von Klaus Buhl

Liebe Anlegerinnen und Anleger,

für die meisten Konsumenten der Alltagsmedien ist heute der "D-Day" für Großbritannien oder sogar für das gesamte Europa. Und dabei scheinen sich die Marktteilnehmer schon längst darauf verständigt zu haben, dass die Engländer morgen "Nein" sagen werden zum Brexit. Ganz ähnlich wie dies bereits seit Tagen auch die Quoten der Buchmacher mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 75 % vorhersagen. Aber genau die heute an den Tag gelegte Gelassenheit kann natürlich schon am Freitag sehr gefährlich für uns Anleger werden. Zumindest kurzfristig - denn langfristig betrachtet erwarte ich gute Kaufgelegenheiten.

Bestimmt ist es kein Zufall, dass in den vergangenen zwei Jahren größere Kursrückschläge immer relativ schnell von den hart gesottenen Investoren "gekauft" wurden.

Englische Aktien ganz cool



Da aber eine Grafik mehr sagt als viele Worte, will ich Ihnen heute einen Chart des englischen Aktienindex FTSE 100 zeigen. Denn auch dieser zeigt keine besondere Panik der Anleger. FTSE ist übrigens die Abkürzung für Financial Times Stock Exchange und zeigt die Entwicklung der wichtigsten 100 britischen Aktiengesellschaften. (gemessen an Größe und Umsatz)



Recht gut zeigt Ihnen der gelassene P & F Chart die Übertreibungsphase von Anfang Februar (Ziffer 2), die das Kursbarometer bis 5.500 Punkte hinunter drückte. Recht schnell wurde dieses tiefe Niveau von den Anlegern als Übertreibung angesehen und ausgelöst durch die frühen Investoren bildete sich eine Bodenbildung bei 5.650 Punkten. Begleitet wurde diese von einer positiven Unterstützungsgeraden. Größerer Widerstand zeigte sich erst bei 6.000 Punkten. Bei 6.050 bildete sich dafür im März (Ziffer 3) ein doppeltes Kaufsignal. Dort übersprang die aktuelle X -Spalte die vorhergehende und schob sich außerdem über die vorherrschende negative Widerstandsgerade. Dies bedeutet, dass die Kraft der Nachfrage auf diesem Niveau höher war als zuvor im Januar. Erst bei etwa 6.450 verringerte sich das Kaufinteresse deutlich und bestätigte das dortige Wider-standsniveau. Im Anschluss geriet der Index seit Juni wieder unter Verkaufsdruck. Bei 6.100 wurde ein Verkaufssignal ausgelöst, als sich die 0-Spalte unter die vorhergehende schob. Doch wie durch Zauberhand verstärkte sich exakt auf der positiven Unterstützungsgerade die Nachfrage und es bildete sich eine erneute positive X-Säule. Richtig spannend wird es aber erst, falls der Index sich weiterhin nach Norden bewegt und am altbekannten Widerstand bei 6.450 anklopft. Dort muss dann die Entscheidung fallen, ob die Bullen den Widerstand knacken wollen, sich mit einer Fortsetzung des Seitwärtstrends begnügen, oder gar die Bären die Unterstützung bei 5.500 attackieren werden.

Per Saldo notiert der wichtigste englische Aktienindex also seit dem vergangenen Herbst seitwärts - trotz der von den Medien geschürten Panik rund um die Befragung über den Verbleib in der EU. Übrigens kann man auf diesem P & F Chart nicht sehen, dass sich Anfang Mai ein wichtiges Kaufsignal gebildet hat, als sich die von Fondsmanagern viel beachtete 50- Tage-Linie von unten über die 200- Tage- Linie schob. Besonders viel verpasst man aktuell meiner Meinung nach nicht, wenn man sein Geld abseits der Insel investiert. Dies ist natürlich eine Bestandsaufnahme und keine windige Prognose, die eintreten kann oder auch nicht.

Auch wenn diese Aussage für Sie vielleicht unbefriedigend klingt, ist sie dies meiner Meinung nach nicht. Denn Marktprognosen sind bekanntlich ein schwieriges und unsicheres Geschäft, auf das Sie sich lieber nicht verlassen sollten. Viel wichtiger sind da schon die Wahrscheinlichkeiten der P & F Charts und des inneren Marktes, auf die ich mich bevorzugt verlasse.

Transportaktien überzeugen nicht



Regelmäßig beleuchte ich hier die wichtigen US- Transportaktien. Bekanntlich zählen diese wegen ihrer Verknüpfung quer über die verschiedenen Beschaffungs- und Vertriebswege und Produktionsstadien zu den zuverlässigsten Konjunkturindikatoren an der Börse. In guten Börsenphasen sollen diese die zyklischen Hochs im Dow Jones der Industrieaktien bestätigen - und umgekehrt in Zeiten, in denen die Kurse vom Angebot gelenkt werden. Als Warnsignal hat der Transportsektor z. B. recht gut erst im Frühjahr und dann im Herbst 2015 funktioniert. Im Augenblick sind wir davon aber meilenweit entfernt. Fairerweise muss man sagen, dass die Transportaktien möglicherweise aktuell in einer übergeordneten Bodenbildungsphase festklemmen, diese aber demnächst bei 7.400 Punkten vollenden könnten. Leider sprechen einige wichtige Punkte heute gegen ein positives Szenario und deuten eher auf das Lager der Verkäufer. Charttechnisch betrachtet besteht die Gefahr, dass die heutige deutliche Erholung der internationalen Konjunktur bereits in den Kursen enthalten ist und der Markt schon wieder nach vorne schaut - auf eine leichte Abkühlung oder Stagnation der Wirtschaft.



Besonders negativ ist die nach wie vor fallende wichtige 200- Tage- Linie. Entsprechend diesem Marktdurchschnitt sind heutige Neuinvestitionen entgegen einem intakten Abwärtstrend gerichtet. Dazu kommt, dass der Kurs des Sektors heute praktisch genau am Widerstand bestehend aus 50- und 200-Tage-Linie festklemmt. (Insofern erinnert das Chartbild ein wenig an unseren DAX).

Am wenigsten gefallen mir aber die aktuellen deutlichen Divergenzen in der Markttechnik, vor allem im MACD. Diese habe ich Ihnen unten im Histogramm des MACD markiert, da sie ein sehr zuverlässiges Warnsignal für eine bevorstehende Konsolidierung oder gar Korrektur sind. Natürlich sind diese Divergenzen kein "todsicheres" Signal mit einer Trefferquote von 100 %. Etwas derartiges werden Sie an der Börse natürlich niemals finden. Aber die Zuverlässigkeit ist ungewöhnlich groß und daher sollten Sie die Transportaktien und etwaige Divergenzen gut beachten. Vor allem jetzt, wo die US-Börsen an Dynamik verlieren und bislang dabei scheiterten, ein neues Hoch zu erzeugen, was dann wiederum ein charttechnisch sehr starkes Kaufsignal wäre. Ein anderes Warnzeichen in Verbindung mit dem Transportsektor ist auch der innere Markt. Wie in den vergangenen Wochen hier schon häufig besprochen, zeigt der übergeordnete Risikoindikator NYSE Bullish Percent auf das Angebot. Dies bedeutet, dass zunehmend Aktien ihre wichtigste Unterstützung im Sinne der P & F Technik verlieren und der Markt es leichter hat nach unten zu driften als nach oben zu steigen. Falls Sie sich für die Philosophie der der P & F Charts und des inneren Marktes interessieren, beachten Sie bitte auch meinen Gratis-Börsenbrief und mein E-Book.

Nun wünsche ich Ihnen noch einen fröhlichen und spannenden Sommertag, viel Erfolg bei Ihren Investitionen und weitere spannende Fußballspiele.

Ihr Klaus Buhl

Klaus Buhl, Geschäftsführer der Libra Invest GmbH (www.libra-invest.de), bekennender Anhänger von Point and Figure Charts und der Philosophie des "inneren Marktes".