Der Sportartikelhersteller Adidas streicht seine Gewinnprognose radikal auf 500 Millionen Euro zusammen, die Konsumschwäche in China und hohe Lagerbestände belasten. Ein Turnaround der Aktie ist dennoch drin. Von Stephan Bauer

Diese Zahlen sind alarmierend: Gerade einmal 500 Millionen Euro Gewinn will der Sportartikelkonzern Adidas nach der soeben eingedampften neuen Prognose im laufenden Jahr erzielen. Zuvor hatte Vorstandschef Kasper Rorsted noch 1,3 Milliarden Euro angepeilt. Die ursprüngliche Vorhersage der Franken lag sogar bei 1,8 Milliarden Euro aus fortgeführten Geschäften. Beim Umsatz rechnet der DAX-Konzern für das Geschäftsjahr mit einem Zuwachs von lediglich um fünf Prozent, zuvor waren die Herzogenauracher von einem Umsatzplus im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich ausgegangen.

Der Adidas-Schock

Kurz vor dem geplanten Ende der Amtszeit von Rorsted, der das Unternehmen im kommenden Jahr verlassen wird, kommt es damit knüppeldick für Aktionäre – und das trotz der unmittelbar bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Gewöhnlich beflügelt ein solches Großereignis die Verkäufe der Produkte mit den drei Streifen. Die Aktie verlor nach der Hiobsbotschaft in der Spitze beinahe zehn Prozent und belastete damit auch den DAX. Seit Jahresbeginn hat das Papier bereits rund 60 Prozent verloren. Nur Zalando steht im Leitindex mit einem Minus von 68 Prozent noch schlechter da.

Das alles wirkt, als stapelten sich in Herzogenaurach inzwischen die Probleme. Das Geschäft des hinter US-Wettbewerber Nike zweitgrößten Sportartikelkonzerns der Welt gerät zusehends aus dem Tritt. Der Rückzug aus Russland, der den Konzern mit einigen hundert Millionen Euro an Einmalkosten trifft, die sich im laufenden Jahr auf insgesamt 500 Millionen Euro addieren, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Im wichtigen Absatzmarkt China läuft es auch wegen der rigiden Null-Covid-Politik und den damit verbundenen Lockdowns alles andere als rund. Im dritten Quartal schrumpfte der Umsatz hier laut vorläufiger Ergebnismeldung „im starken zweistelligen“ Prozentbereich. Adidas spricht von „nachlassendem Kundenaufkommen“ – eine deutliche Warnung, dass es im bislang größten Wachstumsmarkt nicht mehr rund läuft.

Die Zahlen des Sportartikelherstellers

Zwar wuchs der Umsatz in den anderen Märkten von Juli bis September prozentual zweistellig. Insgesamt aber stiegen die Lagerbestände zum Ende September um 63 Prozent zum Vorjahr an. Adidas selbst rechnet nun damit, verstärkt zu Rabattaktionen greifen zu müssen, um die Vorräte abzubauen. Das drückt allerdings die Margen – auch deshalb die dramatische Gewinnwarnung.

Mit 500 Millionen Euro liegt die Konzerngewinnprognose deutlich unter den knapp 1,3 Milliarden, die der Konsens der Analysten dem Unternehmen noch bis vor Kurzem zugetraut hat. Insofern ist es leicht nachzuvollziehen, dass der Kurs stark unter Druck steht. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Im kommenden Jahr sollen laut Unternehmen die Einmalbelastungen von einer halben Milliarden Euro wegfallen. Zusätzlich wird demnach ein von Rorsted initiiertes Sparprogramm 2023 eine weitere halbe Milliarde an Kosten wegschmelzen. Das zumindest spricht für einen Turnaround bei der Gewinnentwicklung, trotz der Rezessionsgefahren und der flauen Konsumstimmung.

Einschätzung zur Adidas-Aktie

Nicht ausgeschlossen, dass auch die Adidas-Aktie ihre Talfahrt in absehbarer Zeit beenden könnte. Schließlich hat das Papier seit dem Allzeithoch im Januar bei 320 Euro schon mehr als zwei Drittel an Wert eingebüßt. Die Kursziele der Analysten, die im Schnitt bei 159 Euro liegen, signalisieren jedenfalls hohes Aufwärtspotenzial. Allerdings müssen die Herzogenauracher noch die offene Frage der Rorsted-Nachfolge für die Finanzmärkte zufriedenstellend beantworten. Spätestens wenn das geschieht, könnte auch die Aktie drehen.

Adidas (WKN: A1EWWW)