Während es bei vielen Rohstoffen in den vergangenen Wochen tendenziell bergauf ging - der breit gefasste Bloomberg Commodity Index legte auf Monatssicht gut 8 Prozent zu - gaben Edelmetalle in Summe nach. Insbesondere Gold wurde nach Ansicht von Ole Hansen von der Saxo Bank durch einen erstarkenden US-Dollar und der Angst vor einer weiteren US-Zinserhöhung in Mitleidenschaft gezogen. Eine Feinunzekostete vor einem Monat noch 1.288 US-Dollar und ist derzeit für etwa 1.250 US-Dollar zu haben.

Nicht nur die gestiegene Unsicherheit durch das britische Referendum hat die Notierungen beflügelt. "Auch die Aussicht auf eine noch länger abwartende US-Notenbank stützt den Preis", erklärt Barbara Lambrecht von der Commerzbank. Die rekordhohen Netto-Long-Positionen am Goldmarkt würden aber das Risiko einer deutlichen Korrektur bergen. Andere Analysten gehen von weiter steigenden Goldpreisen aus: "Wir rechnen damit, dass die erhöhte Nachfrage nach sicheren Anlagen von Dauer sein wird, da der Kampf um die politischen Spitzenämter und der offizielle Austritt der Briten aus dem EU-Block für viel Unsicherheit sorgen werden", meint Jan-Hendrik Hein von ETF Securities. Diese Einschätzung teilt auch Volker Skowski von Heraeus Metal: "Auch wenn sich die erste Nervosität etwas gelegt hat, wird der Brexit die Anleger mittelfristig in Atem halten und damit Gold als ?sicheren Hafen' weiterhin unterstützen."

Extrem hohe Zuflüsse in Goldprodukte

Auch Gold-ETCs sind gut nachgefragt, vor allem Xetra-Gold (WKN A0S9GB). Mitte Juni kletterte der Goldbestand der Deutsche Börse Commodities GmbH zur Deckung von Xetra-Gold über die 80-Tonnen-Marke und erreichte einen neuen Rekord von 80,18 Tonnen. Seit Jahresanfang ergibt das ein Plus von mehr als 35 Prozent.

Bei ETF Securities sieht es ähnlich aus: "Am Freitag, den 1. Juli 2016, erreichten die Zuflüsse in Gold-ETCs (WKN A0N62G) mit 263 Millionen US-Dollar den höchsten Stand seit ihrer Auflegung", meldet Hein. Auch andere ETP-Händler berichten von einem regen Interesse an Goldverbriefungen. "Wir sehen sehr viele Käufe", bemerkt Carsten Schröder von der Commerzbank. Auch bei der Unicredit in München standen Gold-ETCs im Mittelpunkt des Interesses, wie Oliver Kilian feststellt.

Die Umsatzstatistik der Börse Frankfurt für die vergangenen zwei Wochen zeigt, dass neben Xetra-Gold vor allem auf den ETFS Physical Gold (WKN A0N62G), den db Physical Gold Euro Hedged (WKN A1EK0G), den Source Physical Gold (WKN A1MECS), den db Physical Gold (WKN A1E0HR) und den db Physical Gold Euro Hedged (WKN A1EK0J) gesetzt wurde.

Silber hängt Gold sogar noch ab

Ein ganz großen Satz nach oben machte in den vergangenen zehn Tagen der Silberpreis, dieser kletterte erstmals seit Sommer 2014 wieder über 20 US-Dollar je Feinunze, aktuell sind es 20,14 US-Dollar. Seit Jahresanfang macht das ein Plus von 45 Prozent. Allerdings lag das historische Hoch im April 2011 bei 49,83 US-Dollar.

Der Kursanstieg ließ die Gold/Silber-Ratio, also das Verhältnis von Gold- zum Silberpreis in US-Dollar, wieder auf unter 70 fallen, wie Skowski feststellt. "Das ist eine starke Performance von Silber im Vergleich zum großen Bruder. Noch im März lag die Gold/Silber-Ratio mit 83 bei einem 23-Jahreshoch." Bei Silber sei aber auch immer Vorsicht geboten. "Die jüngst verbuchten Kursgewinne können ebenso schnell auch wieder abgegeben werden."

Silber-ETCs wie der ETFS Silver (WKN A0KRJ5) verzeichneten bei ETFS Securities "Brexit-bedingt" ebenfalls hohe Zuflüsse. In dieser Woche gibt es aber auch Gewinnmitnahmen, wie die Commerzbank feststellt.

Auch Ivo Orlemann von der ICF Bank meldet erste Verkäufe bei insgesamt hohen Umsätzen in Silber-ETCs. An der Börse Frankfurt war das Handelsaufkommen besonders groß im ETFS Physical Silver (WKN A0N62F) und im db Physical Silver (WKN A1E0HR), ebenso in Produkten mit Hebel wie dem ETFS Leveraged Silver (WKN A0V9Y5).

Öl mit Preisrückgang

Wieder verbilligt hat sich unterdessen Öl. Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent liegt aktuell deutlich unter der 50 US-Dollar-Marke bei 48,19 US-Dollar, vor einem Monat waren es noch über 52 US-Dollar. Lambrecht hält einen weiteren Druck auf den Ölpreis über den Sommer für wahrscheinlich. "Die US-Rohölproduktion dürfte zwar weiter fallen, aber in Nigeria könnte nach einem möglichen Waffenstillstand die Rohölproduktion wieder hochgefahren werden." Zumindest werde sich die Produktion von ihrem 28-Jahrestief wohl spürbar erholen. "Sollten die drei großen Opec-Produzenten Saudi-Arabien, Iran und Irak ihre Produktion ebenfalls hochfahren, könnte der Markt trotz einer von den niedrigen Preisen stimulierten Nachfrage schnell wieder überversorgt sein." Darum sei in den Sommermonaten ein Preisrücksetzer durchaus möglich, bevor sich die Preise im weiteren Jahresverlauf nachhaltig bei 50 US-Dollar etablieren sollten.

Bei der Commerzbank trennten sich Anleger von ihren Ölpositionen, wie Schröder berichtet. An der Börse Frankfurt konzentrierten sich ETC-Investoren auf den ETFS Brent 1 month (WKN A0KRKM) und den ETFS WTI Crude Oil (WKN A0KRJX)

Erholungsanzeichen bei Kupfer und Co.

Industriemetalle werden derzeit wenig beachtet, dabei legten diese zuletzt ebenfalls deutlich zu. Kupfer notiert aktuell bei 4.797 nach 4.525 US-Dollar je Tonne im Juni. Die Verluste in diesem Jahr sind damit wieder wettgemacht - doch auch hier ist der Abstand zum Allzeithoch vom Februar 2011 bei über 10.000 US-Dollar noch groß.

Der Nickelpreis hat ebenso einen Satz nach oben gemacht, nach 8.300 US-Dollar im Mai kostet die Tonne jetzt 10.084 US-Dollar, vor fünf Jahren waren es aber noch fast dreimal soviel.

Deutlich nach oben ging es auch für den Zinkpreis, der aktuell bei 2.111 US-Dollar liegt nach 1.453 US-Dollar im Januar. "Die Basismetalle befinden sich nach wie vor in der Bodenbildung", bemerkt Martin Siegel, Edelmetallexperte und Geschäftsführer der Stabilitas GmbH, die sich auf die Beratung von Edelmetallanlagen spezialisiert hat. "Je länger diese Bodenbildung dauert, umso fester wird das Fundament für einen zukünftigen Ausbruch."



von: Anna-Maria Borse

© 6. Juli 2016 - Deutsche Börse AG

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