"Dies ist die Folge anhaltend hoher Inflationsraten, der Markterwartung baldiger und kräftiger Zinserhöhungen durch die Federal Reserve und einer weniger expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank", sagte Bond-Experte Oliver Eichmann vom Vermögensverwalter DWS.

Steigende Zinsen sind zwar Gift für Aktien, weil sie die Finanzierungskosten der Unternehmen erhöhen. Der befürchtete Ausverkauf blieb hier aber aus. Ermutigende Firmenbilanzen hielten Dax und EuroStoxx50 jeweils ein knappes Prozent im Plus bei 15.874 beziehungsweise 4296 Punkten.

FED UND BOE STEHEN VOR ZINSWENDE


An der Börse gilt als sicher, dass die US-Notenbank Fed bei ihren Beratungen kommende Woche eine Zinserhöhung für März vorbereiten wird. "Wird sie ihre Wertpapierkäufe abrupt beenden und vielleicht sogar eine Anhebung um einen halben Prozentpunkt signalisieren?", fragte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Er halte dies für unwahrscheinlich.

Bereits Anfang Februar werde die Bank von England (BoE) vor dem Hintergrund der höchsten Inflation seit 30 Jahren den Leitzins erneut anheben, prognostizierte Anlagestratege Ambrose Crofton von der JP Morgan-Vermögensverwaltung. "Die Stärke des Arbeitsmarktes gibt ihr die Zuversicht, die Unterstützung für die Wirtschaft zurückzufahren."

Diese Zinsspekulationen hievten die Renditen der zehnjährigen Bonds aus den USA auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 1,902 Prozent und derjenigen aus Großbritannien auf ein Drei-Jahres-Hoch von 1,3 Prozent.

WAS MACHT DIE EZB?


Parallel dazu markierte das Pfund Sterling mit 1,2025 Euro ein Zwei-Jahres-Hoch zur europäischen Gemeinschaftswährung. Schließlich sei die EZB von einer Zinswende wegen der vergleichsweise schwachen heimischen Konjunktur noch weit entfernt, schrieben die Analysten der Rabobank. Daher werde es für die Bund-Renditen schwierig, sich nachhaltig über der Marke von null Prozent zu etablieren.

Allerdings blieb der Inflationsdruck durch die steigenden Energiepreise hoch. Die Sorte Brent aus der Nordsee legte zeitweise knapp zwei Prozent zu und war mit 89,05 Dollar je Barrel (159 Liter) so teuer wie zuletzt vor mehr als sieben Jahren. Dies hievte den Index für die europäische Öl- und Gasbranche auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 310,01 Punkten. "Das Angebot ist schon seit einiger Zeit knapp, da die Opec+-Staaten ihre Förderquoten nicht erfüllen", sagte Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. Verschärft werde die Situation durch den jüngsten Angriff auf Tanklaster in Abu Dhabi, die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine und den Ausfall einer wichtigen Pipeline vom Irak ans Mittelmeer.

RICHEMONT UND BURBERRY


Für die europäische Wirtschaft stellten die steigenden Bond-Renditen bislang kein Problem dar, sagte Holger Schmieding, Chef-Volkswirt der Berenberg Bank. "Real gerechnet, also nach Abzug der Inflation, bleiben die Finanzierungskosten so günstig, das kaum eine Investition oder kein Hauskauf am etwas weniger gedrückten Zinsniveau scheitern dürfte."

Zusätzlichen Rückenwind erhielten die Aktienbörsen von starken Geschäftszahlen der Luxusgüter-Hersteller Richemont und Burberry. Das Schmuck-Geschäft bleibe der Wachstumstreiber der Cartier-Mutter Richemont, lobte Analystin Jelena Sokolova vom Research-Haus Morningstar. Die Aktie stieg in Zürich um bis zu zehn Prozent auf ein Rekordhoch von 147,60 Franken.

In London verbuchten Burberry mit einem Plus von knapp sieben Prozent den größten Kurssprung seit rund zehn Monaten. Sowohl die vorgelegten Zahlen als auch der angehobene Ausblick lägen über den Erwartungen, so Analyst Flavio Cereda von der Investmentbank Jefferies. Im Windschatten legten die Rivalen LVMH und Kering jeweils mehr als drei Prozent zu.

rtr