Special Purpose Acquisition Companies, kurz SPACs, haben weltweit inzwischen einen Anteil von fast 30 Prozent an den Börsengängen (IPO) , bei stark gestiegenem Gesamtvolumen. In den USA entfällt schon fast die Hälfte des IPO-Volumens auf SPACs. Gegenwärtig sind mehr als 150 SPACs mit einem Gesamtmarktwert von mehr als 75 Milliarden US-Dollar auf der Jagd nach neuen Übernahmekandidaten. Besonders attraktiv sind sie deshalb, weil sie die Ertragschancen von Aktien mit dem geringen Risiko von US-Staatsanleihen kombinieren.
Ein SPAC - auch Blankoscheckunternehmen genannt - ist eine Mantelgesellschaft ohne operatives Geschäft, die über einen Börsengang Eigenkapital von Arbitrageuren, also Endinvestoren, aufnimmt und dann versucht, ein nicht börsennotiertes Akquisitionsziel (meist ein gereiftes Start-up) über einen festgelegten Zeitraum zu erwerben. Start-ups können über SPACs direkt an die Börse gehen, anstatt weiteres Wagniskapital aufzunehmen. Das beim Börsengang des SPAC eingesammelte Kapital wird auf ein Treuhandkonto eingezahlt, das streng verwaltet wird. Dieses Kapital darf per Reglement nur in die sichersten Wertpapiere investiert werden - in der Regel in kurz laufende US-Staatsanleihen. Das Geld bleibt bis zum Zustandekommen eines Deals oder der Auflösung des SPAC unangetastet. Gut für sicherheitsbewusste Investoren.
Um das erforderliche Betriebskapital bereitzustellen, zeichnet stattdessen der SPAC-Initiator (Sponsor) selbst Bezugsrechte (Warrants), die ihm nach Abschluss eines Deals den Kauf sogenannter Gründeraktien ermöglichen. Sobald der Börsengang abgeschlossen ist, sucht das SPAC nach einem Zielunternehmen. Wenn ein SPAC einen Unternehmenszusammenschluss nicht innerhalb des festgelegten Zeitrahmens von zwölf bis 24 Monaten abschließt, werden die Gründeraktien ebenso wie die Warrants wertlos. Es besteht also ein immenser finanzieller Druck für einen Sponsor, ein möglichst lukratives Übernahmeziel zu finden. Arbitrageure, die bei einem avisierten Deal nicht mitziehen wollen, haben ein Rückforderungsrecht auf ihr Kapital. Gleiches gilt für den Fall, dass kein Deal zustande kommt und das SPAC innerhalb der Frist kein Zielunternehmen findet.
Bei der SPAC-Arbitrage locken zwei Ertragsquellen: das nicht antastbare Treuhandkapital aus dem Börsengang, das in risikoarmen US-Staatsanleihen investiert ist - im vergangenen Jahr brachten diese Wertpapiere eine Rendite von etwa zwei Prozent (Basisrendite) -, und die Aktienoptionalität.
Zusammen kann die erzielte annualisierte Rendite auch schnell zweistellig sein. Dies hängt damit zusammen, dass die Aktienoptionalität sich auf die Kursgewinne bezieht, die ein SPAC-Arbitrageur zusätzlich zur Basisrendite erzielen kann. Diese treten auf, wenn der Sponsor einen besonders attraktiven Deal für seinen SPAC ankündigt und der Markt darauf sehr positiv reagiert, was den SPAC-Aktienkurs noch vor dem Abschluss des Deals in kurzer Zeit deutlich über den Nettoinventarwert treiben kann. SPAC-Arbitrageure haben hier überdurchschnittliche Ertrags- chancen und - aufgrund des Rückforderungsrechts zum Beispiel bei einem unattraktiven Deal - kein Verlustrisiko.
Doch der neue SPAC-Goldrausch birgt auch Gefahren, weil längst nicht jeder SPAC-Börsengang erfolgreich sein wird. Eine Investition in SPACs ohne akribische Analyse des Verkaufsprospekts und ohne genaue Kenntnis der Sponsoren ist riskant. Auch bei den kürzlich neu aufgelegten SPAC-ETFs ist große Vorsicht geboten, weil die hier angestrebte Mischung von Pre- und Post-Deal- SPACs das Risiko stark erhöht. Prominentes Negativbeispiel eines Börsengangs durch die Hintertür, der die Bedeutung der Due Diligence unterstreicht, ist Wirecard. Wesentlich besser eignen sich für Privatanleger daher aktiv gemanagte Publikumsfonds.
Über Oliver Scharping
Scharping ist Portfoliomanager für alternative Aktienstrategien bei Bantleon, einem institutionellen Asset-Manager mit Standorten in Deutschland und der Schweiz, der 1991 gegründet wurde. Zu den Investoren der Publikums- und Spezialfonds zählen vor allem Banken, Versicherungen, Industrie- unternehmen und Unternehmen der Altersvorsorge sowie auch sicherheitsbewusste Privatanleger.
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