Bislang hatte man die weltweite Rally und den Optimismus zu einem guten Teil dem Bohei um die angekündigten US-Wirtschaftsreformen zu verdanken. Jetzt - und die News kommen erneut aus den USA - ist die Stimmung mit dem dortigen Scheitern der Gesundheitsreform plötzlich pessimistischer.

Zumindest ist das kurzfristig so. Eine Korrektur war an den Märkten ja ohnehin überfällig. Aber ob das ein Grund ist, das Ende der Rally auszurufen? Es sieht eigentlich nicht danach aus. Die Stimmung in der Unternehmenswelt ist nach wie vor positiv. In den USA wie auch in Europa. Ähnliches gilt für die Konsumenten diesseits und jenseits des Atlantiks. Jedoch sind die Erwartungen insgesamt doch recht hoch, vielleicht sogar zu hoch. Und genau das ist das Argument der Pessimisten: Das Potenzial für Enttäuschungen ist wegen der Erwartungshaltung immens. Es scheint daher klar: Nach dem Debakel mit der Gesundheitsreform liegt nun viel am Gelingen einer vernünftigen Steuerreform. Das sollte besser nicht schiefgehen.

Das Ganze sorgt natürlich für Unruhe an den Märkten. Trotzdem wäre es verkehrt, von einem Ende der Aktienrally auszugehen. Natürlich hat der Kursanstieg der zurückliegenden Monate viel mit der Trump-Euphorie um Deregulierung und Steuererleichterungen zu tun. Aber eben nicht nur. Die Konjunktur entwickelt sich nämlich weltweit recht positiv.

In China etwa. Ebenso in Europa - und das trotz Brexit, trotz Unsicherheiten um den Wahlausgang in Frankreich, trotz Querelen um Griechenland. Gut zu sehen ist das immer wieder am wichtigen Einkaufsmanagerindex, der von Monat zu Monat positiv überrascht. In Europa, in Asien, in den USA. Und weil dieser vorlaufende Indikator doch recht zuverlässig ist, wenn es um die Entwicklung der Weltwirtschaft geht, darf man weiterhin auf mittlere Sicht optimistisch bleiben. Dazu passt ja auch, dass sich die Unternehmensgewinne erfreulich entwickeln.

Ein weiterer Aspekt, der für Aktienkäufe spricht, ist der Umstand, dass die globale Zinspolitik ja anhaltend alles andere als restriktiv ist. Zwar hat die US-Notenbank den Leitzins Mitte März um 0,25 Prozentpunkte erhöht, trotzdem wird sich an der grundlegenden, vorsichtigen Geldpolitik nichts ändern. Die Geschwindigkeit der Erhöhungen dürfte nicht gesteigert werden.

Und die EZB, tja, die ist auch weiterhin eher lax unterwegs. Dass die EZB ab April die Käufe von Staatsanleihen von 80 Milliarden Euro auf 60 Milliarden verringert, ändert daran nichts. "EZB-Chef Mario Draghi kauft mehr Staatsschulden auf, als gemacht werden", kommentiert Stratege Robert Halver von der Baader Bank. Draghi werde die Wertpapierkäufe so schnell nicht beenden. Dazu wären grundlegende Reformen in hoch verschuldeten Ländern wie etwa Italien nötig. Diese seien aber derzeit kaum durchzusetzen. Halvers Fazit: "Die EZB muss uns noch lange, lange durchfüttern."

Die aktuelle Korrektur an den Märkten ist daher auch unter geldpolitischen Aspekten nicht besorgniserregend. Im Gegenteil. Schon aus technischer Sicht wäre es gut, wenn die enormen Zugewinne seit November noch besser verdaut werden, sei es durch einen weiteren Rutsch um einige Prozent oder durch eine etwas länger anhaltende Seitwärtsbewegung - auch wenn Letzteres für jeden Börsianer wohl das schlimmste, weil enervierendste Szenario wäre.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com