von Martin Blümel

Man kann es nicht oft genug sagen: Für Aktionäre war das ein richtig mieser Jahresauftakt. In der Börsengeschichte Europas gab es in den zurückliegenden 30 Jahren nur zwei Jahre, in denen es noch schlimmer losging: 1988 und 2008. Das gibt zu denken. Und es waren in diesem Jahr ja nicht nur einzelne Branchen betroffen. Nein, sämtliche Werte standen unter Druck. Und die Volatilität war extrem hoch. Dazu Kapriolen an den Währungsmärkten, vor allem mit dem Yen wurde und wird viel spekuliert, ebenso mit dem Ölpreis. Nervosität allerorten.

Doch trotz des miesen Starts und der extremen Schwankungen, kam es noch zu keiner echten Kapitulation an den Märkten! Eine richtige Verkaufspanik mit einem extrem Abverkauf - wie etwa am 24. August 2015 - gab es bisher nicht.

Und dies macht es gerade etwas schwer, die jüngsten Kurserholungen einzuschätzen: Sind wir schon wieder auf dem Weg Richtung 10 000 Punkte? War es das mit der Korrektur? Oder kommt er noch, der "echte" Crash? Man will ja schließlich günstig zugreifen. Gleichzeitig ist da aber auch die Angst, der Börsenzug könne davonrauschen und man bliebe dann als Zuschauer zurück.

Was also tun? Am besten das, was wir in den vergangenen Wochen an dieser Stelle immer wieder empfohlen haben: Nutzen Sie das gedrückte Preisniveau, um sich strategisch zu positionieren. Nicht alles auf einmal, Schritt für Schritt, Position um Position, und immer schön auch etwas in der "Kriegskasse" belassen.

Es scheint eine gute Zeit, um auf Schnäppchenjagd zu gehen. Etliche deutsche Aktien notieren in der Nähe Ihres Buchwerts (siehe Titelgeschichte in der zurückliegenden Ausgabe der BÖRSE ONLINE), andere sind aus technischen und gleichzeitig fundamentalen Gründen interessant (siehe aktuelle Titelgeschichte). Langfristig sollten sich diese antizyklischen Investments, die jetzt gemacht werden, bezahlt machen. Aber natürlich sind dafür gute Nerven gefragt. Denn auf kurze Sicht dürften die Märkte herausfordernd bleiben. Zu viele Unruheherde stören derzeit. Die Zinspolitik weltweit, Chinas Wirtschaft, politische Krisen in Nahost und Osteuropa, dazu ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der EU. Da sind immer wieder Kursabschläge möglich.

Dennoch erscheint Europa als Anlageregion erste Wahl. Gerade im Vergleich zu den USA oder den asiatischen Börsen. Die aktuellen Einkaufsmanagerindizes signalisieren ein mögliches Wachstum von bis zu zwei Prozent im Gesamtjahr. An der Unterstützung durch die EZB wird sich ja auch zunächst nichts ändern. Das macht Notenbank-Chef Mario Draghi bei jeder Gelegenheit immer wieder deutlich. Und insbesondere Deutschland sollte profitieren. Man exportiert wesentlich mehr in andere europäische Länder als in irgendein Schwellenland, und sollte sich das Wirtschaftswachstum in der Eurozone beschleunigen, dürfte das nur positiv sein.

Da Europas Märkte allerdings kein Eigenleben führen, sondern natürlich vom Auf und Ab der Wall Street mit bewegt werden, ist ein Blick in die USA unbedingt notwendig. Doch auch hier erscheinen die Störfaktoren derzeit relativ kontrollierbar. Die Gefahren einer Rezession, die immer wieder beschworen werden, sind auch weiterhin minimal. Keiner der wichtigsten Wirtschafts- und Finanzindikatoren gibt eine solche Prognose derzeit her. Bleiben wir also zuversichtlich. Vorsichtig zuversichtlich.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com