Auch in Deutschland sprang im Dezember die Inflationsrate auf 1,7 Prozent an. Das ist für sich genommen immer noch nicht viel. Allerdings ist der Anstieg gegenüber dem Vormonat mit plus 1,1 Prozentpunkten der höchste seit mehr als 20 Jahren. Und es ist absehbar, dass die Geldentwertung zumindest im Januar und Februar weiter steigt. Grund ist vor allem der Basiseffekt beim Ölpreis. Die Sorte Brent hatte noch Ende Januar 2016 im Tief weniger als 28 Dollar je Fass gekostet.

Mittlerweile steht der Kurs für das Barrel Öl wieder in etwa doppelt so hoch. Das macht sich nicht nur beim Tanken und Heizen bemerkbar, sondern bei allen Produkten und Dienstleistungen, bei deren Herstellung beziehungsweise Erbringung Energie benötigt wird. Zwar schleift sich der inflatorische Effekt des Ölpreises ab März langsam aus. Ein deflatorischer Effekt - wie über weite Stecken des Jahres 2016 gesehen - ist aber auch erst einmal nicht in Sicht. Vor diesem Hintergrund rechnet das Ifo-Institut im Gesamtjahr 2017 im Euroraum mit einer Inflationsrate von immerhin 1,5 Prozent. Diese hatte im November noch bei 0,6 Prozent gelegen.

In den USA sind die Verbraucherpreise bereits im November des vergangenen Jahres auf 1,7 Prozent gestiegen. Angesichts der jüngsten Lohnsteigerungen, des Ölpreiseffekts und der vom neuen US-Präsidenten Donald Trump angekündigten Investitionen in die Infrastruktur ist in den Vereinigten Staaten in den kommenden Monaten eher mit einer höheren als mit einer niedrigeren Teuerungsrate zu rechnen. Die gestiegenen Inflationserwartungen spiegeln sich schon länger in den Zinsen wider.

Kein Wunder, sind doch Zinsen nichts anderes als der Preis für geliehenes Geld. Zehnjährige US-Staatsanleihen rentieren bereits doppelt so hoch wie noch im Sommer 2016. Dementsprechend verloren ihre Kurse bereits in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres.

Rund 80 Prozent der von JP Morgan befragten Investoren sehen die Zinsen in den USA am Ende des zweiten Quartals auf dem derzeitigen Niveau oder sogar noch einen Tick höher. Ein Grund dafür ist die Geldpolitik der US-Notenbank Fed. Sie hat im Dezember zum zweiten Mal seit dem vermeintlichen Ende der Finanzkrise die Leitzinsen erhöht, hält für 2017 drei weitere Zinsschritte für wahrscheinlich. Außerdem hat sie bereits vor mehr als drei Jahren angefangen, ihre Anleihekäufe zu reduzieren und diese vor gut zwei Jahren komplett eingestellt. Das bedeutet, dass die Fed nicht mehr die Zinsen künstlich nach unten drückt.

Von einer solchen Entwicklung ist die Eurozone noch ein Stück weit entfernt. Laut EZB-Chef Mario Draghi wird die Zentralbank mindestens bis Ende 2017 weiter europäische Staatsanleihen kaufen. Wenn sich die Inflationsrate jedoch stabil der Zwei-Prozent-Marke nähern sollte, wird der Druck auf Draghi steigen, die Anleihekäufe einzustellen oder zumindest zu drosseln. Denn die EZB ist offiziell ausschließlich der Preisstabilität verpflichtet, die nach ihrer Definition bei einer Inflationsrate von knapp zwei Prozent erreicht ist. Die Diskussion über den Ausstieg der EZB aus dem Anleihekaufprogramm dürfte spätestens im zweiten Halbjahr zunehmen. Die Rentenmärkte haben bereits reagiert, wenn auch weniger stark als in den USA. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen ist zumindest um rund einen halben Prozentpunkt gestiegen und notiert mittlerweile wieder im positiven Bereich. Sobald das Tapering der EZB in Sichtweite kommt, sind weitere Kursverluste bei Bundesanleihen programmiert.

Dieser Rentencrash auf Raten hat Investoren in Staatsanleihen zuletzt bereits spürbare Verluste bereitet. Eine Folge ist, dass weltweit die Anleger von Anleihen in Aktien umschichten. An den Rentenmärkten selbst sind erst einmal kürzere Laufzeiten zu bevorzugen, da diese weniger sensibel auf Zinssteigerungen reagieren als Langläufer. Dabei können auch schlechtere Bonitäten berücksichtigt werden, denen eine konjunkturelle Belebung regelmäßig hilft. Generell gilt: Sowohl an den Aktien- als auch an den Rentenmärkten dürften turbulente Zeiten ins Haus stehen.

Norbert Hagen ist Vorstandssprecher bei der ICM InvestmentBank. Vor neun Jahren übernahm der promovierte Wirtschaftswissenschaftler zudem das Management des Mischfonds Leonardo. Seinen Anlagestil bezeichnet Hagen selbst als grundsätzlich opportunistisch, er investiert bevorzugt in ein sehr breites Spektrum von Unternehmensanleihen. Dabei vertraut er auf die detaillierte Fundamentalanalyse der jeweiligen Schuldner.