Sie hat es also getan: Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins erhöht. Zum dritten Mal nach Dezember 2015 und Dezember 2016. Erneut ging es um 0,25 Punkte nach oben, womit der Zins nun bei einem Prozent notiert. Das vielleicht etwas Seltsame daran: Für Anleger fühlte sich die Aktion eher wie eine Zinssenkung an. Am Anleihemarkt gingen die Renditen nämlich runter, am Aktienmarkt ging es rauf. Alles gut also?

Schwarzseher hatten im Vorfeld ja schon die Apokalypse heraufziehen sehen. David Rosenberg etwa vom Think-tank Mauldin Econmics: "Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es 13 Zinserhöhungszyklen, und zehn davon haben zu einer Rezession geführt." Oder Bill Gross, der bekannte Fondsmanager, der meinte, dass das hoch gehebelte Finanzsystem ein Tanklaster sei, der beladen mit Nitroglycerin eine abschüssige Straße hinunterfahre. Wer hat da jetzt recht? Die Gurus? Oder die Leute am Anleihemarkt? Alles gut oder alles Vorboten schlimmer Zeiten?

Beginnen wir mit dem Risiko. US-Zinserhöhungen gehören definitiv dazu. Jedoch sollte man unterscheiden. Das Analyseunternehmen Ned Davis hat herausgefunden, dass es einen Unterschied macht, ob das Tempo der Zinsschritte langsam oder hoch ausfällt. Wobei Letzteres besonders gefährlich ist für die Wirtschaftsentwicklung und den Börsenverlauf. Der aktuelle Erhöhungszyklus gehört jedoch zu den langsamen und ähnelt denen von 1946 und 1963. In beiden Fällen waren die Folgen für die Wirtschaft eher glimpflich. Und die Börse gab im Anschluss an den dritten Zinsschritt in der Spitze jeweils um zehn Prozent nach.

Andere Risikofaktoren sind die hohen Bewertungen, dazu die deutlich gestiegene Kauflust der Kleinanleger, eine gewisse Sorglosigkeit am Markt sowie der Anstieg der Inflation. Gerade Letzteres ist nicht ohne, denn die steigenden Inflationsraten sind inzwischen ein globales Phänomen. Trotzdem agieren die großen Noten-banken immer noch völlig asynchron. Das jedoch kann nicht ewig weitergehen, der Druck gerade auf die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan nimmt zu.

In Summe scheinen die Risikofaktoren aber beherrschbar. Ein Trigger, ein aktueller Auslöser für eine echte Bärenmarktphase, ist kaum auszumachen. Zwar könnte die Inflation irgendwann zu einem Problem werden. Aktuell ist aber klar das Gegenteil der Fall: Die Börsenwelt feiert die Reflationierungsparty, man ist froh, dass eine Deflation, wie sie jahrelang befürchtet wurde, wohl endgültig abgewendet ist. Dass die Fed die Zinsen deswegen schneller als bisher anheben könnte, ist dennoch unwahrscheinlich. Kaum zu glauben, dass der amerikanischen Notenbank entgangen sein könnte, dass die Lohnentwicklung zuletzt eher schwach war und die Konsumausgaben auch nicht gerade als euphorisch zu interpretieren sind. Die Fed steht da eigentlich nicht unter Handlungsdruck.

Mittelfristig ist und bleibt die Aktienrally intakt, auch wenn Korrekturen um fünf oder auch mal zehn Prozent immer drin sind - und derzeit nach der langen Rally vermutlich auch überfällig scheinen. Insgesamt geht es aber weltweit nach oben, an der Wall Street, an den europäischen Börsen, in China und auch an zyklisch sehr sensiblen Börsen wie Korea. Es ist eben einfach auch so, dass der Gewinntrend bei den Unternehmen weiterhin positiv ist, und dies ist letztlich ja der wichtigste Faktor für die Börsenentwicklung.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com