"Die deutsche Wirtschaft brummt", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest am Donnerstag. Das Münchner Institut hob die Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes 2018 von 2,0 auf 2,6 Prozent an. Das wäre nicht nur mehr als im zu Ende gehenden Jahr mit erwarteten 2,3 Prozent, sondern bereits das neunte Wachstumsjahr in Folge. 2019 soll es zu 2,1 Prozent reichen. "Derzeit ist noch keine Überhitzung da, wir sind aber möglicherweise auf dem Weg dahin", sagte Fuest.

Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) sieht das ganz ähnlich: Es hob seine Vorhersage für 2018 von 2,2 auf 2,5 Prozent an. "Die deutsche Wirtschaft steht unter Volldampf", erklärten die Kieler Forscher. "Bei bereits deutlich über normal ausgelasteten Kapazitäten nähert sie sich damit in großen Schritten der Hochkonjunktur." Kennzeichnend für eine Hochkonjunktur sind neben einem starken Wachstum kräftig steigende Löhne und Preise. Letzteres droht, wenn Unternehmen ihre Produktion beispielsweise durch einen Fachkräftemangel nicht mehr ausweiten können, sondern ihren Umsatz stattdessen durch höhere Verkaufspreise ankurbeln. Noch ist das den Instituten zufolge nicht der Fall, doch steigt die Wahrscheinlichkeit.

"Ein Boom mag sich gut anfühlen, er trägt aber den Keim der Krise in sich", warnte der Leiter des IfW-Prognosezentrums, Stefan Kooths. "Je weiter die ökonomische Aktivität über das Normalmaß hinaus zulegt, desto größer werden die Risiken für eine Anpassungsrezession, durch die Geschäftsmodelle korrigiert werden, die nur im Boom funktionieren."

"VIELE BRANCHEN FLORIEREN"



Derzeit sehen die Experten den Aufschwung breit angelegt. "Schon länger treibt die deutliche Zunahme der Beschäftigung die privaten Einkommen, den Konsum und den Wohnungs­bau", sagte der Vizepräsident des Instituts für Wirtschaftsfor­schung Halle (IWH), Oliver Holtemöller. Letzterer erhalte Rückenwind von den sehr niedrigen Zinsen. Zudem profitierten die deutschen Exporteure von der unerwartet schwung­vollen Weltkonjunktur.

Durch den Boom entstehen den Ifo-Prognosen zufolge immer mehr Jobs. 2019 sollen 45,2 Millionen Frauen und Männer in Lohn und Brot stehen - so viele wie noch nie und 900.000 mehr als in diesem Jahr. Parallel dazu dürfte die Zahl der Arbeitslosen bis auf 2,2 Millionen sinken, was 300.000 weniger wären als 2017. "Viele Branchen florieren, vom Bau über die Industrie bis zum Handel", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Die Inflation dürfte schrittweise anziehen. 2019 soll die Teuerungsrate mit 2,2 Prozent erstmals seit Jahren über der Marke von zwei Prozent liegen, bis zu der die Europäische Zentralbank von stabilen Preisen spricht.

Der Aufschwung spült viel Geld in die Staatskassen. Für dieses Jahr erwartet das Ifo-Institut einen Überschuss im Staatshaushalt von 42,1 Milliarden, im kommenden Jahr von 50,6 Milliarden und 2019 sogar von 62,1 Milliarden Euro. Wegen der noch ausstehenden Regierungsbildung seien diese Schätzungen allerdings mit Unsicherheit behaftet. Ifo-Präsident Fuest rät dazu, mehr Geld in Bildung und Infrastruktur zu stecken sowie untere und mittlere Einkommen zu entlasten.

rtr