"Die Angst vor einer Rezession wächst", sagte Sophie Lund-Yates, leitende Analystin beim Brokerhaus Hargreaves Landsdown. "Steigende Zinsen in einer Zeit nachlassender wirtschaftlicher Aktivität sorgen für schwierige Umstände."
Kopfschmerzen bereitete Börsianern das erneute Plädoyer des führenden US-Notenbankers James Bullard für eine Zinserhöhung von 0,75 Prozentpunkten im Mai, sagte Portfolio-Managerin Baylee Westfield vom Vermögensverwalter Aviva."Das ist eine gute Erinnerung für den Markt, das dies durchaus möglich ist." Man dürfe allerdings nicht vergessen, dass Bullard als Befürworter einer straffen Geldpolitik bekannt sei.
BOND-RENDITEN UND DOLLAR-INDEX AUF MEHRJAHRESHOCHS
Vor diesem Hintergrund trennten sich weitere Investoren von Staatsanleihen. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen US-Bonds auf ein Dreieinhalb-Jahres-Hoch von 2,909 Prozent. Ihre deutschen Pendants rentierten mit 0,934 Prozent zeitweise so hoch wie zuletzt vor knapp sieben Jahren.
Der Weltleitwährung gaben die Zinserhöhungsspekulationen dagegen Rückenwind. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, stieg um bis zu 0,2 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 101,02 Punkten. Diese Entwicklung spiegele das überdurchschnittliche Wachstum der US-Wirtschaft wider, sagte Anlagestrategin Carol Kong von der Commonwealth Bank of Australia. Vor allem Europa leide unter den Folgen des Ukraine-Kriegs wie den gestiegenen Energiepreisen.
KONJUNKTURAUSSICHTEN TRÜBEN SICH EIN
Unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges hatte die Weltbank ihre Prognose für das weltweite Wirtschaftswachstum 2022 am Montag auf 3,2 Prozent gesenkt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird diesem Beispiel wohl bald folgen. "Das ist voraussichtlich die erste von zahlreichen Kürzungen im weiteren Jahresverlauf", sagte Michael Brown, Manager beim Finanzdienstleister Caxton.
Auch Chinas Wirtschaft zeigt Anzeichen von Schwäche. Allerdings werde die Regierung in Peking wohl mit verstärkten Infrastruktur-Investitionen gegensteuern, prognostizierte Wang Tao, Chef-Volkswirt für China bei der Bank UBS.
ENERGIEWERTE BLEIBEN GEFRAGT - VERSICHERER SCOR IM MINUS
Die anhaltend hohen Energiepreise hievten den Index für die europäische Öl- und Gasbranche zeitweise um 1,4 Prozent auf ein Drei-Jahres-Hoch von 337,94 Punkten. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich am Dienstag zwar um 1,2 Prozent auf 111,82 Dollar je Barrel (159 Liter), sie hatte in den vorangegangenen Tagen aber 15 Prozent zugelegt. Die EU arbeitet nach eigenen Angaben an einem europäischen Embargo für russische Öllieferungen.
Die Aktien von Scor fielen in Paris um fast sieben Prozent. Der Versicherer muss eigenen Angaben zufolge im ersten Quartal voraussichtlich Schadensfälle im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg im Volumen eines hohen zweistelligen Millionen-Euro-Betrags regulieren. Die russische Tochter Scor PO nehme inzwischen kein Neugeschäft mehr an.
rtr