Der momentan bei knapp 1.169 Dollar je Feinunze notierende Goldpreis (Stand vom 01.07.) hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten sowohl in Dollar als auch in Euro gerechnet relativ träge entwickelt. Doch wenn es nach dem Goldexperten Ronald-Peter Stöferle vom Vermögensverwalter Incrementum AG mit Sitz in Liechtenstein geht, dann wird sich das spätestens mittelfristig ändern. In dem zusammen mit seinem Kollegen Mark Valek erstellten Jahresbericht zum Goldmarkt verrät schon der Titel der neunten Auflage wo die Autoren stehen. Denn überschritten ist der 143-seitige Report auch in der neunten Auflage mit "In gold we trust".



Laut der Autoren sind zwar unterschiedliche Szenarien möglich, doch diese sollten sich überwiegend positiv auf die Goldpreisentwicklung auswirken. Die beiden Edelmetall-Experten halten vor diesem Hintergrund nun sogar den richtigen Zeitpunkt für gekommen, um das bereits lange formulierte langfristige Kursziel von 2.300 Dollar je Feinunze für den Goldpreis mit einem zeitlichen Horizont von drei Jahren - also bis zum Juni 2018 - zu konkretisieren. "Wir sind alles in allem der Überzeugung, dass wir uns weiterhin in einem säkulären Bullenmarkt beim Goldpreis befinden, der kurz vor seiner Blüte steht. Sollten wir damit Recht behalten, erwarten wir im Laufe der kommenden Phase eine Trendbeschleunigung", schreiben Stöferle und Valek in ihrer Studie.

Auf Seite 2: Die Gründe für Goldinvestments





Als wesentliche Prämissen, welche für Goldinvestments sprechen, werden die nachfolgenden sechs Gründe angeführt.

1. Weltweites Schuldenniveau mittlerweile um 40 Prozent höher als in 2007.

2. Systemisches Begehren nach steigender Inflation nimmt zu.

3. Opazität des Finanzsystems - Derivatevolumen mittlerweile bei 700 Billionen Dollar, ein Großteil davon in Zinsderivaten.

4. Konzentrationsrisiko - "Too Big To Fail"-Risiken deutlich größer als in 2008.

5. Gold profitiert in Phasen von Deflation, steigender Inflation und systemischer Instabilität.

6. Gold ist ein liquides Finanzanlagegut ohne Gegenparteienrisiken.

Auf Seite 3: Inflationsaussichten sprechen für Gold





Inflationsaussichten sprechen für Gold



Stöferle und Valek sprechen zudem nach der knapp verhinderten Implosion des Finanzsystems im Herbst 2008 vom siebten Jahr weltweiter Notenbankexperimente. Wir alle seien Probanden eines beispiellosen Reflationierungs-Kraftaktes, dessen Ausgang ungewiss sei. Fragwürdige geldpolitische Wagnisse wie Quantitative Easing und Negativzinsen seien direkte Konsequenzen systemischer Inflationssucht. Der Zustand der internationalen Finanzarchitektur sei nach wie vor äußerst fragil. Bereits seit 2011 hätten die disinflationären Kräfte die Oberhand. Die systemische Instabilität zwischen Inflation und Deflation - die monetäre Tektonik - habe im zweiten Halbjahr 2014 in einem "disinflationären Erdbeben" kulminiert. Die vielerorts chronische Überschuldung verschärfe den Druck auf die Geldpolitik, den deflationären Trend zu brechen und endlich teigende Teuerungsraten zu fabrizieren. Gold sei dabei stets die beste Put-Option auf exzessive Inflationierungsbemühungen.



Die beiden Gold-Experten sind jedenfalls der Überzeugung, dass wir nun nahe einer entscheidenden Weggabelung stehen: Der disinflationäre Trend werde gebrochen werden (müssen). Steigende Inflationsraten würden entweder im Umfeld einer anspringenden wirtschaftlichen Aktivität oder im Rahmen einer stagflationären Entwicklung auftreten. In beiden Fällen profitierten inflationssensitive Anlagen wie Gold und Minenaktien. Die Inflationssorgen seien beim Gros der Marktteilnehmer in den vergangenen Jahren sukzessive verpufft. Dies spiegele sich sowohl in ungemein niedrigen erwarteten Teuerungsraten, als auch in der Zusammensetzung der Anlegerportfolios wider. Das Verlassen der derzeitigen "Low-Flation" Phase könnte sich als "pain-trade" für die Masse der Anleger erweisen.

Allerdings sei aus technischer Sicht das Gesamtbild nicht eindeutig. Der Abwärtstrend sei noch nicht gebrochen, hingegen zeige das negative Sentiment eine Resignation der Goldbullen an. Stöferle und Valek halten einen finalen Sell-Off für möglich. Im Zuge dessen könnte die Unterstützung bei 1.140 Dollar getestet werden. Eine solche Entwicklung wäre ein Hinweis auf eine primäre Trendwende am Goldmarkt. Aufgrund des Gesamtbildes halte man weiterhin an dem Leitspruch "In Gold we (still) do trust", fest. Erinnert sei allerdings daran, dass das in der Studie im Vorjahr ausgegebene Zwölfmonats-Kursziel für den Goldpreis von 1.500 Dollar nicht aufgegangen ist.

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Goldminen im historischen Vergleich deutlich unterbewertet





Zu den Goldminen hieß es damals, Goldaktien würden im Moment ein klar asymmetrisches Auszahlungsprofil aufweisen. Aus einem damals gültigen Stand von 233 Punkten beim NYSE Arca Gold BUGS Index sind entgegen dieser Hoffnung inzwischen aber nur noch knapp 150 Punkte geworden. Trotzdem glauben die beiden Autoren aber, dass die Talfahrt der Goldproduzenten nun endlich beendet sein sollte. In Relation zum Goldpreis tendierten die Goldaktien im Gold Bugs Index jedenfalls auf dem niedrigsten Stand seit dem Jahre 2000.



Das wahre Ausmaß der Unterbewertung erkenne man am besten anhand eines langfristigen Vergleiches. Der Barrons Gold Mining Index (BGMI) habe zuletzt relativ zu Gold den tiefsten Stand seit 70 Jahren markiert. Mit einem Stand von 0,4x liege er signifikant unter dem langfristigen Mittelwert von 1,56x.



Wichtig zu wissen sei außerdem, dass Goldaktien aktiv verwaltet werden müssen. Am stärksten würden Minenaktien auf Veränderungen der Inflationsrate reagieren. Einen aufschlussreichen Indikator für die Risikobereitschaft im Minensektor stelle das Verhältnis zwischen GDX und GDXJ-Index dar. Der GDX bildet dabei in erster Linie die großkapitalisierten Goldförderer ab, während der GDXJ die Junior- und Small-Cap-Titel repräsentiert und somit ein deutlich höheres Beta aufweist. Eine steigende Ratio-Linie zeige an, dass derzeit die kleineren Junior-Titel relative Stärke zeigen. Dies impliziere eine steigende Risikobereitschaft der Investoren. Im Moment erkenne man, dass das Verhältnis einen Boden ausgebildet habe und über die Widerstandslinie gestiegen sei.



Als Gründe für die bereits in den vergangenen Jahren schwache Bilanz der Minenaktien werden unter anderem sträflich vernachlässigte Greenfield-Exploration genannt. Stattdessen sei der Fokus auf hochriskante und teure Übernahmen gelegt worden, welche meist durch die Ausgabe von Aktien finanziert worden seien. Hinzu gekommen seien stark gestiegene Input-Kosten (Mangel an Fachkräften, stark gestiegene Treibstoffkosten, teurer Abbau von Vorkommen mit niedrigen Goldgehalten, Fremdwährungseffekte) und daraus resultierender Margendruck. Erwähnt wird auch die teure Auflösung von Hedging-Programmen. Zudem habe die Industrie im Zuge des Bullenmarktes immer höhere Preisannahmen verwendet, um zuvor unrentable Unzen in ihre Minenpläne zu inkludieren. Folglich wurden die Lebenszyklen der Minen verlängert und die Produktion ausgeweitet.

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Goldminen enttäuschen im Leistungsvergleich



Ein wesentlicher Grund für die enttäuschende Entwicklung sei die Verwässerung der Aktienbasis gewesen. Wer seit 1999 Goldaktien besitze, sei hinsichtlich der Produktion je Aktie um ein Drittel verwässert worden. Bei Öl-Titeln wurde im gleichen Zeitraum die Produktion je Anteil hingegen um 30 Prozent erhöht. Der Gedanke mute grotesk an, nachdem viele Investoren Goldaktien kauften, um sich vor der digitalen Druckerschwärze der Notenbanker abzusichern. Es scheine jedoch, als wäre die Minenbranche den Notenbankern hinsichtlich ihrer Inflationierungsbemühungen durchaus ebenbürtig.

Ein weiterer wesentlicher Grund für die enttäuschende Entwicklung seien die zugrunde liegenden Geschäftsergebnisse. Vergleiche man eine repräsentative Gruppe von zehn Seniorproduzenten aus dem Öl-, Gold- und Basismetallsegment, so erkenne man erhebliche Unterschiede. So sei der Bilanzgewinn zuzüglich der kumulierten Dividenden bei den zehn Senior-Goldproduzenten um lediglich sechs Milliarden Dollar gestiegen. Dies erscheine in einem Zeitraum von 15 Jahren, in dem sich der Goldpreis versechsfachte, mehr als enttäuschend. Im gleichen Zeitraum erzielten Ölproduzenten eine Steigerung von 150 Milliarden auf 1,3 Billionen Dollar, also einen Zuwachs von 800 Prozent. Bei Basismetallen wurde der Wert von 23 Milliarden auf 313 Milliarden Dollar, also um mehr als 1.200 Prozent gesteigert. Beide Sektoren zeigten somit gegenüber Gold eine schier unglaubliche Outperformance.

Eine zusätzliche Erklärung für die enttäuschende Entwicklung vieler Minen bestehe darin, dass der Sektor auf beinahe einmalige Art und Weise politischem Risiko ausgesetzt sei. Sobald man Milliarden von Dollar in eine Mine investiert hat, befinde man sich potenziell in Geiselhaft der lokalen Politik, die Steuern nach Belieben eintreiben oder gar die Aktiva beschlagnahmen kann. Insofern sei für den Investor die Wahl der richtigen Jurisdiktion mittlerweile eine der essentiellsten Entscheidungskriterien bei Goldaktien-Investments. Nordamerika werde mit acht aus zehn Top-Platzierungen dabei derzeit eindeutig am stabilsten eingeschätzt wird.

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Übernahmewelle erwartet



Zum M&A-Transaktionsvolumen heißt es, im Vorjahr habe dieses bei knapp sieben Milliarden Dollar und somit auf niedrigerem Niveau als noch in 2013 gelegen. Ströferle und Vanek gehen davon aus, dass sich die Übernahmetätigkeit in den nächsten Monaten wieder beschleunigen werde. Aufgrund der rigiden Kostensenkungsprogramme wurde einerseits die Exploration vernachlässigt, andererseits wurden zahlreiche Projekte abgeschrieben oder veräußert. Infolge dessen hätten sich die Reserven der großen Produzenten im Vorjahr durchschnittlich um 14 Prozent verringert.

Die Incrementum-Experten rechnen damit, dass die Produzenten ihre schrumpfenden Reserven mittels Übernahmen und Fusionen auffüllen werden. Größte Profiteure dieser Entwicklung dürften wohl Junior-Produzenten und vor allem ausfinanzierte Developer sein. Ein Gros der Übernahmen werde in Mining-Jurisdiktionen erfolgen, die geringe politische Risiken aufweisen. Dies sei im Zuge der Hausse, also bis 2012, grundlegend anders gewesen. Aufgrund des überbordenden Optimismus und hohen Risikoappetits wurde damals meist in Ländern mit erhöhtem Länderrisiko investiert.

Grundsätzlich gebe es zwei unterschiedliche Phasen, in denen verstärkt M&A-Aktivitäten getätigt werden. Einerseits sei dies nahe am Allzeithoch der Fall, wenn das Management ewig steigende Preise in die Zukunft extrapoliert und von Gigantomanie erfasst wird. Der zweite Fall leige in Bärenmärkten vor, wenn die Unternehmensführung befürchtet, dass die Preise weiter fallen werden. In dieser Phase finde eine Jagd auf Minenprojekte statt, die auch in einem Niedrigpreis-Umfeld rentabel fördern. Eine verstärkte M&A-Aktivität sei deshalb meist ein verlässliches Anzeichnen für einen baldigen Trendwechsel - ähnlich wie in den Jahren 1998 bis 2000, als zahlreiche Großübernahmen getätigt wurden.

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Was für Goldminenaktien spricht



Als Gründe für den hausinternen Optimismus hinsichtlich einer besseren Zukunft des Minensektors wird folgendes angeführt: Eine Deflation der Förderkosten durch teilweise radikale Produktivitätsverbesserungen, Personalabbau, Neuverhandlung bestehender Verträge mit Lieferanten etc., zu einer Verringerung der Betriebs- und Kapitalkosten führe. Abschreibung oder Verkauf hochpreisiger Projekte. Zahlreiche Explorations- und Entwicklungsprojekte seien veräußert oder auf Eis gelegt und Bilanzen gestärkt worden. Bekenntnisse bezüglich Shareholder Value, was sich in Refokussierung auf Dividenden, freier Cash Flow und Rentabilität zeige. Hinzu komme eine Erhöhung der Reserve-Grade sowie attraktive Portfolioeigenschaften von Mining-Titeln. So profitiere Gold in Zeiten wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit und während Rezessionen. Deshalb seien Goldaktien einer der wenigen Sektoren, die eine langfristig inverse Korrelation mit dem breiten Aktienmarkt aufweisen. Abschließend werden auch noch die relative Bewertung und das schlechte Sentiment als Kontraindikator genannt.

Trotz alledem sei am Markt noch nicht ausreichend realisiert worden, dass zahlreiche Minengesellschaften ihre Margen zuletzt deutlich verbessert hätten. Die beiden Branchen-Experten halten das neue Bekenntnis zu Kostenwahrheit, größerer Finanzdisziplin und Shareholder Value für eine wesentliche, wenn auch sehr späte, Einsicht des Sektors. Ob diese neue Fokussierung ein reines Lippenbekenntnis darstelle oder nicht, werde sich in den nächsten Quartalen weisen. Nachdem die massiven Abschreibungen und Wertberichtigungen einmalige Maßnahmen gewesen seien, könnte dies auch einen erhöhten Hebel nach oben bedeuten. Es bleibe deshalb bei der Einschätzung, wonach Goldaktien im Moment ein klar asymmetrisches Auszahlungsprofil aufweisen würden.