahr 2100 wird die Weltbevölkerung von derzeit rund sieben auf etwa zehn Milliarden Menschen zunehmen. Während die demografische Entwicklung die Regierungen vor enorme Herausforderung stellt, erkennt die Investmentbranche darin einen Megatrend, der Unternehmen und Anlegern hohe Gewinne verspricht. So dürften in den aufstrebenden Schwellenländern die Konsumausgaben für Kleidung, Körperpflege, Fahrzeuge oder Unterhaltungselektronik deutlich steigen.

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Von Biotech bis Harley

In Industriestaaten wie Japan oder Deutschland sinken dagegen die Geburtenraten, zugleich werden die Menschen immer älter. Auch dieser Prozess birgt in den Augen der Investmentgesellschaften große Chancen. Beim dritten €uro-Round-Table der €uro Advisor Services GmbH, einer Beteiligung des Finanzen Verlags, in dem €uro am Sonntag erscheint, stellten in München eine Reihe von Gesellschaften ihre jeweiligen Megatrend-Fonds vor. Aus dem demografischen Wandel leiten sie weitere, Umwelt, Menschen und die Wirtschaft maßgeblich beeinflussende Entwicklungen ab. Einig waren sich die Investmentprofis, dass sich Megatrends angesichts einer wohl noch lange anhaltenden Niedrigzinsphase in erster Linie über Aktien spielen lassen.

Der Schroder ISF Global Demographic Opportunities etwa investiert in ein konzentriertes Portfolio bestehend aus 40 bis 60 Aktien. Unter den Top-Ten-Positionen finden sich mit Genus und Sorin gleich zwei Unternehmen aus der Biotechbranche. Diese hat in den vergangenen Jahren zahlreiche medizinische Durchbrüche, insbesondere bei der Bekämpfung von Krebs erzielt. Der Innovationszyklus ist noch lange nicht zu Ende. Eine ganze Reihe von Biotechfirmen konzentriert sich verstärkt auf die Heilung seltener Krankheiten. Bislang wurden für rund 6000 dieser sogenannten Orphan Deseases gerade mal rund 200 Therapien entwickelt.

Zudem dürften Krankheiten wie Diabetes nicht nur in den Industriestaaten, sondern durch die Übernahme westlicher Lebensstile und Essgewohnheiten auch in den Schwellenländern zunehmen. "In 20 Jahren wird Insulin eines der wichtigsten Medikamente sein", glaubt Joachim Nareike, Leiter Publikumsfonds bei Schroders.

Auch der Motorradhersteller Harley- Davidson ist für das Fondsmanagement des Global Demographic ein Kauf. In den USA leisten sich nicht selten ältere, beruflich erfolgreiche Männer eine Harley, um so lang gehegte Träume von Freiheit zu realisieren.

Die Investmentgesellschaft Pictet hat weitere Megatrends identifiziert. Zum Beispiel die steigende Nachfrage nach Sicherheit. Nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch im World Wide Web. Pictet zufolge verdoppelt sich die Internetkriminalität jedes Jahr. Damit nehmen auch die IT-Sicherheitsanforderungen zum Schutz geistigen Eigentums und der Vertraulichkeit von Daten zu.

Vor allem aber stehen die Staaten vor der Herausforderung, die zunehmende Weltbevölkerung zu ernähren. Bis zum Jahr 2050 wird die landwirtschaftliche Nutzfläche auf der Erde nach Expertenschätzungen um etwa 670 000 Quadratkilometer abgenommen haben. Unternehmen, die Grundprodukte für die Landwirtschaft herstellen, wie Maschinen oder Saatgut, dürften sich künftig über steigende Auftragseingänge freuen. Pictet bietet den Anlegern die Möglichkeit, diese Megatrends, zu denen auch Wasser und saubere Energie zählen, in entsprechenden Themenfonds wie dem Pictet Water zu spielen. Investoren können sich aber auch im Pictet-Global Megatrend Selection engagieren. "Der Fonds deckt die jeweiligen Anlagesegmente der einzelnen Themenfonds ab", erklärt Walter Liebe von Pictet. Auf Sicht von fünf Jahren legte der Fonds um 136 Prozent zu.

Die Fondsgesellschaft RobecoSam sieht wiederum in der zunehmenden Substituierung von natürlichen Rohstoffen einen Megatrend. "Die Automobilindustrie verwendet immer mehr Aluminium statt Stahl", sagt Pieter Busscher, Manager des RobecoSam Smart Materials. Neben Unternehmen, die innovative Materialien herstellen, investiert er in Firmen, die in den Bereichen Recycling und Abfallentsorgung tätig sind. Der Fonds schaffte in den vergangenen fünf Jahren eine Wertsteigerung von 139 Prozent.