Herr Wögerbauer, im vergangenen Jahr stiegen zahlreiche Aktienmärkte auf neue Höchststände. Österreichs Leitindex verlor dagegen 14 Prozent Was hat die Talfahrt ausgelöst?
Der Russland-Ukraine-Konflikt hat die Kursentwicklung an der Wiener Börse stark belastet, obwohl mit der Raiffeisen Bank International (RBI) und der Immofinanz eigentlich nur zwei Unternehmen in den beiden Ländern stark engagiert sind. Die Titel sind jedoch Schwergewichte im ATX. Die Kursverluste von RBI und Immofinanz erzeugten ein negatives Sentiment gegenüber dem gesamten österreichischen Aktienmarkt. Auch Unternehmen, die einen guten Job machen, wurden von den Anlegern verkauft.

In diesem Jahr hat der ATX bislang über 21 Prozent zugelegt. Der Russland-Ukraine-Konflikt ist jedoch noch nicht gelöst. Warum steigen Investoren dennoch ein?
Zum einen ist die Sorge, der Konflikt könne eskalieren, geringer geworden. Vor allem aber hat RBI die Karten auf den Tisch gelegt und die nötigen Abschreibungen vorgenommen. Die späte, aber endlich aktive Kommunikation kommt bei den Investoren gut an. Die Banken sind jetzt berechenbarer, die Unsicherheit ist aus dem Markt.

RBI reduziert die Aktivitäten in Russland und der Ukraine, aus Polen und der Slowakei zieht sich die Bank ganz zurück. Ist Osteuropa kein Wachstumsmarkt mehr?
Die Euphorie für Osteuropa war eine einmalige Phase. Sie trieb den Aktienkurs von RBI auf 110 Euro, aktuell notiert die Aktie nur noch bei 15 Euro. Expansionspläne von Finanzinstituten in der Region kommen derzeit bei Investoren nicht an. Dagegen sind Risikoreduzierung und Solidität gefragt.

RBI rechnet auch in diesem Jahr mit einem Verlust. Ist die Aktie für Sie ein Kauf?
Ja. Der Verlust entsteht, weil RBI die Kosten der Restrukturierung in die Bilanz des laufenden Geschäftsjahres nimmt. Das macht Sinn. Im vergangenen Jahr hatte ich den Wert noch stark untergewichtet, inzwischen habe ich den Anteil deutlich erhöht. Die Aktie notiert immer noch erst bei gut dem halben Buchwert des Eigenkapitals.

Würde eine erneute Verschärfung der Russland-Ukraine-Krise den aktuellen Kursaufschwung in Wien wieder stoppen?
Kurzzeitig würde dies sicherlich Schwankungen auslösen. Doch inzwischen wissen die Anleger zu differenzieren. Nicht alle Werte würden dann in Sippenhaft genommen werden.

Geht die aktuelle Rally in Wien weiter?
Ich bin optimistisch. Viele Aktien von Qualitätsunternehmen sind immer noch sehr günstig bewertet, diese findet man nicht zuletzt in der Immobilienbranche. Eine ganze Reihe von Unternehmen notiert 20 Prozent oder mehr unter ihrem Net Asset Value. Das führende europäische Unternehmen Unibail, aber auch Wohnimmo-Aktien notieren dagegen um teilweise 40 Prozent oder mehr über dem Nettovermögenswert. Der erhebliche Abschlag ist auch der Grund, warum die Deutsche Wohnen in Österreich nach Akquisitionsmöglichkeiten sucht. Für eine Fortsetzung des Kursaufschwungs sprechen aber auch die allmähliche wirtschaftliche Erholung in Europa, der für Exportunternehmen günstige Eurokurs und der billige Ölpreis.

Auf Seite 2: Zusammenschluss von CS Immo und Immofinanz?



Die geplante Übernahme von Conwert durch die Deutsche Wohnen ist jedoch gescheitert. Stehen die Chancen für ein Zusammengehen der beiden österreichischen Unternehmen CS Immo und Immofinanz besser?
Die beiden Unternehmen wollen sich ja gegenseitig übernehmen, unklar ist aber, wer nach einer Fusion das Sagen haben soll. Die Kooperation würde durchaus Sinn machen, doch ich zweifle, ob es dazu kommt. Die Vorstände der beiden Unternehmen sind sich nicht gerade herzlich verbunden. Da ich beide Aktien für attraktiv halte, werde ich in den Titeln investiert bleiben.

In der Ölbranche zeichnet sich eine Konsolidierung ab. Ist auch die OMV ein Übernahmekandidat?
Gerüchte, das Gazprom interessiert sei, halten sich seit Jahren, daran glaube ich nicht. Die weitere Kursentwicklung hängt von der Strategie ab, die der künftige Vorstandsvorsitzende Rainer Seele kommunizieren wird. In den vergangenen Jahren wussten Anleger nicht, wohin die Reise geht. Mal wurde der Schwerpunkt auf den Ausbau des Tankstellennetzes in der Türkei gelegt, dann wurden die Pläne wieder verworfen. Unterm Strich haben Anleger in den vergangenen zehn Jahren mit OMV-Aktien keinen Mehrwert erzielt. Ich bin weiterhin skeptisch und habe den Titel untergewichtet, auch weil ich eine kräftige Erholung des Ölpreises unmittelbar nicht erwarte.

Ist es vorstellbar, dass die International Petroleum Investment Company aus Abu Dhabi, die 24,9 Prozent an OMV hält, sich zurückzieht?
Der Investmentfonds ist zu Recht enttäuscht. Auf dem aktuellen Kursniveau macht meiner Meinung nach ein Rückzug jedoch keinen Sinn.

Der von Ihnen gemanagte 3 Banken Österreich schlägt seit Jahren den ATX und lässt auch die Konkurrenz hinter sich. Sind Ihre Analysen besser?
Wir managen den Fonds sehr aktiv. Möglicherweise liegt es auch daran, dass wir den Mut haben, Überzeugungen umzusetzen - selbst wenn wir uns so meilenweit vom Index entfernen. Kleinere österreichische Unternehmen werden zudem nicht sehr intensiv von Analysten beobachtet. Da muss man sich selbst die Arbeit machen, um Chancen frühzeitig zu erkennen. Die Mühe aber lohnt sich.

Sie sind auch für den global anlegenden 3-Banken-Value-Aktienstrategie verantwortlich. Finden Sie denn nach den starken Kurszuwächsen noch unterbewertete Substanzwerte?
Es gibt immer noch genügend Aktien, die relativ zu anderen Titeln günstig bewertet sind. Im Fonds favorisieren wir derzeit Zuliefererunternehmen für die Energiebranche wie etwa Halliburton. Aber für Gilead Sciences sind wir optimistisch. Angesichts der Wachstumschancen sind die Bewertungen immer noch attraktiv.

Welcher Fonds schneidet in diesem Jahr besser ab, Österreich oder Value?
Ich denke der Österreich-Fonds wird am Ende vorne sein. Doch der heimische Markt ist sehr eng. Der Fonds eignet sich daher mehr als Beimischung. Mit dem internationalen Value-Fonds als Kerninvestment ergibt sich eine gute Kombination.

Auf Seite 3: Im Profil



Alois Wögerbauer

Alois Wögerbauer ist seit 1998 Geschäftsführer von 3 Banken-Generali. Die Linzer Investmentgesellschaft verwaltet Anlagegelder in Höhe von 8,7 Milliarden Euro. Wögerbauer ist zudem verantwortlich für den mit FondsNote 1 beurteilten 3-Banken-Österreich-Fonds (ISIN: AT0000662275) sowie den 3-Banken-Value-Aktienstrategie (AT0000VALUE6). Im Investmentgeschäft ist Wögerbauer seit über 25 Jahren tätig.