In der Tat, 80 Prozent der Geldinstitute haben den "Banken-TÜV" bestanden, die soften Durchfaller haben in der Zwischenzeit ihre Eigenkapitalausstattung repariert und selbst für die harten Durchfaller zeichnet sich die Vergabe der TÜV-Plakette ab. Denn die Beibringung des noch fehlenden Eigenkapitals stellt angesichts der historisch niedrigen Leitzinsen, einer üppigen Liquiditätsversorgung und mit Blick auf einen völlig unterausgelasteten Euro-Rettungsschirm nur den Aufwand einer Lackausbesserung dar.

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Die Banken haben den TÜV-Test nicht bestanden, bestenfalls die Abgasuntersuchung

Aber war der Stresstest wirklich stressig genug? Nein, die EZB hat sich bei der Bankenprüfung für ein softes Schockszenario entschieden. Dieses ging u.a. von einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung von gut zwei Prozent über zwei Jahre und einem Einbruch der Immobilien- und Aktienmärkte von 20 Prozent aus. Nach der Lehman-Pleite fiel jedoch die gesamte Eurozone mit minus 4,5 Prozent deutlich drastischer in die Rezession. Und wenn am Tag X alle zeitgleich durch die gleiche Ausgangstür wollen, kommt es nicht nur zu einer kräftigen Konsolidierung beider Anlageklassen. So fiel der DAX nach Lehman 40 Prozent. Auch heute würde ein derartiger Unsicherheitsschock auch noch die letzte positive Konjunkturstimmung tilgen wie Unkrautvernichtungsmittel Moos im Vorgarten. Dann gerieten ganze Berge an Krediten in Schieflage. Wenn bei der Hälfte der stressgetesteten Banken auch nur fünf Prozent der Kredite ausfallen, sind sie ohne Eigenkapitalauffrischung pleite. Und welche fehlerfrei bis drei zählen könnende, stabile Bank gibt einer solchen, aus dem letzten Loch pfeifenden Bank dann noch Geld? Lebensmüde ist niemand. Am Ende würden die Banken doch wieder nach alter Väter Sitte mit dem Geld der Steuerzahler gerettet werden müssen.

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Operative Ertragskraft der Euro-Banken: Schwach, schwächer, am schwächsten

Leider schafft es die Mehrzahl der eurozonalen Kreditinstitute nicht, ausreichend stabiles Eigenkapital mit eigenen Bordmitteln aufzubauen. Kein Wunder, denn der finanz- und realwirtschaftliche Boden in der Eurozone ist aufgrund der hohen Verschuldung im privaten und öffentlichen Sektor, der zu geringen Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Euro-Volkswirtschaften und der schon heute bis Oberkante Unterlippe vorhandenen faulen Kredite wenig ertragreich. Schwache Erträge bedeuten geringe Eigenkapitalbildung, geringes Eigenkapital bedeutet schwaches Kreditwachstum, zu wenig Kreditvergabe führt zu geringem Wirtschaftswachstum und schwaches Wachstum schafft wiederum keine ausreichenden Bankgewinne. Ein Teufelskreis.

Jetzt wird klar, warum der Bankenstresstest der EZB nicht unter wirklich harten Bedingungen durchgeführt wurde. Man wollte die aufgehübschten Kulissen der Potemkinschen Bank-Dörfer nicht gefährden. Der softe Bankenstresstest war eine Marketing-Aktion mit eingebauter Erfolgsgarantie: Alles ist gut.

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Der Dreck muss weg: Die EZB als Meister Proper bei der Bilanzbereinigung

Wenn aber alle Stricke reißen - und für die meisten Banken in der Eurozone sind sie definitiv nicht reißfest - bleibt nur die EZB. Sie war, ist und bleibt die Sorgenpause für die Stabilität der eurozonalen Kreditwirtschaft. Vor kurzem hat sie begonnen, den Banken Kredite abzukaufen. Die Banken werden diese also endgültig los wie alte Kleidung, die man in die Spendenbox wirft. Und das ist erste der Anfang: Angesichts von über 800 Mrd. faulen, Eigenkapital fressenden Krediten in den Bilanzen der Euro-Banken hat die EZB viel vor sich. Ist es nicht faszinierend, dass die EZB, die sich früher brüstete, die tugendhafteste aller großen Notenbanken zu sein, jetzt auch in den Niederungen der geldpolitischen Realität angekommen ist und die gleichen Aufkauf-Sünden wie Fed, Bank of Japan und Bank of England an den Tag legt? Übrigens, ab 4.11. liegen Liquiditätsproblemerkennung und Liquiditätsproblembeseitigung in Personalunion bei der EZB, die dann Oberaufseher über die Euro-Banken ist. Dann sitzen die Euro-Banken so sicher wie in Abrahams Schoß.

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Gehören Euro-Banken wieder in das Depot?

Immerhin, keine systemrelevante Bank in der Eurozone kann dann mehr umfallen. Sind damit die Euro-Banken also anlagetechnisch wieder in? Wenn der Durchschnitt der eurozonalen Banken auf die EZB als Rollator angewiesen ist, wenn die Politiker Banken auch aus wahltaktischen Gründen weiter regulieren, wenn Strafzahlungen der Banken noch nicht final abzusehen sind und wenn die Erträge der Banken gegenüber der angelsächsischen Konkurrenz viel zu niedrig ausfallen, sind Euro-Banken außerhalb von Trading-Chancen strategisch weniger interessant, weil auch schwer einzuschätzen. Was der Bauer nicht kennt, frisst er eben nicht.

Da gibt es ganz andere Branchen, die klarer, transparenter, also anfassbar sind. Konjunktursensitiven Branchen profitieren übrigens sehr von der EZB, nämlich von den zins- und liquiditätspolitisch günstig und üppig finanzierten, staatlichen Konjunkturprogrammen der Euro-Länder.

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.