Damit startet der Prozess nun vor der selben Jury in die zweite Phase, in der es um die Frage der Verantwortlichkeit des Konzerns und eventuelle Schadenersatzansprüche geht. Bayer drohen hohe Kosten. In den USA sieht sich der Konzern bereits mit mehr als 11.200 Klägern wegen Glyphosat konfrontiert. Zum zweiten Mal hat nun eine Jury das Herbizid als mitverantwortlich für die Krebserkrankung des Klägers gesehen - die Prozesswelle gegen das Unternehmen dürfte dadurch weiter an Fahrt gewinnen.

An der Börse sorgten die Nachrichten am Mittwoch für große Verunsicherung. Bayer-Aktien fielen um bis zu zwölf Prozent und steuerten auf den größten Tagesverlust seit 16 Jahren zu. Damit schrumpfte der Börsenwert des Leverkusener Konzerns um etwa 7,5 Milliarden Euro. Seit dem ersten Glyphosat-Urteil im August 2018 büßte Bayer knapp 30 Milliarden Euro ein. Analyst Markus Mayer von Baader Helvea sprach von einem schweren Rückschlag. Damit steige die Wahrscheinlichkeit, dass Bayer diesen Prozess verlieren wird. Mit den Kursverlusten erhöhe sich zudem das Risiko, dass das Unternehmen ein Spielball von aktivistischen Investoren oder sogar ein Übernahmeziel werden könnte.

Insidern zufolge ist der aktivistische US-Hedgefonds Elliott bereits vor längerem bei Bayer eingestiegen, noch liegt der Anteil aber unter der meldepflichtigen Schwelle von drei Prozent. Der Fond von Milliardär Paul Singer ist gefürchtet und hat schon vielen Managern Beine gemacht. Was er bei Bayer im Schilde führt, ist bislang unklar.

BAYER BLEIBT IN VERTEIDIGUNGSSTELLUNG



Das Unternehmen äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung der Jury. Bayer sei "weiterhin fest davon überzeugt, dass die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigen, dass glyphosatbasierte Herbizide keinen Krebs verursachen." Bayer stehe hinter den Roundup-Produkten und werde sie "entschieden verteidigen." Zulassungsbehörden weltweit bewerteten Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung als sicher. Der Konzern sei zuversichtlich, "dass die Beweise in der zweiten Phase des Prozesses zeigen werden, dass Monsantos Verhalten angemessen war und das Unternehmen nicht für die Krebserkrankung von Herrn Hardeman haftbar gemacht werden sollte."

Der Fall des Kaliforniers gilt als sogenannter "Bellwether Trial" - einer von mehreren repräsentativen Fällen, die bei Produkthaftungsklagen in den USA genutzt werden, um etwa die Schadensspanne und Möglichkeiten für einen Vergleich zu bestimmen. Er könnte die Richtung für mehr als 760 weitere bei dem Gericht in San Francisco anhängige Verfahren vorgeben. Als Erfolg für Bayer war zunächst gewertet worden, dass der Richter dem Antrag des Konzerns stattgegeben hatte, das Verfahren in zwei Phasen aufzuteilen. Im zweiten Teil sollen nun die Vorwürfe des Klägers, Monsanto habe versucht, Wissenschaftler, Behörden und die öffentliche Meinung hinsichtlich der Sicherheit seiner Produkte zu beeinflussen, geklärt werden. Hätte sich die Jury in der ersten Phase zugunsten von Bayer ausgesprochen, wäre es nicht zu der zweiten Phase gekommen, an deren Ende der Konzern zu einer hohen Schadenersatzzahlung verurteilt werden könnte.

"DER DRUCK STEIGT"



Im vergangenen August hatte ein kalifornisches Geschworenengericht den Konzern zur Zahlung von 289 Millionen Dollar Schadenersatz an einen an Krebs erkrankten Mann verurteilt. Später wurde die Summe zwar auf 78 Millionen Dollar reduziert, doch Glyphosat wurde immer noch für die Krebserkrankung des Mannes verantwortlich gemacht. Bayer hat dagegen Berufung eingelegt. Fondsmanager Markus Manns von Union Investment warnte davor, zu viel Gewicht auf die einzelnen Geschworenurteile zu legen. "Wichtig wird sein, wie die Berufungsverhandlungen für Bayer ausgehen", sagte er zu Reuters. Über einen Vergleich zu sprechen, wäre noch zu früh. "Der Druck auf Bayer steigt auf jeden Fall." Noch seien die Folgen aber schwer zu beurteilen. Insgesamt sind für dieses Jahr derzeit sieben Verfahren zur Verhandlung angesetzt. Das nächste davon startet vor einem kalifornischen Gericht am 28. März.

Bayer hatte den Glyphosat-Entwickler Monsanto im vergangenen Sommer für 63 Milliarden Dollar übernommen und war damit zum weltgrößten Anbieter von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut aufgestiegen. Vorstandschef Werner Baumann geht davon aus, dass die Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Glyphosat Bayer bis über das Jahr 2021 hinaus beschäftigen werden. Aber auch an anderen Ecken hat der Konzern Baustellen. Baumann hat das größte Sparprogramm der Firmengeschichte aufgelegt, um Bayer schlagkräftiger zu machen. Im November kündigte das Unternehmen den Abbau von rund 12.000 der weltweit gut 118.000 Stellen an. Zudem sollen das Geschäft mit Tier-Medizin sowie Marken im Bereich Sonnenschutz und Fußpflege verkauft werden.

rtr

Was die BÖRSE ONLINE-Facebook Fans von dem Monsanto-Kauf halten:




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