von Martin Blümel

Das sieht doch gar nicht so schlecht aus. Der Rat der vergangenen Wochen, an schwächeren Börsentagen zuzukaufen, hat sich als richtig erwiesen. Von wegen: "Sell in May!" Wohl eher: "Buy in May!" Sowohl die europäischen wie auch die amerikanischen Börsen sind gestiegen - Dow Jones und S & P 500 sind sogar nicht mehr weit von ihren Rekordhochs entfernt. Technisch gesehen läuft der Laden also. Und auch fundamental gibt es gute Gründe, investiert zu bleiben.

Fast scheint es so, als ob die Brexit-Ängste zumindest bei den Anlegern nachließen - obwohl der Ausgang der Abstimmung weiterhin höchst ungewiss ist. Hinzu kamen in den zurückliegenden Wochen erfreulich robuste Konjunkturdaten. Mitte Februar war das noch ganz anders, da war die Stimmung schlecht wie selten. Seither jedoch sind immer weniger wichtige Wirtschaftsdaten hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Die Kurserholung könnte also weiterhin dauern. Denn teuer ist der Markt nicht - egal ob das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder die Dividendenrendite herangezogen wird. DAX-Aktien etwa sind im langfristigen Vergleich durchschnittlich bewertet. Und im Vergleich zu Zinspapieren kann man nur zu einem Schluss kommen: Aktien sind derzeit billig.

Wenn man jetzt noch davon ausgeht, dass viele Anleger immer noch eher vorsichtig investiert sind, der Aktienmarkt also alles andere als überkauft ist, sind weitere Umschichtungen aus schlecht verzinsten Anleihen in Dividendenpapiere recht wahrscheinlich. Vergleicht man die mehr als 20-prozentige Korrektur des DAX seit Mitte 2015 - ohne dass es zu einer Rezession gekommen ist! - mit ähnlichen Kursmustern aus der Vergangenheit, dann stimmt das weiter positiv.

Vorsichtig positiv. Denn klar ist auch, dass das deutsche Wirtschaftswachstum im ersten Quartal, das mit 0,7 Prozent Plus sehr gut ausgefallen ist, vor allem auf das nach wie vor günstige Zinsumfeld zurückzuführen ist. Das gilt übrigens auch für die Wachstumsprognosen. Für Robert Halver, Chefstratege der Baader Bank, hat das was von "künstlicher Konjunkturbefruchtung". Und profitiert haben davon vor allem die Bereiche Bau und Konsum. Doch ob nun künstlich befruchtet oder nicht - Aktionäre dürfte es so oder so freuen.

Was könnte die bessere Stimmung nun trüben? Eine immer wahrscheinlichere US-Zinsanhebung im Juni eher nicht. Die Notenbank Federal Reserve ließe "lediglich ihren Worten endlich Taten folgen", findet Halver. Man habe dann Gewissheit. Nach Vollzug der Zinserhöhung werde US-Notenbankchefin Janet Yellen aber vermutlich verbal zurückrudern und keinesfalls einen strikten und steilen Zinserhöhungszyklus starten. Dafür fehlt es schlicht und einfach an Gründen. Noch ist die US-Konjunktur nicht so stark, dass sie gleich wieder gebremst werden müsste.

Und wie geht es weiter? Der DAX scheint eine gute Unterstützung bei 9700/9800 Punkten zu haben. Auch die langfristigen Durchschnittslinien - etwa die 55- und 200-Tage-Linie - wurden zuletzt überwunden. Das ist alles recht positiv.

Am Donnerstag tagt die Europäische Zentralbank EZB. Dies könnte für erhöhte Schwankungen an den Börsen sorgen. Man kennt das ja schon. Ähnlich dürfte es auch am Freitag weitergehen, dann werden in den USA die neuesten Arbeitsmarktdaten veröffentlicht. Wir bleiben daher bei unserer Empfehlung: an schwächeren Tagen zukaufen.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com