Weil das so ist, suchen wir nach dem Haar in der Suppe. Und fragen uns - wie wir das ja immer wieder in schöner Regelmäßigkeit tun -, wie lange das so weitergeht. Dabei hilft die Erkenntnis, dass in der Vergangenheit nicht jede Korrektur eine Rezession angekündigt hat, aber jede Rezession einen Kurssturz nach sich zog. Die Kernfrage lautet also: Wie weit sind wir von einer Rezession entfernt - so seltsam das aktuell vielleicht klingen mag.

Blicken wir in die USA und an die Weltleitbörse Wall Street. Drei Bereiche sind hier besonders interessant: Die finanzielle Entwicklung der privaten Haushalte, das Wohl und Wehe in der Unternehmenswelt und last but not least die Geldpolitik der US-Notenbank Fed.

Was die Haushalte angeht, scheint die Gefahr einer Rezession marginal: Hier leuchten die jüngsten kurzfristig orientierten Daten und Indikatoren derart grell positiv, dass man beim Lesen zur Sonnenbrille greifen möchte. Einzelhandelsumsätze, Konsumentenstimmung - beides so gut wie selten zuvor. Und dann auch noch angenehm niedrige Inflationsraten.

Wer sich davon aber nicht zu sehr blenden lässt, stellt fest, dass die Lohnentwicklung da nicht mithält. Für die Amerikaner heißt das: mehr arbeiten, weniger sparen oder Kredite aufnehmen, um die Kauflust weiter so zu befriedigen wie bisher. "Keeping up with the neighbours", nennt man das. Man muss mithalten, wenn der Nachbar einkauft wie verrückt.

Doch es gibt Grenzen. Beim Autokauf scheint der Höhepunkt beispielsweise überschritten. Ebenso lässt die Dynamik am Immobilienmarkt nach. Insgesamt scheint beim Konsum kaum noch Steigerungspotenzial drin zu sein. Dennoch muss man als Börsianer deswegen noch nicht den Verkaufsknopf drücken.

Auch nicht, wenn man die Unternehmen unter die Lupe nimmt: Denn noch sehen Umsatz- und Gewinnzahlen in der Summe exzellent aus. Allerdings dürften über kurz oder lang die noch rekordtiefen Finanzierungskosten der Unternehmen steigen, was auf den künftigen Profit durchschlagen wird. Außerdem hat die Verschuldung der Firmen inzwischen ein Niveau erreicht wie zuletzt zur Jahrtausendwende und im Krisenjahr 2008.

Noch ist das alles relativ unproblematisch, da es einen entscheidenden Faktor gibt, der das Ganze zusammenhält. Das ist trotz der Versuche einer Normalisierung die immer noch lockere Geldpolitik der Fed. Zwar nimmt die Geldmenge langsam ab, angesichts der schwachen Inflation aber ohne negative Effekte.

Dennoch scheint klar, dass die Geldpolitik 2018 strenger ausfallen wird. Es ist ganz egal, wer Janet Yellen als Fed-Chef ablösen wird und wer die drei zusätzlich vakanten Posten im Fed-Gremium besetzen wird. Denn insgesamt sind die infrage kommenden Nachrücker alle eher den geldpolitischen Falken zuzuordnen. Das ist der Knackpunkt. Je nachdem, wie drastisch die Notenbank 2018 zu Werke geht, könnte dies in Kombination mit den aktuell noch nichtig scheinenden Dynamikverlusten in Unternehmen und Haushalten einen Wendepunkt für Wirtschaft und Börsen darstellen. Es bleibt also dabei: Als Anleger sollte man - mittelfristig - auf der Hut sein.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com