Der Bullenmarkt kommt nun ins neunte Jahr. Seit März 2009 hat sich der DAX mehr als verdreifacht. Deutsche Aktien haben ein Niveau erreicht, das auch Verunsicherung hervorruft. Der Blick in die Historie untermauert diese Bedenken zumindest statistisch. Im Jahr 2000 und 2008 brach jeweils eine steile Aufwärtsentwicklung in sich zusammen. Die Technologie-Blase platzte, die Lehman-Pleite sorgte für einen Aktiencrash. Nun werden wieder erste Stimmen laut, die vor einer neuen Finanzkrise oder zumindest einer Korrektur warnen.

Den Grund sehen sie in der Niedrigzinspolitik und der Ausweitung der weltweiten Schulden. Angesichts hoher Gewinne stellt sich deshalb für viele die Frage: Investiert bleiben oder verkaufen und Gewinne mitnehmen? Eine Alternative für alle Unentschlossenen könnte sein, das Depot gegen mögliche Krisen etwas widerstandsfähiger zu machen. Zur Verlustbegrenzung gibt es einige Möglichkeiten.

Stop-Loss-Marken



Eine einfache Möglichkeit bieten Stop-Loss-Marken. Bei dieser Orderform wird beim Erreichen einer festgelegten Kursmarke automatisch eine unlimitierte Verkaufsorder ausgelöst. Der Vorteil liegt vor allem darin, dass die Psychologie der Anleger ausgeschaltet wird. Oft werden Aktien in einer Korrektur zu lange gehalten. Die Tücke bei Stop-Loss-Marken besteht im Gegenzug darin, dass starke Schwankungen einen Verkauf auslösen können. Ärgerlich, wenn man im Tief ausgestoppt wird und die Aktie danach schnell wieder das Ausgangsniveau erreicht. Dreht der Markt, sind Anleger im Aufschwung nicht mehr dabei. Geht die Korrektur allerdings weiter, bewahrt eine Stop-Loss-Order davor, einem dramatischen Kursverfall einfach tatenlos zuzusehen. Besser justiert sind Stop-Loss-Ordertypen, die mit dynamischen Abständen arbeiten. Im Aufwärtstrend wandert die Stopp-Schwelle mit jedem neuen Hoch mit.

Teilverkauf



Gewinnmitnahmen haben noch niemanden arm gemacht. Es muss ja nicht gleich das gesamte Depot leer geräumt werden. Anleger sollten jede Position im Depot genau prüfen. Verspricht der Titel noch eine Rendite, zum Beispiel weil er zuverlässig Dividende zahlt? Der Teilverkauf als Risikobegrenzung kommt dem klassischen Value-Investing am nächsten. Dabei werden Aktien verkauft, wenn sie bestimmte Kursziele erreicht haben.

Gewinn reinvestieren



Einen Schritt weiter geht die Methode der sogenannten "Cash-Extraction". Die funktioniert so: Eine Aktienposition wird teilweise oder vollständig verkauft. Vom vereinnahmten Gewinn wird ein Teil in einen Call auf diese Aktie reinvestiert. Angenommen, es wurde in die Adidas-Aktie investiert, als diese im Frühjahr 2016 den Widerstand bei 100 Euro knackte: Dem Kaufpreis für 100 Adidas-Papiere steht heute ein Gegenwert von 17 000 Euro gegenüber. Bei der Cash-Extraction wird die Position verkauft und der Buchgewinn von 7000 Euro vereinnahmt. Die Adidas-Aktie gilt weiter als aussichtsreich mit Kursziel 200 Euro. Über den Call wird das Potenzial gehebelt. Der Vorteil dabei ist der geringere Kapitaleinsatz. Um ein Aktienpaket von 100 Adidas-Aktien abzubilden, sind in unserem Beispiel 2000 Call-Optionsscheine notwendig. Der Call (HW3 0AJ) notiert am Geld, das bedeutet, der Basiswert liegt nahe am Kurs der Aktie. Die Laufzeit geht bis Juni 2018. Der Einsatz beträgt für 2000 Scheine rund 3360 Euro. Steigt die Adidas-Aktie bis Sommer 2018 auf 200 Euro, legt der Wert des Calls um 90 Prozent zu. Dem Einsatz von 3360 Euro steht ein Verkaufserlös von 6400 Euro gegenüber. Der Gewinn von 3000 Euro entspricht dem, was man erzielt hätte, wenn man die Aktien behalten hätte. Für die Chance müssen Anleger das Risiko in Kauf nehmen, den eingesetzten Betrag zu verlieren, sollte die Adidas-Aktie nicht in die gewünschte Richtung laufen. Der Schmerz darüber sollte sich allerdings in Grenzen halten, da ja nur ein Teil des ursprünglichen Gewinns reinvestiert wurde.

Vollkasko fürs Depot



Depotbestände lassen sich individuell über Put-Optionsscheine absichern. Mit diesen Derivaten setzt man auf fallende Kurse. Was sie für eine Absicherung qualifiziert: ein kleiner Einsatz und ein enormer Hebel. Die Anschaffungskosten sind vergleichbar mit denen einer Versicherungsprämie. Tritt der Versicherungsfall nicht ein, hat man die Prämie umsonst bezahlt. Kommt es am Markt zum Rückschlag, gleichen die Put-Optionsscheine im Idealfall den Aktienverlust aus.

Entscheidend ist die Auswahl des Basiswerts. Anleger, die überwiegend deutsche Werte im Depot haben, sollten den DAX als Basiswert wählen. Kommt es zu Verwerfungen, reagiert der Bluechip-Index mit kräftigen Bewegungen.

Um die notwendige Anzahl der Puts auf den DAX zu ermitteln, wird der Wert des Depots durch den Indexstand dividiert. Bei einem Depotwert von 10 000 Euro und einem DAX-Stand von aktuell 12 800 Punkten ergibt die Division 0,78 multipliziert mit dem Bezugsverhältnis eine Anzahl von 78 Put-Scheinen. Ausgewählt wird ein Put mit Basispreis nahe am aktuellen DAX-Kurs und einer Laufzeit bis Ende des Jahres. Der Put (DGR 9UH) kostet zurzeit 5,92 Euro, eine Investition von 461 Euro würde das Depot gegen einen Kursrutsch abfedern.

Neben den klassischen Put-Optionsscheinen können Anleger die Absicherung auch über Knock-out-Puts gestalten. Zu den Vorteilen hier zählt deren Preistransparenz. Jeder Anleger kann sich den Wert ausrechnen: Basispreis minus aktuellem Kurs des Basiswerts dividiert durch das Bezugsverhältnis. Kleine Abweichungen sind die geringen Aufgelder und die Spreads, also die Differenz zwischen An- und Verkaufskurs. Volatilitäten oder aufwendige Berechnungen von Kennzahlen wie Omega oder Ähnlichem gibt es bei Knock-out-Scheinen nicht. Was einen Knock-out-Put ausmacht, ist der Basispreis, die Knock-out-Schwelle, das Bezugsverhältnis und der Hebel. Dadurch, dass der Käufer im Vergleich zum Direktinvestment in den DAX nur einen Bruchteil investiert, entsteht die Hebelwirkung.

Sinkt der Basiswert um ein Prozent, steigt der Kurs des Hebelpapiers um ein Prozent. Der Basispreis liegt beim Put über dem aktuellen Kurs des Basiswerts. Es gibt diese Wertpapiere mit einer festen und einer unbegrenzten Laufzeit. Bei endlos laufenden Scheinen wird der Basispreis in kleinen Schritten angepasst. Die Laufzeit endet immer vorzeitig, falls die K.-o.-Schwelle berührt wird. Das größte Risiko ist der komplette Verlust des eingesetzten Kapitals. Aber man hat die Rally mitgemacht, und die Kursgewinne bieten sicherlich Trost für die verlorene Versicherungsprämie.