Am Montag hatte die GDL nach Geheimverhandlungen einen Tarifvertragsentwurf der Deutschen Bahn abgelehnt und dem Staatskonzern ein Diktat vorgeworfen. Bahn-Personalchef Ulrich Weber hatte dies unverantwortlich genannt, da der Entwurf zuvor mit der GDL gemeinsam entwickelt worden sei. Die GDL sei kein verlässlicher Verhandlungspartner.

Die Gewerkschaft hat zudem einen neuen Streik angekündigt, der der längste in der Geschichte der Deutschen Bahn zu werden droht. Den Zeitpunkt ließ die GDL noch offen und erklärte lediglich, man werde rechtzeitig darüber informieren. Der vergangene Ausstand vor rund zwei Wochen hatte im Güter- und Personenverkehr 60 Stunden gedauert. Taktik der GDL ist es, Dauer und Wirkung der Streiks Zug um Zug zu erhöhen.

Auf Seite 2: BEAMTENBUND: BAHN WILL UNTERWERFUNG VON GDL



BEAMTENBUND: BAHN WILL UNTERWERFUNG VON GDL

Der Deutsche Beamtenbund (DBB) signalisierte seiner Mitgliedsgewerkschaft GDL Rückendeckung: Angesichts dessen, was die Bahn als Tarifvertrag vorgeschlagen habe, sei die fehlende Unterschrift nachvollziehbar, sagte der DBB-Vorsitzende Klaus Dauderstädt der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Bahn fordere faktisch eine Art Unterwerfungserklärung. Daher sehe er keinen Grund "weshalb wir als Dachverband die in der Satzung vorgesehene finanzielle Streikunterstützung für die GDL infrage stellen sollten".

Der Deutsche Gewerkschaftsverbund (DGB), bei dem die Konkurrenz-Bahngewerkschaft EVG organisiert ist, warf GDL-Chef Claus Weselsky eine Spaltung der Arbeitnehmerschaft vor. EVG und GDL sollten wieder eine Tarifgemeinschaft bilden, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann in der ARD. "Das hat Herr Weselsky leider zu meinem Entsetzen abgelehnt."

Die GDL verlangt fünf Prozent mehr Lohn im Jahr bei kürzeren Arbeitszeiten. Kern des Konflikts ist aber, dass sie dies nicht mehr allein für die 20.000 Lokführer fordert, sondern auch für rund 17.000 Zugbegleiter und Rangierführer. Die Vertretung dieser Gruppe beansprucht die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für sich. Sie will nun auch die bei ihr organisierten Lokführer in ihren Tarifvertrag einbinden. Das sei im Sinne einer solidarischen Tarifpolitik, sagte EVG-Chef Alexander Kirchner. Konkurrierende Gehaltsabschlüsse lehnt die Bahn jedoch ab.

Um Machtkämpfe zwischen Gewerkschaften um dieselbe Arbeitnehmergruppe einzudämmen, bereitet die Bundesregierung ein Gesetz zur Tarifeinheit vor. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) gab den Gesetzentwurf am Dienstag in einer leicht verschärften Form in die Ressortabstimmung. Am 3. Dezember soll das Kabinett den Entwurf verabschieden. "Das nimmt jetzt klare Züge an", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag auf dem Deutschen Arbeitgebertag in Berlin. Neu eingefügt wurde in dem Reuters vorliegenden Entwurf ein Absatz, in dem ausdrücklich auf die Befriedungsfunktion eines Tarifvertrages hingewiesen wird. Dies könnte eine Rolle spielen, wenn Gerichte darüber zu entscheiden haben, ob der Aufruf einer Minderheitsgewerkschaft zum Arbeitskampf verhältnismäßig ist, wenn es bereits einen Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft im selben Betrieb gibt.

Reuters