Noch immer hielten die Gutverdienenden die besseren Karten, hieß es auf Clintons Website unter der Überschrift "Neue Abenteuer. Die nächsten Kapitel". Die Bürger bräuchten einen Vorkämpfer - einen "Champion" - der für ihre Belange eintrete. Sie wolle dieser Champion sein. Die Abstimmung findet im November 2016 statt. Es dürfte die letzte Chance der 67-Jährigen sein, die erste Präsidentin der USA zu werden.

Clintons Ankündigung war erwartet worden. Bereits vor der Veröffentlichung des Videos bezogen ihre politischen Freunde und Feinde Stellung. Amtsinhaber Barack Obama erklärte am Samstag in Panama, seine Parteifreundin "wäre eine hervorragende Präsidentin". Der republikanische Bewerber Rand Paul kritisierte am Sonntagmorgen im Fernsehen ihre Arbeit als Außenministerin nach einem Anschlag auf eine US-Vertretung in Libyen vor drei Jahren. Der ehemalige Gouverneur von Florida Jeb Bush, der auch als Kandidat der Republikaner gehandelt wird, erklärte in einem eigenen Video, die Außenpolitik von Clinton und Obama habe "die Beziehungen zu unseren Verbündeten beschädigt und unsere Feinde angespornt".

In Deutschland begrüßte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Clintons Kandidatur. "Gerade in diesen turbulenten Zeiten ist es wichtig, dass wir an der Spitze der USA einen Partner haben, der sich nicht treiben lässt von ideologischer Zuspitzung", sagte er der Zeitung "Bild".

Für die Ehefrau von Ex-Präsident Bill Clinton ist es der zweite Anlauf auf den Chefsessel im Weißen Haus. Im Jahr 2008 verlor sie überraschend einen harten Vorwahlkampf der Demokraten gegen Obama. Dieser darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten.

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REUTERS/IPSOS-UMFRAGE: 60 PROZENT DER DEMOKRATEN FÜR CLINTON

Zwar muss sich Clinton auch dieses Mal die Kandidatur ihrer Partei erstreiten. Entsprechend kündigte sie in ihrem Video eine Reise nach Iowa an, einem der Bundesstaaten, in dem die ersten Vor- und Urwahlen der Demokraten abgehalten werden. Allerdings ist ihr Vorsprung gegenüber ihren Parteifreunden haushoch. Einer Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge kann sie auf die Unterstützung von mehr als 60 Prozent der Demokraten zählen. Abgeschlagen an zweiter Stelle liegt mit 18 Prozent die Senatorin Elizabeth Warren, die eine Kandidatur ohnehin ausgeschlossen hat. Andere Demokraten bewegen sich im einstelligen Prozentbereich.

Bei den Republikanern ist dagegen bislang kein klarer Favorit zu erkennen. Viele Hoffnungsträger der Partei haben ihre Kandidatur noch nicht einmal angekündigt. Experten zufolge könnte der republikanische Vorwahlkampf daher kräftezehrend und teuer werden. Clinton hat zudem den Vorteil, dass ihr Leben und Werk bereits mehrfach von ihren Rivalen und der Presse durchleuchtet wurden - während ihrer Zeit als First Lady, als Senatorin, bei ihrem ersten Präsidentschafts-Vorwahlkampf und als Außenministerin. Neue Enthüllungen werden nicht erwartet.

Erhebungen zeigen allerdings, dass Clinton politisch verwundbar bleibt. Als Außenministerin hatte sie ein privates E-Mail-Konto dienstlich genutzt statt die Computer der Regierung in Anspruch zu nehmen. Der Server soll zudem in Clintons Haus und damit nur unter ihrer Kontrolle gestanden haben. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, könnte ihr aber den Vorwurf der Geheimniskrämerei einbringen. Einer Umfrage der Quinnipiac University zufolge hat die E-Mail-Affäre ihr beim amerikanischen Volk Sympathien gekostet.

Reuters