Die Lokführer-Gewerkschaft GDL sieht sich durch den Gerichtsentscheid gestärkt. "Die GDL ist im Recht, die GDL ist auf dem Weg, ihre Grundrechte durchzusetzen. Sie werden von vielen Seiten angegriffen und von vielen infrage gestellt", sagte GDL-Chef Claus Weselsky nach der Urteilsverkündung vor Journalisten. Ob die Lokführer - wie von ihrer Gewerkschaft geplant - bis Montagmorgen durchstreiken können, ist aber noch unklar. Die Bahn werde Berufung gegen den Spruch des Arbeitsgerichts einlegen, sagte Konzernanwalt Thomas Ubber. Die Verhandlung vor der nächsthöheren Instanz dürfte einer Gerichtssprecherin zufolge voraussichtlich an diesem Freitag um 10.30 Uhr (MEZ) beginnen.

Die GDL hatte am Mittwochnachmittag mit Streiks im Güterverkehr begonnen. Seit Donnerstagmorgen ist auch der Personenverkehr betroffen. Aufgrund eines Notfahrplans fuhren der Bahn zufolge dennoch etwa ein Drittel der Züge.

Kern des Konflikts ist, dass Weselsky nicht mehr allein für die 20.000 Lokführer verhandeln will, sondern auch für rund 17.000 Zugbegleiter und Rangierführer. Die Vertretung dieser Gruppe beansprucht aber die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für sich. Die Bahn wiederum lehnt konkurrierende Gehaltsabschlüsse ab.

EVG-Chef Alexander Kirchner äußerte sich kritisch zu dem Streik. Letztlich seien die Kollegen die Leidtragenden und müssten den Unmut der banhreisenden ertragen, sagte Kirchner der "Nordwest-Zeitung". Die EVG strebe im Gegensatz zur GDL Verhandlungen mit der Bahn an, ohne größeres Aufsehen zu erregen.

ANWALT: HOHER SCHADEN DURCH STREIK

Da auch Schlichtungsangebote an die GDL-Führung nicht die Wende brachten, hatte die Bahn am Donnerstagmorgen im Eilverfahren gegen den Ausstand geklagt. Solche Anträge auf einstweilige Verfügung sind bei Streiks in der Transportbranche üblich. Piloten und Fluglotsen etwa mussten ihre Streikaufrufe in den vorigen Jahren vor Gericht verteidigen. Die Fälle müssen schnell verhandelt werden, da den Unternehmen durch jeden Passagier, der nicht transportiert wird, Umsatz verloren geht. Bei der Bahn belaufe sich der Schaden durch den GDL-Streik auf 100 Millionen Euro, sagte Ubber.

CHAOS BLEIBT AUS - REISENDE VORBEREITET

Ein Chaos auf den Bahnhöfen blieb trotz des bundesweiten Streiks aus. Der Verkehr laufe auf diesem Niveau stabil, erklärte das Unternehmen. Die Reisenden hätten sich offenbar auf die Streiks eingestellt, auf den Bahnhöfen seien deutlich weniger Menschen als sonst. Fernbusse und Mietwagenfirmen meldeten den erwarteten Ansturm auf ihre Angebote.

Unionsfraktionsvize Michael Fuchs forderte von der Regierungskoalition unterdessen weitere gesetzliche Regelungen, um künftig Streiks von Spartengewerkschaften einzudämmen. "Mir fehlt bisher der Glaube, dass das Gesetz zur Tarifeinheit künftige Streiks von Spartengewerkschaften wie den GDL-Streik wirklich verhindern kann", sagte der CDU-Politiker der Zeitung "Rheinische Post". Nötig seien "striktere Regeln, wenn durch Streiks die öffentliche Daseinsvorsorge erheblich beeinträchtigt wird". rtr