von Marcus Linnepe, Canei GmbH & Co. KG

Anleihen wurden in den vergangenen Jahren für den Mittelstand als Finanzierungsalternative immer populärer. Dieser Boom wurde noch verstärkt, als die Börse Stuttgart im Jahr 2010 in Deutschland mit BondM ein eigenes Segment für Mittelstandsanleihen implementierte. Die Frankfurter Wertpapierbörse zog mit dem Entry Standard für Anleihen nach, Düsseldorf mit dem Mittelstandsmarkt, und München öffnete das Segment M:access für Bonds. Mittlerweile wurden über 100 Mittelstandsanleihen platziert.

Oftmals hat der Mittelständler auf diese Weise Kapital aufgenommen, das die Banken nicht mehr zu geben bereit waren. In vielen Fällen wurden Bankfinanzierungen aus gutem Grund abgelehnt. Das Ergebnis sind Verschuldungsquoten, die das Maß des wirtschaftlich als vernünftig Angesehenen überschreiten. Grundsätzlich ist eine Eigenkapitalquote größer 20 Prozent erstrebenswert. Viele Mittelständler weisen aber nur eine Quote kleiner 15 Prozent aus. Es liegt auf der Hand, dass die Aufnahme von weiterem Fremdkapital in solchen Fällen zu einem erhöhten Risiko führt. Dies vor allem, wenn das operative Geschäft nicht ausreichend Ertrag erwirtschaftet. Bei vielen Insolvenzen entsprechender Anleiheemittenten ist der Fehler in der ungünstigen Bilanzstruktur und einem nicht tragfähigen Geschäftsmodell erkennbar. Die unkomplizierte Fremdkapitalbeschaffung per Bondemission hat zudem dazu geführt, dass die Fremdmittel oft für Investitionen verwendet wurden, die von der Risikostruktur durch Eigenmittel finanziert werden sollten.

Auch wenn es für die Öffentlichkeit zuweilen nicht so aussieht, so entstehen Finanzierungskrisen in der Regel nicht von jetzt auf gleich. Gegenüber anderen Unternehmen dürften Emittenten von Mittelstandsanleihen noch anfälliger sein, ist der Reflex doch stark, Probleme für den Kapitalmarkt zu beschönigen. Der Bondkurs stellt schließlich einen Seismografen für Erschütterungen in der Unternehmensentwicklung dar, der öffentlich ist und auch von Geschäftspartnern und Banken regelmäßig verfolgt wird. Deshalb wird nach außen, aber vielfach auch intern, oft zu lange positiv kommuniziert. Erst wenn die Probleme nicht mehr zu verbergen sind, kommen Sanierungsberater ins Haus.

Diese müssen in Verhandlungen mit allen relevanten Partnern die Zahlungsunfähigkeit beseitigen und eine positive Fortführung prognose bescheinigen. Mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bleibt hierfür qua Gesetz nur eine Frist von drei Wochen, andernfalls ist der Insolvenzantrag zu stellen. In Verhandlungen mit Gläubigern gehört die Stundung von Forderungen zu den wichtigsten Mitteln, eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen: Gestundete Forderungen sind nicht fällig. Die Verhandlungen zielen also darauf ab, die Fälligkeit der jeweiligen Forderung auf einen Zeitpunkt in der Zukunft zu verschieben, zu dem die Zahlung wieder möglich ist.

Ein guter Sanierungsberater ist daran zu erkennen, dass er nicht nur über die Werkzeugkiste der Sanierung verfügt, sondern vielmehr als Mediator zwischen Unternehmen und Gläubigern fungiert. Diese Gespräche finden regelmäßig im kleinen Kreis statt und können so auch unter Zeitdruck finalisiert werden. Bei Anleiheemittenten, deren Schuldverschreibungen breit gestreut sind, ist dies jedoch meistens nicht möglich. Vor dem Hintergrund des strengen Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung müssen die Anleihegläubiger stets als Gesamtgruppe einem Forderungsverzicht oder Forderungsstundungen zustimmen, wodurch die Krise im Unternehmen meist völlig öffentlich wird. Es bleibt nur der dringende Rat an Emittenten, möglichen Schieflagen deutlich früher zu begegnen und auf eine adäquate Finanzstruktur zu achten. Ist erst eine drastische Sanierung erforderlich, sind diese Unternehmen gegenüber anderen Firmen oftmals durch die komplexe Gläubigerstruktur benachteiligt.

Marcus Linnepe

Linnepe ist Managing Partner der Canei GmbH & Co. KG sowie Berater und Coach für Unternehmen und Unternehmer. Aufgewachsen in einer Unternehmerfamilie hat er bereits mit Anfang 20 eine Firma erfolgreich saniert und geführt. Es folgten nach längerem Aufenthalt in den USA zahlreiche Sanierungsmandate in Deutschland. Erfolge und Erfahrungen auch aus Krisen sind heute Teil des ganzheitlichen Beratungsansatzes.