von Martin Blümel

EZB-Präsident Mario Draghi steht unter Druck. Am Donnerstag tagen die Herren der Europäischen Zentralbank. Dass er dann in Sachen Geldpolitik nachlegen wird, das gilt als ausgemachte Sache. Daher der Druck. Auf Draghi. Aber auch auf die Anleger. Denn wenn Draghi den hohen Erwartungen gerecht wird, weil er an den richtigen Stellschrauben dreht, dann könnte der DAX Schwung bekommen und vielleicht sogar die Marke von 10_000 Punkten überwinden.

Doch wenn ihm dies nicht gelingt, dann könnte es laufen wie im Dezember. Damals hatte Draghi die Erwartungen enttäuscht und für einen Kurssturz gesorgt.

Konsens ist, dass er handeln muss. Denn die Inflation - oder besser: die Gefahr einer Deflation - hat er bislang nicht in den Griff bekommen. Im Gegenteil. Nach den neuesten Daten sind die Preise sogar wieder gefallen - das erste Mal seit einem halben Jahr. Die Inflationsrate ging im Februar auf minus 0,2 Prozent zurück, was vor allem dem massiven Verfall des Ölpreises geschuldet ist - auch wenn der sich mittlerweile erholt hat. Von dem EZB-Ziel, die Teuerungsrate bei etwa 2,0 Prozent einzupendeln, ist man so jedenfalls weit entfernt. "Der EZB-Rat ist fähig, entschlossen und willens zu handeln", hatte Draghi ja Anfang des Jahres betont. Man werde den geldpolitischen Kurs bis März überdenken. "Wenn wir den Willen haben, unser Ziel zu erreichen, dann haben wir auch die Mittel dazu", so der Notenbanker.

Doch was will er tatsächlich noch tun? Der Mittel sind ja nicht mehr so viele. Der Leitzins liegt ja schon seit September 2014 bei praktisch null. Und auch der Zins für Einlagen bei der Notenbank steht schon bei minus 0,3 Prozent. Banken, die Geld bei der EZB parken, zahlen also eine Strafe. Denn die sollen nach dem Willen der Notenbanker schließlich das Gegenteil tun und mehr Kredite an Verbraucher und Unternehmen vergeben. Tatsächlich könnte man diesen Strafzins also noch verschärfen, etwa auf minus 0,5 Prozent. Aber ob das die Geschäftsbanken tatsächlich vom Parken abhält?

Die EZB könnte zudem ihre Anleihenkäufe ausweiten. Seit Anfang 2015 kauft sie im großen Stil Staatspapiere der Euroländer und andere Wertpapiere. 60 Milliarden Euro pro Monat. Eine Menge Holz! Das Volumen dieser Ankäufe noch weiter zu erhöhen wäre eine Option. Eine andere, das Programm zu verlängern. Doch ob das auch hilft? Kritiker der EZB-Politik gibt es genug. Auch in den eigenen Reihen, man denke etwa an Bundesbank-Präsident Jens Weidmann.

Problematisch ist das Vorgehen der EZB ja auch deshalb, weil die Bemühungen jederzeit von außen torpediert werden können. Etwa durch eine weitere aggressive Abwertung der chinesischen Währung. Und die ist gar nicht mal so unwahrscheinlich. Denn nach den neuesten Zahlen sind die chinesischen Exporte erneut eingebrochen: um 20 Prozent. Auch die Importe sanken um einen zweistelligen Prozentwert. Peking schmeckt das gar nicht und gibt daher für 2016 kein Wachstumsziel für den Außenhandel mehr bekannt! Gleichzeitig wird man nicht müde zu betonen, dass man ja inzwischen auch andere Ziele habe, man will ja nicht mehr allein "Werkbank der Welt" sein, sondern durch stärkeren Binnenkonsum wachsen. Nur wie soll das gehen, wenn die Schwäche im Außenhandel immer mehr Jobs kostet? Die Lage ist also nicht leichter geworden. Umso mehr darf man gespannt sein, wie die Börse auf den EZB-Entscheid reagiert.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com