Der am Freitagabend veröffentlichte Stimmungsbericht der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission, der auf Basis der Daten vom Dienstag stets über die long bzw. short positionierten Gold-Futures kommerzieller Branchenangehöriger (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) informiert, wies ein markant gestiegenes Interesse an Gold-Futures aus. Mit der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) ging es nämlich zum sechsten Mal in Folge bergauf. Seit Anfang Juni hat sich damit der Open Interest von 398.724 auf 462.664 Kontrakte erhöht (+16,0 Prozent) was man historisch betrachtet als überdurchschnittlich starken Boom bezeichnen kann.

Doch das Interesse der Terminspekulanten an Gold scheint vorwiegend von pessimistischer Natur zu sein. Zum dritten Mal in Folge war nämlich bei der kumulierten Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) ein Minus berichtet worden. In der Woche zum 14. Juli gab es einen Rückschlag von 52.589 auf 48.469 Futures (-7,8 Prozent) zu vermelden. Damit hat sich dieser Indikator für die Stärke des Optimismus innerhalb von nur vier Wochen mehr als halbiert. Dies war im Wesentlichen auf den massiven Ausbau des Short-Exposure zurückzuführen und dürfte auch der Hauptgrund für die schwache Tendenz des Goldpreises in den vergangenen Wochen gewesen sein.

Sowohl bei Großspekulanten (Non-Commercials) als auch bei Kleinspekulanten (Non-Reportables) hat die Skepsis spürbar zugenommen. Bei Großspekulanten hat sich deren Netto-Long-Position innerhalb von lediglich drei Wochen auf 47.824 Futures fast halbiert. Bei den Kleinspekulanten (Non-Reportables) war während dieses Zeitraums eine regelrechte Erosion der Netto-Long-Spekulation von 5.774 auf 645 Kontrakte zu beobachten. Damit ist der Überhang long positionierter Futures ziemlich zusammengeschrumpft. Viel fehlt nicht mehr und die Kleinspekulanten sind netto short und somit ins "Bärenlager" übergelaufen.

Auf Seite 2: Gold: Charttechnisches Verkaufssignal

US-Notenbank-Chefin Janet Yellen will noch in diesem Jahr an der Zinsschraube drehen. Dies kündigte sie zumindest bei ihren halbjährlichen Rechenschaftsberichten vor den US-Volksvertretern im US-Kongress und im US-Senat an. Ähnliche Hinweise gab es bereits in den Wochen zuvor. Mit einem großen Zinsschritt ist angesichts der enormen Schuldenberge dies- wie jenseits des Atlantiks aber eher nicht zu rechnen. Und auch die Reaktion an den Finanzmärkten sollte angesichts der intensiven psychologischen Vorbereitung relativ unaufgeregt ausfallen. Alles andere wäre ein Indiz, dass die globalen Finanzsysteme labiler sind als bislang geglaubt. Beim Goldpreis führten die Yellen-Statements im Zuge des stärker tendierenden Dollars zu einem Rücksetzer. Damit funktionierte wieder einmal die negative Korrelation zwischen beiden Anlageklassen.

Aus charttechnischer Sicht herrscht nun aber "Alarmstufe Rot". Am Freitag wurde nämlich eine wichtige Unterstützungszone verletzt, was den chartinduzierten Verkaufsdruck signifikant erhöh hat. Diese war im Bereich von 1.140 Dollar angesiedelt. Nun besteht die Gefahr, dass die psychologisch extrem wichtige Marke von 1.000 Dollar getestet wird. Zusätzliches negatives Marktsentiment entsteht auch durch den Umstand, dass sowohl die mittelfristige 100-Tage-Linie als auch die 200-Tage-Linie eine fallende Tendenz aufweisen, was Chartisten als Hinweis für einen intakten Abwärtstrend interpretieren.

Ein bisschen Hoffnung macht lediglich der Timingindikator Relative-Stärke-Index (RSI). Dieser befindet sich nämlich kurz davor, mit Werten von weniger als 30 Prozent eine überverkaufte Lage anzuzeigen. Ein RSI-Kaufsignal entstünde, wenn der Indikator die Marke von 30 Prozent überwindet. Die letzten beiden Signale dieser Art erwiesen sich allerdings nicht als sonderlich ergiebig. Anfang November verteuerte sich Gold daraufhin in der Spitze um 150 Dollar, im März fiel die Erholung mit etwas mehr als 70 Dollar deutlich geringer aus.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.