Es läuft. An der Börse in Frankfurt, in London, in New York. Weltweit. Und so richtig stoppen kann diese Börsenrally bislang nichts. Auch nicht die US-Notenbank Fed. Die ist nämlich immer noch zahm. Gut, zuletzt hat sie die Zinsen erhöht. Aber seien wir mal ehrlich: Das ist doch lediglich ein Zinswendchen. Mag ja sein, dass die Fed für 2017 statt zwei jetzt drei weitere Zinssteigerungen einplant. Aber mit Verlaub: Das ist doch nichts, was Aktionäre schrecken sollte.

Anfang des laufenden Jahres - wir erinnern uns - war noch von vier Zinsschritten allein 2016 die Rede. Viel Lärm um nichts, wie man jetzt weiß. Und dies lässt einen dann auch daran zweifeln, dass die jetzt angekündigten Maßnahmen im Jahr 2017 auch tatsächlich umgesetzt werden. Notenbankpolitik ist eben eine Politik des gesprochenen Wortes. Märkte werden mal rauf-, mal runtergeredet, je nachdem, ob Erwartungen gekühlt oder befeuert werden müssen.

Denn eines weiß die Fed ja auch: Grundsätzlich ist die Wirtschaftswelt mit vielen Risiken konfrontiert. Da muss man als Topnotenbank des Planeten vorsichtig sein. Wie heißt es so schön: Zinsschritte werden auch weiterhin "data dependent" sein, konjunkturabhängig.

Es bleibt also immer noch bei der zweigeteilten Finanz- respektive Notenbankwelt. Während die Fed nun den - wenn auch sehr vorsichtigen - Zinserhöhungsmodus eingeschaltet hat, sind die Kollegen von der Europäischen Zentralbank EZB diesseits des Atlantiks immer noch mit dem Gegenteil beschäftigt.

Dies hat ja auch seine Gründe: Die im Vergleich zu den Vereinigten Staaten insgesamt immer noch schwache konjunkturelle Verfassung sowie die politischen Risiken - man denke an Italien, an den Brexit, an die kommenden Wahlen - geben der EZB einfach keinerlei Handlungsspielraum. Bislang. Die Geldpolitik wird weiter auf unbestimmte Zeit sehr locker bleiben. Ob das nun gefällt oder nicht.

Dieses Auseinanderdriften in der weltweiten Zinspolitik sieht man gut am Anleihemarkt. So ist von einem Gleichlauf der Renditen zehnjähriger US-Papiere und der Umlaufrendite deutscher Staatsanleihen längst nichts mehr zu sehen. Das Auseinanderdriften begann 2013 langsam, jetzt hat es sich deutlich verstärkt. Zudem spiegelt der Euro die Entwicklung wider. Die europäische Gemeinschaftswährung wird gegenüber dem Dollar immer schwächer. Bis zur Parität ist es nicht mehr weit.

Dass dies nicht nur negative Seiten hat, ist auch klar - europäische Unternehmen mit starkem Exportgeschäft profitieren natürlich vom schwachen Euro. Gut also für die Börsen in Frankfurt, Paris, Madrid, Mailand. Zuletzt hat sich ja auch die Stimmung etwas gebessert. Zumindest in Deutschland. In der aktuellen Umfrage des Münchner Ifo-Instituts jedenfalls beurteilen die deutschen Unternehmens-chefs das Geschäftsklima so positiv wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Das ist Rückenwind für die Börsen. Für die in Europa. Und sogar für die Wall Street, die sich vom starken Dollar noch nicht die gute Laune verderben lässt, obwohl das ja ein kritischer Faktor für die US-Unternehmen ist. "This rally has legs", sagt man dort. Frei übersetzt: Da ist noch viel Luft nach oben. Die Jahresendrally läuft jedenfalls weiter. Der DAX ist allerdings gerade an einem Widerstand angelangt. 11 500 und 11 600 Punkte dürften etwas höhere Hürden sein. Werden die aber überwunden, geht es wohl zügig Richtung Allzeithoch.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com