von Klaus Buhl

Liebe Leserinnen und Leser,

Nach den vergangenen beiden sehr ruhigen Handelswochen reiht sich in dieser Woche ein spannender Termin an den anderen. Wie gehabt reagieren die Indizes bisher sehr gelassen und ohne größeren Verkaufsdruck. Egal ob die westlichen Industrieländer die Handelssanktionen gegenüber Rußland verschärfen, die FED trotz einiger Hoffnungen bei ihrem bisher eingeschlagenen Kurs des "Tapering" bleibt, oder die Schotten über die Abspaltung von Großbritannien abstimmen. Auch die Ausbreitung der Ebola- Epidemie scheint nicht zu interessieren, obwohl vor wenigen Jahren noch jeder kranke Vogel in Asien ("Vogelgrippe") ein mittleres Beben an den Märkten auslöste. Auch der größte Börsengang der Geschichte, der am Ende dieser Woche etwa 25 Milliarden US-Dollar an Liquidität aufsaugen und das Angebot an Aktien vergrößern wird, ist kein Thema.

Die Märkte bleiben bisher erstaunlich gelassen und die Verkäufer versuchen nicht einmal ihre Chance zu wahren. Dies muss man nüchtern als ein Zeichen der Stärke des Bullenlagers werten - obwohl natürlich nicht alles Gold ist, was glänzt. Gar nicht so recht in die Jubelstimmung des Bullenlagers könnte zum Beispiel die Meldung passen, dass George Soros eine milliardenschwere Position an Put-Optionen aufgebaut hat. Natürlich muss der fast schon legendäre Investor nicht automatisch immer Recht haben, aber wir sollten davon ausgehen, dass er sehr gute Argumente hat. Denn bisher gehörten derartige Instrumente zur bloßen Absicherung nicht zu seinen Angewohnheiten.

Neben den steigenden Zinsen für zehnjährige US-Treasuries, die schon mehrfach in der jüngeren Vergangenheit für Irritationen gesorgt haben, wird jüngst auch "unser DAX" international kritisch von Analysten beobachtet. In der Tat hat es in diesem Index, der vor allem nachgefragt wird wenn sich die Anleger wenig auf die Risiken konzentrieren, ordentlich "hineingeregnet".

Konkret wird auf das sich im DAX gebildete so genanntes "Todeskreuz" hingewiesen. Darunter versteht man ein überkreuzen der schnellen 50- Tage-Linie von oben über die wichtige 200-Tage-Linie.

Obwohl es natürlich immer wieder Fehlsignale gibt, hat das "Todeskreuz" einige sehr gute Signale gegeben. Das Problem ist aber aus heutiger Sicht, dass viele Signale, die vor Ausbruch der Finanzkrise 2008 funktioniert haben, heute ganz einfach überschätzt werden. Wer sich die Mühe macht und die entsprechenden Fehlsignale über einen sehr langen Zeitraum zurücktestet, wird wahrscheinlich eine unbefriedigende Trefferquote von etwa 50 % feststellen.

Auf Seite 2: Kein Grund zur Sorge

Kein Grund zur Sorge

Auch aus einem anderen Grund mache ich mir aktuell keine besonderen Sorgen um den übergeordneten Trend. Und zwar nicht aus Leichtsinnigkeit, sondern ganz einfach weil der von mir favorisierte P & F Chart des DAX "bullish" ist.

Speziell der P & F Chart, der bekanntlich keine Zeitachse hat und sich daher auf das Ergebnis des Kampfes von Angebot und Nachfrage konzentriert, zeigt den aktuellen "Punch" der Bullen sehr gut. Bitte beachten Sie jedoch zunächst die sich im Juni (Ziffer 6) gebildete negative Widerstandsgerade. An dieser prallte der DAX mehrfach ab, um sich dann blitzschnell in Richtung 9.000 Punkte zu verabschieden. Dort jedoch bildete sich eine neue Unterstützungsgerade und eine sehr dynamische positive X-Achse, die Ihnen zeigt, dass der Markt mindestens temporär vom Angebot gelenkt wird.

Vor wenigen Tagen und nach einer kurzen Ruhepause, die Sie als 0-Achse sehen, haben die Käufer nicht nur ein neues Kaufsignal gebildet, sondern auch die negative Widerstandsgerade geknackt. Natürlich liegen noch die vielbeachteten Widerstände bei etwa 9.800 Punkten vor uns. Interessanterweise sehen diese aber im P & F Chart weniger Furcht einflößend aus und typischerweise scheinen dafür ganz andere Kursregionen sehr wichtig zu sein. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass wir ohne weiteres und im ersten Anlauf die alten Hochs knacken werden, aber trotzdem ist das Kursziel der P & F Technik klar zu erkennen.

Immerhin zeigt das meist sehr zuverlässige Projektionsziel auf die Gegend von 10.500 Punkten. Auch wenn mit dem bisherigen zyklischen Hoch starke Widerstände vor uns liegen, und natürlich erst einmal der lang anhaltende Seitwärtstrend überwunden werden muss, würde ich mir dieses Kursziel für das Ende des Jahres vormerken.

Auf Seite 3: Der innere Markt deutet ebenfalls auf das Bullenlager

Der innere Markt deutet ebenfalls auf das Bullenlager

Auch der innere Markt, der die äußeren Indizes lenkt, deutet zumindest kurzfristig auf die Seite der Käufer. Abgebildet sehen Sie hier den wichtigen 50 Tage Indikator. Dieser zeigt Ihnen systematisch, wieviel Prozent der in New York gehandelten Titel oberhalb ihrer wichtigen 50- Tage-Linie handeln. In den vergangenen Wochen hat sich dieser Indikator deutlich abgekühlt und ist zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand des Jahres in der unteren extremen Zone gefallen. Dort jedoch hat er typischerweise wieder an dem Zeitpunkt nach oben gedreht, als sich die negativen Kommentare in den Medien verstärkten und eine deutliche Korrektur schon fast Konsens war. Plötzlich schafften wieder vermehrt Aktien den Sprung über die wichtige 50-Tage-Linie und eine positive X-Achse schnellte nach oben, die Ihnen veranschaulicht, dass sich die Anzahl der Titel kontinuierlich vergrößert, die oberhalb der Durchschnittslinie handeln. Dies ist insofern wichtig, als immer mehr Titel von ihrer wichtigsten Unterstützung gehalten werden und nach oben streben. Ein scharfes Abrutschen des gesamten Marktes ist in dieser Konstellation eher unwahrscheinlich.

Als Reaktion auf die dynamische X-Achse bildete sich eine ebenfalls recht lange negative O-Achse. Diese war aber nicht in der Lage, ein erneutes Verkaufssignal auszubilden, das Niveau der vorhergehenden zu unterschreiten. Daher gehe ich davon aus, dass sich die Marktkräfte nun langsam auspendeln und der Indikator weiter nach oben zieht. So war es übrigens auch im bisherigen Verlauf des Jahres, als jeder Zeitpunkt des Indikators in der unteren extremen Zone eine gute Einstiegsgelegenheit darstellte.

Nur zur Erinnerung: Der kurzfristige Risikoindikator des inneren Marktes zeigt Ihnen, wieviel Prozent der Titel an der NYSE oberhalb ihrer 50-Tage-Linie handeln. Damit wird grundsätzlich die Marktbreite verdeutlicht und überprüft, ob viele oder nur wenige hochkapitalisierte Titel eine Bewegung mittragen. Oberhalb von 70 % beginnt die obere extreme Zone, die einen überhitzten Marktzustand feststellt.

Vergleichen Sie das Pendeln der Märkte und Risikozustände doch einfach mal mit dem Bau eines Turmes aus Holzklötzen. Die ersten Etagen Ihres Turms lassen sich wunderbar stapeln. Doch dann wird es immer schwieriger, der Turm beginnt zu schwanken und irgendwann fällt er unweigerlich in sich zusammen. Genauso verhält es sich mit Trends an den Märkten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Trend erhalten bleibt, ist größer als ein Trendwechsel. Doch eines Tages nehmen die frühen Investoren ihre Gewinne mit und der Trend kippt - obwohl man dafür keinen sinnvollen Grund erkennt.

Der hier gezeigte 50-Tage-Indikator ist also nichts weiter als ein Instrument, dass Ihnen aus einer völlig anderen Perspektive zeigt, wo Sie heute mit Ihren Positionen in den Märkten stehen.

Bitte beachten Sie auch mein Gratis E-Book zur Philosophie der P & F Charts und des inneren Marktes.

Nun aber wünsche ich Ihnen viel Glück mit Ihren Engagements und herzliche Grüße aus Bonn,

Ihr Klaus Buhl

Klaus Buhl, Geschäftsführer der Libra Invest GmbH (www.libra-invest.de), bekennender Anhänger von Point and Figure Charts und der Philosophie des "inneren Marktes".